Jugendgerichtsgesetz. Herbert Diemer

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Jugendgerichtsgesetz - Herbert Diemer Heidelberger Kommentar

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id="ulink_a064e57b-aadc-5da0-8dc5-cdb8332c94a8">1. Anwendungsbereich und Gegenstand der Regelung

      1

      Jugendstrafe kann gegen Jugendliche und – wenn die Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 gegeben sind – Heranwachsende verhängt werden, und zwar sowohl von Jugendgerichten als auch von den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten (§§ 104 Abs. 1 Nr. 1 und 112).

      2

      § 17 regelt Form und Voraussetzungen der Jugendstrafe. Davon zu unterscheiden ist die Zumessung der Jugendstrafe nach § 18.

      3

      Der Jugendstrafe wegen schädlicher Neigungen kommt in der Praxis eine größere Bedeutung zu als der Jugendstrafe wegen Schwere der Schuld, nicht selten werden beide Voraussetzungen bejaht. Insgesamt zeigt sich für die Verhängung von Jugendstrafe folgendes Bild:

      Quelle: Heinz MSchrKrim 1990, 210 ff.; Statistisches Bundesamt Rechtspflege Fachserie 10, Reihe 3, Strafverfolgung.

Jahr Nach Jugendstrafrecht Verurteilte Jugendstrafe mit Bewährung %-Satz von 1 Jugendstrafe ohne Bewährung %-Satz von 1
1 2 3 4 5
1985 119 126 10 936 9,2 6 736 5,7
1995 76 731 8 875 11,6 5 005 6,5
2000 93 840 11 028 11,8 6 725 7,2
2005 106 655 10 106 9,5 6 535 6,1
2008 116 278 11 990 10,3 7 265 6,3
2012 91 695 8 864 9,7 5 939 6,5
2017 96 293 5 804 6,0 3 881 4,0
II. Form der Jugendstrafe

      4

      Innerhalb der jugendstrafrechtlichen Reaktionsmöglichkeiten ist die Jugendstrafe die härteste freiheitsentziehende Sanktion. Sie ist echte Kriminalstrafe, darf jedoch, wie sich aus § 2 Abs. 1 ergibt, nicht mit der Freiheitsstrafe des allgemeinen Strafrechts gleichgesetzt werden. Die Jugendstrafe unterscheidet sich in der Zielrichtung (§ 18 Abs. 2), ist insoweit selbstständig und vom allgemeinen Strafrecht unabhängig (Nr. 1 und 2 RiJGG zu § 17). Sie schließt aber als Strafe i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 5 StAG anders als Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel die Einbürgerung aus, solange sie nicht getilgt ist (VG Darmstadt Beschl. v. 10.6.2008 – 5 K 753/08 [juris]).

      5

      Negative empirische Befunde und daraus resultierende kriminologische Kritik waren für die Praxis der Anlass, die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Jugendstrafe zu stellen. Wäre der Erziehungsgedanke ein „utopischer Programmsatz realitätsfern gleichsam im luftleeren Raum“, könnte ein Eingriff in die Freiheitsrechte von der Verfassung her nicht gerechtfertigt werden. Die Verhängung von Jugendstrafe als Erziehungsstrafe würde gegen die Menschenwürde verstoßen, wenn „der Jugendstrafvollzug seit eh und je und zugleich ohne konkrete Aussicht auf Verbesserung, also irreparabel, erziehungsfeindlich“ wäre. Eine solche generelle Erziehungsfeindlichkeit hat das OLG Schleswig im Hinblick auf positive Ansätze in einzelnen Jugendstrafanstalten und bei Modellversuchen nicht feststellen können und deswegen die Verfassungsmäßigkeit von § 17 Abs. 2 bejaht (NStZ 1985, 475 m. Anm. Schüler-Springorum und StV 1985, 420 m. Anm. Streng). Die Entscheidung behält auch zukünftig große praktische Bedeutung, weil neuere kriminologische Erklärungsansätze und Ergebnisse der Sanktionsforschung Eingang in die Rechtsprechung gefunden haben (Sonnen JA 1985, 309; vgl. auch Heinz ZJJ 2004, 42: die hohe Rückfallquote bei Jugendstrafe ohne Bewährung von 77,8 % betreffend). Zum Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage für den Jugendstrafvollzug, der bisherigen verfassungswidrigen Praxis (so auch Butz 2004) und dessen zukünftige Anforderungen an die Gestaltung: BVerfGE 116, 69 ff. Vgl. die anschließende JStVollzG der Länder in Teil II. Rückfallquote nach einem 6-jährigen Beobachtungszeitraum 80 % = Jehle/Albrecht/Hohmann-Fricke/Tetal 2013, S. 159: Mehrzahl der Rückfälle in den ersten vier Quartalen.

III. Voraussetzungen der Verhängung

      6

      Die Voraussetzungen der Verhängung von Jugendstrafe sind reformbedürftig, eine isolierte Reform ist aber aktuell nicht vorgesehen (BT-Drucks. 16/13142, S. 65). Nach einem Beschluss der Justizministerkonferenz vom Juni 2014 sollen wegen der in die Zeit des Nationalsozialismus zurückreichenden Entstehungsgeschichte die Tatbestandsvoraussetzungen der schädlichen Neigungen neu gefasst werden. Auch ohne unmittelbare Gesetzesänderung ergeben sich aus dem 1. JGGÄndG mittelbar erhebliche Konsequenzen für die Rechtsanwendungspraxis.

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