Verteidigung in Vollstreckung und Vollzug. Bernd Volckart
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Teil 1 Vollstreckung I Verteidigung und Rechtsbehelfe › II › 3. §§ 23 ff. EGGVG, 21 StVollstrO
3. §§ 23 ff. EGGVG, 21 StVollstrO
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Auch wenn die StPO keinen expliziten Rechtsbehelf vorsieht, sind Vollstreckungsmaßnahmen auf Grund der Kontrollgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG der gerichtlichen Kontrolle zugänglich, und zwar auf dem – beschwerlichen – Rechtsweg für Justizverwaltungsakte nach § 23 EGGVG vor dem OLG. Er ist ausgeschlossen, soweit § 458 StPO die gerichtliche Entscheidung zulässt.[13] Relevant ist dieser Rechtsweg insb. bei der Ablehnung der Zurückstellung von der Strafvollstreckung gem. § 35 BtMG.[14]
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Hat der Rechtspfleger die Maßnahme erlassen, so ist nach § 31 Abs. 6 RPflG die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen; vorher ist eine Art Widerspruchsverfahren gem. § 24 EGGVG vorgeschaltet: Nach h.M. ist zunächst „Beschwerde“ nach § 21 StVollstrO einzulegen.[15] Wo die Beschwerde eingelegt werden muss, ist nicht geregelt. Es empfiehlt sich, sie bei der Vollstreckungsbehörde einzulegen.[16] Über die (nicht befristete) Beschwerde entscheidet die Aufsichtsbehörde, regelmäßig also der GenStA als „erster Beamter der Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht“ (§ 147 Nr. 3 GVG).
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Nach ablehnendem Beschwerdebescheid ist binnen eines Monats nach dessen Zustellung (§ 26 Abs. 1 EGGVG) der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegeben. Er ist einer Klage beim Verwaltungsgericht vergleichbar und beim Strafsenat des OLG einzureichen. Die Nachprüfung von Ermessensentscheidungen ist nach § 28 Abs. 3 EGGVG auf Willkür oder Fehlgebrauch des Ermessens beschränkt. Im Übrigen muss hier auf die Kommentierungen der §§ 23 ff. EGGVG verwiesen werden.[17]
Teil 1 Vollstreckung I Verteidigung und Rechtsbehelfe › II › 4. Beschwerde
4. Beschwerde
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Das wichtigste echte Rechtsmittel in Strafvollstreckungssachen, die sofortige Beschwerde i.S.d. § 311 StPO, ist in den Fällen der §§ 453 Abs. 2 S. 1, 454 Abs. 3 S. 1 und 462 Abs. 3 StPO gegeben.[18] Nach § 307 Abs. 1 StPO hat sie grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Hiervon gibt es aber ausdrücklich geregelte Ausnahmen. Die Frage hat erhebliche praktische Bedeutung, wenn das Gericht eine dem Mandanten günstige Entscheidung erlassen hat: In den Fällen der §§ 454 Abs. 3 S. 2 und 462 Abs. 3 S. 2 StPO hat die sofortige Beschwerde der StA aufschiebende Wirkung, also immer wenn es um eine Freilassung geht (was mit Art. 104 Abs. 2 GG nicht ohne Weiteres zu vereinbaren ist).[19] Anordnungen einer Freilassung durch das OLG sind immer sofort auszuführen, weil es gegen sie keine Beschwerde gibt.
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Die meisten Entscheidungen, mit denen eine Aussetzung zur Bewährung näher ausgestaltet wird, unterliegen nur der Kontrolle auf Rechtsfehler, so dass es sich um eine Art Rechtsbeschwerde handelt, ohne dass der Rechtsfehler ausdrücklich gerügt zu werden braucht. Gegen Nachtragsentscheidungen über die Strafaussetzung wird die Beschwerde gem. § 453 Abs. 2 StPO eingeschränkt; das entspricht im Wesentlichen § 305a StPO. Zu beachten ist, dass Unzumutbarkeit einer Auflage oder Weisung immer ein Rechtsfehler ist – Ausführungen hierzu in der Beschwerdebegründung sind dringend zu empfehlen.
