Kriminologie. Tobias Singelnstein
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Generelle theoretische Kategorien und Konzepte wie Kriminalität oder das Klima einer Strafanstalt können mit den beschriebenen Methoden nicht direkt gemessen werden. Sie müssen hierfür operationalisiert, also die Operationen beschrieben werden, die zur Messung des jeweiligen Konzepts erforderlich sind.109 Dies bedeutet, Kriterien zu entwickeln, anhand derer die jeweilige Kategorie bzw. das Konzept mit den gewählten Methoden messbar ist. Um z. B. Kriminalität zu messen, muss festgelegt werden, anhand welcher messbaren Kriterien bestimmt werden soll, was als Kriminalität im Sinne des Forschungsprojektes gilt, beispielsweise ein angezeigter Fall oder verurteilte Tatverdächtige.
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Bei der Datenerhebung muss zunächst über deren Umfang entschieden werden. Dies ist bei quantitativen Methoden von besonderer Relevanz. Da eine Totalerhebung, bei der die interessierenden Aspekte der Wirklichkeit umfassend untersucht werden, nur selten möglich und ökonomisch sinnvoll ist, wird in der Regel eine Teilerhebung vorgenommen. Um z. B. Aussagen über eine Großstadt treffen zu können, müssen nicht all deren Einwohner:innen befragt werden, sondern es genügt die Befragung eines Teils der Bevölkerung – sogenannte Stichprobe –, um Aussagen über die Gesamtbevölkerung der Stadt treffen zu können. Damit die Aussagen über die Stichprobe auf die Gesamtheit übertragen werden können, ist es wesentlich, dass die Stichprobe (sample) repräsentativ ist. Dies erfolgt in Form einer Zufallsstichprobe und damit in der Weise, dass alle Einheiten der Grundgesamtheit die gleiche Wahrscheinlichkeit haben, Teil der Stichprobe zu werden.110 Allerdings sind die Stichproben nicht bei allen empirischen [73] Untersuchungen repräsentativ. Vielmehr gibt es auch viele quantitative Studien, die nicht repräsentativ sind, etwa weil es methodisch nicht möglich oder zu teuer wäre, eine repräsentative Stichprobe zu bilden. Auch solche Untersuchungen erbringen wissenschaftliche Erkenntnis. Ihre Ergebnisse können aber nicht einfach verallgemeinert und auf die Grundgesamtheit bezogen werden.
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Auf die Konzipierung folgt die Durchführungsphase, in der die Datenerhebung vorgenommen wird. In der daran anschließenden Auswertungsphase werden die erhobenen Daten eingehend analysiert und bewertet, um das so gewonnene Wissen mit den Ausgangshypothesen abzugleichen. Dabei lassen sich quantitative Daten statistisch auswerten. Auf diesem Weg sind Aussagen über die Häufigkeitsverteilung bestimmter Merkmale in einer Gruppe oder über Beziehungen (Korrelationen) zwischen zwei oder mehreren Variablen möglich.111 So kann in einer Studie z. B. untersucht werden, ob die Wahrscheinlichkeit, Opfer einer Straftat zu werden, gleichmäßig nach Geschlecht, Alter oder ethnischer Zugehörigkeit verteilt ist oder ob zwischen den Variablen Alter und strafrechtliche Registrierung eine Korrelation besteht. Qualitative Verfahren erfordern hingegen andere Auswertungsmethoden, die je nach dem gewählten Forschungsdesign variieren. Neben freieren Formen der Interpretation ist die Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring112 mit einer systematischen Vorgehensweise eine häufig genutzte Methode.113
1 Garofalo 1885.
2 Lautmann 2014.
3 In Deutschland bestehen solche Dienste beim Bundeskriminalamt (BKA), beim Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) sowie bei der Kriminologischen Zentralstelle (KrimZ). Daneben sind in den Landesjustizministerien sogenannte Kriminologische Dienste eingerichtet.
4 So etwa Sack 1990, 15.
5 „Unified body of knowledge“, so Fattah 1997, 173; ähnlich Göppinger 2008, § 1 Rn. 5, § 3 Rn. 13 ff.; Schneider 1993, 3.
6 Zur Frage der Eigenständigkeit der Kriminologie s. Kunz 2014.
7 Walter 1982.
8 Rusche/Kirchheimer 1981.
9 Platt 1984, 153; skeptisch Steinert/Treiber 1978.
10 Melossi 1976, 29; Wächter 1984, 168.
11 Sutherland 1983.
12 Pearce 1976.
13 Foucault 1976b; zum Stellenwert von Foucault in der Kriminologie Althoff/Leppelt 1991; Krasmann/Volkmer 2007.
14 Foucault 1976b, 328.
15 Taylor/Walton/Young 1975, 26.
16 Mathiesen 1979.
17 Christie 1986, 84 ff., 134 ff.
18 Cremer-Schäfer 2015.
19 Sessar 1986, 381.
20 Michalowski 2016.
21 Ferrell 2009; Hayward/Young 2012.
22 Fabricius 2015, 117 ff.; Göppinger 2008, § 1 Rn. 6.
23 Zur Kritik am legalistischen Verbrechensbegriff Lamnek 2018, 49 f.
24 Insofern differenzierend Fabricius 2015, 119 ff.
25 Dazu auch Lamnek 2018, 52 ff.
26 Weber 1905.