Verteidigung in Vollstreckung und Vollzug. Bernd Volckart
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Ohne das Recht der Verteidigung auf Einsicht in diese Akten, wenn es auf ihren Inhalt nur irgend ankommen kann, ist ein den rechtsstaatlichen Erfordernissen entsprechendes Vollstreckungs- (oder Vollzugs-)verfahren nicht zu führen. Ein maßgeblicher Teil der tatsächlichen oder vermeintlichen Fakten, die in der Stellungnahme der Anstalt oder in einem Sachverständigengutachten erscheinen oder dort ausgelassen werden, ist ohne Akteneinsicht keinerlei Kontrolle zugänglich. Das Verfahren ist dann in wesentlichen Punkten eine Art Geheimprozess. Es verstößt gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens i.S.d. Art. 6 EMRK, der auch in der Vollstreckung zu beachten ist. Die ganz überwiegende Praxis ist der Auffassung, die Gewährung von Einsicht in die GPA liege im Ermessen der Vollzugsbehörden. Das ist bisher stets von den Gerichten gebilligt worden; allerdings hat man sich in einer Reihe von Fällen der Rechtsfigur des „auf Null geschrumpften“ Ermessens bedient, um grobem Missbrauch entgegenzutreten.[8] Dabei ist die Praxis der Vollzugsbehörden durchaus nicht einförmig: im Verfahren nach § 57a StGB werden die GPA selbstverständlich herausgegeben. Sie sind denn auch für die Beurteilung der Persönlichkeit des Gefangenen eine Fundgrube.[9] Im Verfahren zur nachträglichen Sicherungsverwahrung gem. § 66b StGB ist die Akteneinsicht der vollständigen GPA sowohl für alle Gutachter als auch für das Gericht unabdingbar, weil sich neue Tatsachen nur aus dem Vollzugsverlauf belegen lassen.
Teil 1 Vollstreckung I Verteidigung und Rechtsbehelfe › IV › 5. Krankenakten
5. Krankenakten
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Zum Recht des Untergebrachten[10] auf Einsicht in seine Krankenunterlagen hat das BVerfG[11] klargestellt, das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und die personale Würde des Patienten gewährleiste das Einsichtsrecht des Einzelnen in die ihn betreffenden Daten. Dies gilt besonders für die im Maßregelvollzug Untergebrachten und die in Untersuchungshaft Befindlichen.[12] Akteneinträge im Maßregelvollzug können sich in vielfältiger Weise auf die Unterbringung auswirken; von ihnen hängen die Vollzugsgestaltung und die weitere Vollstreckung wesentlich ab. Es bestehe – so das BVerfG – an der Akteneinsicht im Maßregelvollzug ein besonders starkes verfassungsrechtlich geschütztes Interesse, denn ohne sie könne der Betroffene seine Ansprüche auf Berichtigung und Löschung falscher Information nicht verwirklichen.
Anmerkungen
Da die aktenführende StA bisweilen nicht nur vom Aufenthaltsort des Mandanten sondern auch vom Büro des Verteidigers weit entfernt liegt, ist ggf. „Amtshilfe“ durch einen lokalen Kollegen in Anspruch zu nehmen.
BVerfG v. 6.6.2006 – 2 BvR 1349/05 = BVerfGK 8, 183 = R&P 2007, 42 (Ls.).
Zum Ganzen MüKo-Groß § 68a Rn. 18 ff. m.w.N.; vgl. auch Pollähne BewHi 2011, 326 f.
Vgl. AK-StVollzG-Goerdeler/Weichert § 185 Rn. 15 ff.; BVerfG StV 2003, 408; LG Landau StV 2007, 426; OLG Koblenz v. 20.10.2008 – 2 Ws 448/08 (Vollz); Laubenthal 2011, 605 ff.
OLG München ZfStrVo 2001, 362; OLG Koblenz ZfStrVo 2003, 301.
Zu Details AK-StVollzG-Kamann/Spaniol § 109 Rn. 14 und AK-StVollzG-Goerdeler/Weichert § 180 Rn. 55 ff.; KG StV 2008, 93.
Vgl. den Fall OLG Brandenburg R&P 1997, 37 m. Anm. Volckart.
OLG Hamm NStZ-RR 2002, 256; OLG Dresden NStZ 2000, 392; BVerfG StV 2002, 272; zur Einsichtnahme in den Vollzugsplan: BVerfG StV 2003, 408.
Vgl. den Fall OLG Celle StV 1983, 156, 158.
Zum Anspruch des Strafgefangenen auf Einsicht in die Krankenunterlagen SBJL-Keppler/Nestler § 56 Rn. 10 ff. m.w.N. und OLG Hamm FS 2013, 61.
BVerfG StV 2007, 421 = R&P 2006, 94 m. Anm. Pollähne.
BVerfG a.a.O.; OLG Brandenburg StV 2008, 308; OLG Koblenz v. 20.10.2008 – 2 Ws 448/08.
Teil 2 Vollstreckung II
Mandant ist in Freiheit
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