Handbuch des Aktienrechts. Hans-Peter Schwintowski
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Gem. § 237 Abs. 1 S. 1 AktG ist zwischen zwei Arten der Einziehung zu unterscheiden:
– | die Zwangseinziehung, |
– | die Einziehung nach Erwerb der Aktien durch die Gesellschaft. |
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Im Überblick stellen sich die Schritte der Kapitalherabsetzung durch Einziehung wie folgt dar:[99]
– | Beschluss der HV bzw. des Vorstands; |
– | Anmeldung des Hauptversammlungsbeschlusses zum Handelsregister; |
– | Prüfung, Eintragung und Bekanntmachung durch das Registergericht mit Hinweis an die Gläubiger; |
– | Einziehungshandlung der Verwaltung; |
– | Anmeldung und Eintragung der Durchführung der Kapitalherabsetzung in das Handelsregister; |
– | Zahlung des Einziehungsentgelts. |
3.1 Zwangseinziehung
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Eine Zwangseinziehung ist nur zulässig, wenn sie in der ursprünglichen Satzung der Gesellschaft oder durch eine Satzungsänderung vor Übernahme oder Zeichnung der einzuziehenden Aktien angeordnet (sogenannte „angeordnete Zwangseinziehung“) oder gestattet (sogenannte „gestattete Zwangseinziehung“) war (§ 237 Abs. 1 S. 2 AktG). Dies bedeutet, dass gegenüber dem Aktionär, dessen Aktien eingezogen werden, die Möglichkeit der Zwangseinziehung bereits zum Zeitpunkt des Aktienerwerbs bestanden haben muss.[100] Die Voraussetzungen für eine Zwangseinziehung und die Einzelheiten zu ihrer Durchführung sind in der Satzung oder in dem Beschluss der HV festzulegen (§ 237 Abs. 2 S. 2 AktG). Das Wesen der Zwangseinziehung besteht darin, dass sie ohne Einverständnis der einzelnen Aktionäre durch einseitige Handlung der Gesellschaft vorgenommen werden kann.
3.1.1 Angeordnete Zwangseinziehung
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Die Satzung der Gesellschaft kann explizit bestimmte Fälle und Voraussetzungen festlegen („anordnen“), aufgrund derer Aktien eingezogen werden müssen. Dabei muss die Satzung die Einziehungsvoraussetzungen genau bestimmen und darf dem Vorstand insoweit keinen Ermessensspielraum gestatten.[101] In der Satzung sind weiterhin die Einzelheiten der Durchführung[102] der Zwangseinziehung sowie die Höhe des Einziehungsentgelts genau zu regeln.[103] Soweit die Regelung in der Satzung den vorgenannten Anforderungen für eine angeordnete Zwangseinziehung nicht genügt, kann sie dennoch als Grundlage für eine gestattete Zwangseinziehung angesehen werden.[104]
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Die Satzung der AG kann vielfältige Einziehungsgründe festlegen, so z.B. die Einziehung vinkulierter Namensaktien bei Verweigerung der zur Übertragung notwendigen Zustimmung.[105] Häufig werden vor allem in der Person des Aktionärs liegende Einziehungsgründe wie die Insolvenz des Aktionärs in die Satzung aufgenommen.
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Die Gesellschaft ist zur Einziehung der Aktien verpflichtet, wenn ein in der Satzung geregelter Einziehungsgrund vorliegt.[106]
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Wenn die Satzung die zwangsweise Einziehung „angeordnet“ hat, ist kein Hauptversammlungsbeschluss erforderlich (§ 237 Abs. 6 S. 1 AktG). An dessen Stelle tritt die Entscheidung des Vorstands über die Einziehung (§ 237 Abs. 6 S. 2 AktG).
3.1.2 Gestattete Zwangseinziehung
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Anders als bei der angeordneten Zwangseinziehung bedarf die gestattete Zwangseinziehung von Aktien eines Beschlusses der HV der Gesellschaft.[107] Auch die gestattete Zwangseinziehung muss dabei zunächst in der Satzung der Gesellschaft grds. zugelassen sein. Nicht zwingend, aber zulässig ist darüber hinaus, dass die Satzung die weiteren Voraussetzungen der gestatteten Zwangseinziehung im Einzelnen regelt. Tut sie dies nicht, steht die gestattete Zwangseinziehung von Aktien im Ermessen der HV (§ 237 Abs. 2 S. 2 AktG).[108] In jedem Fall muss jedoch die Einziehung im Falle der gestatteten Zwangseinziehung im Einzelfall im Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt und willkürfrei sein. Insbesondere müssen die Grundsätze der Erforderlichkeit und der Angemessenheit eingehalten werden.[109] Insofern ist die gestattete Zwangseinziehung jedenfalls immer dann als zulässig anzusehen, wenn die Zwangseinziehung erfolgt, um einen Aktionär aus wichtigem Grund aus der Gesellschaft auszuschließen.[110]
3.2 Einziehung nach Erwerb durch die Gesellschaft
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Die AG kann eigene Aktien gem. § 237 Abs. 1 S. 1 AktG auch ohne besondere Ermächtigung durch die Satzung einziehen. Erforderlich ist lediglich ein Beschluss der HV.[111] Darüber hinaus muss die Gesellschaft im Zeitpunkt der Einziehungshandlung dinglicher Eigentümer der Aktien sein.[112] Die Satzung der Gesellschaft kann dabei die Einziehung eigener Aktien beschränken (§§ 222 Abs. 1 S. 2, 237 Abs. 2 S. 1 AktG), diese jedoch nicht gänzlich ausschließen.[113] Im Fall des § 71c Abs. 3 AktG ist die Gesellschaft zur Einziehung eigener Aktien verpflichtet.
3.3 Einziehungsverfahren und Einziehungshandlung
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Gem. § 237 Abs. 2 und Abs. 3 bis 6 AktG unterscheidet das Gesetz zwischen einem ordentlichen und einem vereinfachten Einziehungsverfahren. Für das ordentliche Einziehungsverfahren gelten dabei im Wesentlichen die Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung (§§ 237 Abs. 2 AktG i.V.m. 222 ff. AktG).[114] Unter den strengen Voraussetzungen des § 237 Abs. 3 Nr. 1–3 AktG kann darüber hinaus ein erleichtertes Einziehungsverfahren durchgeführt werden. Erleichterungen bestehen dann hinsichtlich der Beschlussfassung und des Gläubigerschutzes.
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Erforderlich ist eine konkrete Einziehungshandlung der Gesellschaft, welche die Vernichtung der eingezogenen Aktien tatsächlich herbeiführt. Diese Einziehungshandlung ist eine Willenserklärung des Vorstands der Gesellschaft gegenüber dem betroffenen Aktionär.[115] In der Erklärung müssen die eingezogenen Aktien konkret bezeichnet werden.[116]
3.4 Anmeldung beim Handelsregister
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Bei der angeordneten Zwangseinziehung entscheidet gem. § 237 Abs. 6 AktG der Vorstand über