Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren. Steffen Stern

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Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren - Steffen Stern Praxis der Strafverteidigung

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obwohl er weiß (bewusste Fahrlässigkeit) oder erkennen kann (unbewusste Fahrlässigkeit), dass ihm die dafür erforderlichen Kenntnisse fehlen[6].

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      Eine kritische Selbsteinschätzung des Anwalts ist nicht erst in seltenen Extremfällen mit vielen Toten und Verletzten gefordert. Die Wahrscheinlichkeit, als Anwalt mit der Pflichtverteidigung eines eiskalten Serienmörders, eines verblendeten Selbstmordattentäters, eines blindwütigen Amokläufers oder eines mehrfach mordverdächtigen Links- oder Rechtsterroristen betraut zu werden, ist ohnehin nahezu Null. Aber schon in ganz „normalen“ Mordfällen, die nicht unbedingt ein Höchstmaß an professioneller Distanz und Abgeklärtheit beanspruchen, sollte der erstmalig in einer Kapitalstrafsache beauftragte Verteidiger gewissenhaft prüfen, ob er sich den fachlichen Anforderungen und emotionalen Belastungen, die das Mandat mit sich bringt, in jeder Hinsicht gewachsen fühlt, wie umgekehrt auch ein Gericht bei der Auswahl des Pflichtverteidigers in Mord- und Totschlagsfällen über begründete Zweifel hinsichtlich der Qualifikation und praktischen Erfahrung eines Anwalts nicht einfach hinwegsehen sollte.

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      Da die auf § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO gestützte Beiordnung des Verteidigers u.U. auch über die Haftentlassung des Tatverdächtigen hinaus fortgilt (§ 140 Abs. 3 StPO), sollten in Kapitalstrafsachen nach Möglichkeit in erster Linie zur Übernahme von Pflichtmandaten bereite Fachanwälte für Strafrecht als Pflichtverteidiger herangezogen werden. Man kann deshalb nur an die Richterschaft appellieren, in Mord- und Totschlagsverfahren möglichst keinen Gelegenheitsverteidiger beizuordnen, der unter Umständen mehr auf seinen eigenen Ruf bedacht sein muss als auf eine streng an den Interessen eines Beschuldigten orientierte Verteidigung seines Schutzbefohlenen. Neben einem fundierten Fortbildungsangebot und der Fachanwaltsqualifikation ist „Einsteigern mit Schwurgerichtsambitionen“ auf lange Sicht mehr Möglichkeit zu bieten, praktische Schwurgerichtserfahrungen an der Seite eines gestandenen Fachanwalts zu erwerben. Die finanziellen und organisatorischen Voraussetzungen hierfür wären freilich erst noch zu schaffen. Schwurgerichtsvorsitzende könnten den Anfang machen und mehr Großzügigkeit walten lassen, wenn in einem nicht ganz einfach gelagerten Mordverfahren die Bitte geäußert wird, einen zweiten, vom Beschuldigten benannten Assistenzverteidiger beizuordnen.

      Anmerkungen

       [1]

      Hierzu Kleine-Cosack, NJW 1997, 1257.

       [2]

      PKS 2010, S. 144 (T98).

       [3]

      StrVerfStat 2010, 2010 (Fn. 23), S. 32/34.

       [4]

      StrVerfStat 2010, 2010 (Fn. 23), S. 64/65.

       [5]

      Backes, Empirische Studie zur Dauer von Umfangstrafsachen – Schwurgerichtsverfahren

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