Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren. Steffen Stern

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Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren - Steffen Stern Praxis der Strafverteidigung

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– 3 StR 453/08, NStZ 2009, 284 [285] = StV 2009, 231; OLG Braunschweig Beschl. v. 24.06.2009 – Ws 86/09; Nichteröffnungsbeschluss.

       [20]

      Vgl. Stern, StraFo 2/1992, S. 58.

      Teil 1 Einführung › D. Befähigung zur Verteidigung in Kapitalstrafsachen

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      Unprofessionelle Betreuung wirkt sich extrem verheerend im Anfangsstadium des Verfahrens aus, in dem der Tatverdächtige besonders schutzbedürftig ist. Die unbedarfte Empfehlung, den Verhörspezialisten der MoKo oder dem vom Staatsanwalt beauftragten Psycho-Gutachter in der Exploration vorbehaltlos Rede und Antwort zu stehen, ist womöglich eine der Todsünden, die im Einzelfall später kaum mehr wieder gutzumachen sind. Aber auch in der Hauptverhandlung zu verzeichnende Versäumnisse und Fehleinschätzungen des Verteidigers, die zuweilen mit großer Rat- und Konzeptionslosigkeit einhergehen, bleiben nicht folgenlos. Vielleicht erst der in letzter Not konsultierte Revisionsspezialist oder noch später der Wiederaufnahmeexperte erkennen beim Aktenstudium, dass schwere Verteidigungsmängel zu einer vermeidbar harten Bestrafung, wenn nicht sogar zur Verurteilung eines womöglich Unschuldigen beigesteuert haben.

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      Anwälte, die nie einen Schwurgerichtssaal von innen erblickt haben, übersehen leicht die mit der Mandatsübernahme verknüpfte besondere Verantwortung und Belastung:

Überdurchschnittlicher administrativer Aufwand.
Große zeitliche Opfer durch Betreuung des inhaftierten Mandanten und seiner Angehörigen.
Intensives Studium voluminöser Akten und Sichtung von Fachliteratur.
Notwendigkeit eigener zeitraubender Ermittlungsbemühungen.
Beträchtliche Anzahl und Dauer von Hauptverhandlungsterminen.
Hohe emotionale Belastung (Fotos, Tatschilderung, Leid der Hinterbliebenen).
Persönliche Anfeindungen seitens der Nebenkläger.
Medienrummel u.U. mit Verteidigerschelte.
Vergütungsdefizite.
Verheerende Folgen bei Fehlbeurteilungen und -entscheidungen.

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      Durchweg steht in Mord- und Totschlagsfällen nur eine einzige Tatsacheninstanz zur Verfügung. Die Verteidigung muss also stets auch mit Blick auf eine Revision zum BGH geführt werden. Ob die Verletzung von Verfahrensvorschriften später mit Erfolg gerügt werden kann, hängt vielfach davon ab, ob der Verteidiger den Vorgaben des BGH folgend schon in der Hauptverhandlung das vermeintlich fehlerhafte Vorgehen des Gerichts formell beanstandet und da, wo es erforderlich ist, „wirksam“ widersprochen hat. Das erfordert mitunter neben soliden Rechtskenntnissen auch Geistesgegenwart. Traurig aber wahr: Der Verteidiger kann noch in der Hauptverhandlung zum Schaden des Angeklagten Verfahrensrügen durch unzureichende Sachkunde oder Schlafmützigkeit ein für alle Mal verwirken, wenn er da, wo es geboten wäre, verspätet oder gar nicht interveniert. Die Verantwortung des Strafverteidigers ist in den letzten Jahren stetig gewachsen; das künftige Schicksal des Angeklagten liegt zunehmend in dessen Hand. Der Angeklagte ist mehr denn je von den Fähigkeiten seines Verteidigers abhängig. Oder anders gewendet, ist der Angeklagte vor allem in Schwurgerichtsverfahren mit den denkbar härtesten Sanktionsmöglichkeiten durch Wissens- oder Erfahrungsdefizite seines Verteidigers unmittelbar und existenziell bedroht.

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