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Wo keine besondere gesetzliche Regelung vorliegt, unterliegen die gerichtlichen Entscheidungen des LG und des AG in Strafvollstreckungssachen immer der einfachen Beschwerde nach § 304 StPO.
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Nach § 310 StPO unterliegen der weiteren Beschwerde nur solche auf eine Beschwerde hin ergangene Entscheidungen, die eine Verhaftung oder die einstweilige Unterbringung betreffen. Bei einem Sicherungshaftbefehl sollen diese Voraussetzungen nicht vorliegen, da bereits eine rechtskräftige Schuldfeststellung erfolgt sei.[20] Die Gegenmeinung wendet zu Recht ein, dass auch beim Erlass eines Sicherungshaftbefehls Tatsachen in einem vorläufigen Verfahren zu prüfen sind.[21]
Teil 1 Vollstreckung I Verteidigung und Rechtsbehelfe › II › 5. Verfassungsbeschwerde und Menschenrechtsbeschwerde
5. Verfassungsbeschwerde und Menschenrechtsbeschwerde
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In vielen Fällen hat sich die Verfassungsbeschwerde als praktisch nahe liegendes Korrektiv erwiesen. Der BGH ist von den Strafvollstreckungssachen fast völlig ausgeschlossen, da er sich dazu nur in wenigen Fallkonstellationen äußern kann, etwa im Rahmen einer Revision zur Aussetzung der Vollstreckung nach §§ 56 und 67b StGB und deren Ablehnung, wenn insoweit ein Rechtsfehler vorliegt; richtungsweisende und rechtsvereinheitlichende Wirkung haben solche Entscheidungen kaum gehabt. Divergenzvorlagen gem. § 121 Abs. 2 GVG sind nicht vorgesehen.[22]
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Es gibt nicht nur zahlreiche schwer erträgliche Divergenzen in der Rechtsprechung – in manchen Fragen hat jeder OLG-Strafsenatsbezirk sein eigenes Strafvollstreckungsrecht, hiermit mag man sich noch abfinden. Schlimmer ist, dass einige OLG Spielräume für die Entfaltung einer Haltung sehen, der man nicht einmal den Rang einer kriminalpolitischen Ideologie zusprechen möchte. Die für Strafvollstreckungs- (und Vollzugs-)sachen zuständige 2. Kammer des 2. Senats des BVerfG hat in den letzten Jahren zahlreiche OLG-Fehlentscheidungen in Straf- und Maßregelvollstreckungssachen aufgehoben: Sie hat sich der Aufgabe gestellt, die verbreitete Grundrechtsblindheit der Fachgerichte in der Vollstreckung zu korrigieren. Für die Verteidigung ergibt sich daraus die Notwendigkeit, in geeigneten Fällen Verfassungsbeschwerde einzulegen. Sie ist nach § 90 Abs. 2 BVerfGG nur zulässig, wenn der Rechtsweg erschöpft ist, richtet sich also meistens gegen die eine zulässige sofortige Beschwerde zurückweisende OLG-Entscheidung. Sie ist fristgebunden, nämlich nur binnen eines Monats nach der Bekanntgabe der Entscheidung zulässig. Bei dem Verfahren[23] ist – auch im Hinblick auf das Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung – auf die hohen Erfolgshürden[24], die lange Verfahrensdauer, die Einhaltung von Form und Fristen und manch andere Problematik dieses außerordentlichen Rechtsbehelfs hinzuweisen. Wegen des Zulässigkeitskriteriums der sog. „materiellen Subsidiarität“ empfiehlt es sich, etwaige Verfassungsverstöße bereits vor den Vollstreckungsgerichten geltend zu machen.
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Die Individualbeschwerde zum EGMR gem. Art. 34, 35 EMRK setzt ebenfalls Erschöpfung des Rechtsweges voraus, wozu auch die (erfolglose) Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gehört. Hier kommen insb. Verstöße gegen Art. 5 (ggf. i.V.m. Art.