Jugendgerichtsgesetz. Herbert Diemer

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Jugendgerichtsgesetz - Herbert Diemer Heidelberger Kommentar

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      Das Einverständnis des sechzehnjährigen Jugendlichen mit der Maßnahme nach § 10 Abs. 2 S. 1 ist nicht zwingend, aber grundsätzlich erforderlich (§ 10 Abs. 2 S. 2). Nur in begründeten Ausnahmefällen darf hiervon abgewichen werden. Wird eine Erziehungsmaßregel nach § 10 Abs. 2 S. 1 gegen einen sechzehnjährigen Jugendlichen ohne dessen Einverständnis oder wenigstens nachträgliche Zustimmung angeordnet und ohne dass Tatsachen vorliegen, die ein Abweichen von dem Mitwirkungserfordernis des § 10 Abs. 2 S. 2 begründen können, ist die Rechtsfolge bei Anfechtung aufzuheben.

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      Das Einverständnis kann nicht erzwungen werden. Der Verurteilte kann auch nur so lange der Heilbehandlung unterzogen werden, solange er damit einverstanden ist (Schönke/Schröder-Kinzig § 56c Rn. 23, 24, 26 m.N. der Rspr. zum Erwachsenenstrafrecht). Das Einverständnis ist grundsätzlich deshalb erforderlich, weil solche Weisungen, die inhaltlich Maßnahmen nach den §§ 63, 64 StGB nahekommen, besonders schwer in das Leben des Täters eingreifen. Nach der auf die hier erläuterte Vorschrift übertragbaren Rechtsprechung des BGH zu § 56c Abs. 3 StGB (BGHSt 36, 97 ff., 99 f. = Beschluss v. 1.2.1989 – StB 48/88) muss die Einwilligung bei Erteilung der Weisung vorliegen (Schönke/Schröder-Kinzig § 56c Rn. 24). Sie ist bis zu diesem Zeitpunkt frei widerruflich. Auch danach ist ihr Widerruf aber erheblich. Selbst wenn die Weisung dadurch nicht unrechtmäßig wird (BGH a.a.O.; OLG Celle MDR 1987, 956; OLG Karlsruhe MDR 1982, 341), kann sie doch nicht zwangsweise durchgesetzt werden. Ein Verurteilter darf aus rechtsstaatlichen Gründen einer Heilbehandlung oder Entziehungskur sowie einem Heim- oder Anstaltsaufenthalt im Wege der Weisung nur solange unterworfen werden, wie er damit einverstanden ist (BGH a.a.O.). Eine zwangsweise Unterbringung ist lediglich im Rahmen der §§ 63, 64 StGB möglich. Macht der Verurteilte von der ihm zustehenden Willensentschließung Gebrauch, nimmt er also die Einwilligung zurück und verlässt er das Heim oder die Anstalt, so kann ihm dies nicht ohne weiteres als Verstoß gegen die ihm erteilte Weisung zur Last gelegt werden mit der Folge, dass gegen ihn ein Ungehorsamsarrest verhängt wird (in diesem Sinne auch BGH a.a.O.). Da die Weisung selbst aber nicht erzwingbar ist, kommt somit, wenn der Betroffene seine Einwilligung widerruft, nur eine Änderung der Weisung gem. § 11 Abs. 2 in Betracht, denn das Einverständnis kann nicht durch einen Ungehorsamsarrest erzwungen werden. Dass sich der Verurteilte damit durch die Vorgabe seines Einverständnisses und dessen späteren Widerruf u.U. eine für ihn günstige Rechtsfolgenentscheidung „erschleichen“ kann (OLG Karlsruhe MDR 1982, 341 für eine entsprechende Bewährungsweisung mit der Folge des Widerrufs der Strafaussetzung), muss – da nicht ausreichend sicher überprüfbar – hingenommen, kann aber durch § 11 Abs. 2 aufgefangen werden.

VIII. Sonstiges

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      Der Verurteilte ist bei der Anordnung von Weisungen über die Folgen schuldhafter Zuwiderhandlung zu belehren (§ 11 Abs. 3 S. 1). Zu den Folgen schuldhafter Zuwiderhandlung siehe die Erläuterungen zu § 11 Abs. 3.

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      Die Erfüllung der Weisungen wird von den Vertretern der Jugendgerichtshilfe, die vor der Erteilung von Weisungen – auch zu der Person eines in Betracht kommenden Betreuungshelfers – stets zu hören ist (§ 38 Abs. 3 S. 3), überwacht (§ 38 Abs. 2 S. 5). Vertreter der Jugendgerichtshilfe üben auch im Falle der Unterstellung nach § 10 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 Betreuung und Aufsicht aus, sofern der Richter nicht eine andere Person damit beauftragt hat (§ 38 Abs. 2 S. 7). Die Überwachung durch eine Privatperson außerhalb der Institution der Jugendgerichtshilfe ist im Hinblick auf § 38 unzulässig. Wird eine andere private Person als Betreuungshelfer bestellt, so muss diese, wenn sie nicht durch den Jugendrichter selbst kontrolliert wird, ebenfalls durch die Jugendgerichtshilfe überwacht werden. Bei Soldaten der Bundeswehr ist regelmäßig der Disziplinarvorgesetzte zu hören (§ 112d).

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      Die Weisungen sind in dem Urteilstenor so bestimmt zu formulieren, dass sie sowohl dem Verurteilten als auch der Jugendgerichtshilfe oder den anderen mit der Durchführung und Überwachung betrauten Personen verständlich und Missverständnisse über ihren Inhalt und ihre Laufzeit ausgeschlossen sind. Auch soll die Möglichkeit einer nachträglichen Veränderung der Weisung gem. § 11 Abs. 2 zum Ausdruck kommen. Es empfiehlt sich, nach dem Schuldspruch folgendermaßen zu tenorieren: „Dem Angeklagten werden daher zunächst folgende Weisungen erteilt: 1)…“. Dem Betroffenen bei mehreren Weisungen eine schriftliche Auflistung auszuhändigen, ist zweckmäßig.

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      Der Betroffene ist in der Hauptverhandlung entsprechend § 265a StPO zumindest dann zu befragen, wenn eine Weisung nach § 10 Abs. 2 in Betracht kommt (§ 2; § 265a S. 2 StPO). Wegen der meist einschneidenden Wirkung der Maßnahmen nach § 10 Abs. 2 empfiehlt es sich, dass der Vorsitzende den Angeklagten auf die Bedeutung seiner Einwilligung besonders hinweist. Ein Rechtsbehelf wegen der Unterlassung der Befragung kommt freilich nicht in Betracht.

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      Zur Zurückstellung der Strafvollstreckung bei Verurteilung nach dem BtMG siehe §§ 35–37 BtMG, die gemäß § 38 BtMG auf Jugendliche und Heranwachsende sinngemäß anzuwenden sind (vgl. hierzu die einschlägige Kommentarliteratur zum BtMG).

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      Hinsichtlich von mit der Weisung verbundenen Kosten vgl. Nr. 6 RiJGG zu § 10. Die bei der Durchführung von Weisungen entstehenden Kosten und Auslagen gehören nicht zu denjenigen des § 74 (§ 74

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