Handbuch Umwandlungsrecht. Andreas Kühn

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Handbuch Umwandlungsrecht - Andreas Kühn

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- unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile an einer grundbesitzenden Personen- oder Kapitalgesellschaft übertragen werden oder
- eine Vereinigung mittelbar oder unmittelbar von mindestens 95 % der Anteile an einer grundbesitzenden Personen- oder Kapitalgesellschaft in der Hand eines Gesellschafters bewirkt wird.

      Dabei ist zu beachten, dass bei der Frage, ob Grundbesitz zum Vermögen der Gesellschaft gehört, hier nicht die zivilrechtlichen Kriterien, sondern allein die grunderwerbsteuerlichen Gesichtspunkte maßgeblich sind.[281] Hält z.B. die Gesellschaft, deren Anteile von der Übertragung betroffen sind, ihrerseits alle bzw. mindestens 95 % der Anteile an einer anderen grundbesitzenden Gesellschaft, so gehören auch die vermittels derartiger grunderwerbsteuerlicher Zuordnung betroffenen Grundstücke der anderen Gesellschaft zu ihrem Vermögen.[282] Bei der Zurechnung mittelbarer Anteilsvereinigungen, kann man davon ausgehen, dass eine Beteiligung von 100 % bzw. zu mindestens 95 % der beherrschenden Hand zugerechnet werden muss.[283]

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      Bei der Grunderwerbsteuerpflicht gem. § 1 Abs. 3 GrEStG ist zu beachten, dass ggf. auch die Vergünstigungsvorschrift des § 1 Abs. 6 S. 2 GrEStG greifen kann, sofern der übernehmende Rechtsträger vor dem grunderwerbsteuerpflichtigen Umwandlungsvorgang Anteile am übertragenden Rechtsträger – grunderwerbsteuerpflichtig – in seiner Hand vereinigt hatte. § 1 Abs. 6 S. 2 GrEStG setzt jedoch voraus, dass auf der Erwerberseite derselbe Rechtsträger (ggf. auch nach Formwechsel) beteiligt ist und dass dasselbe Grundstück betroffen ist (sog. Erwerber- und Grundstücksidentität).[284] Für Grundstücke, welche vom übertragenden Rechtsträger nach der Anteilsvereinigung erworben wurden, wird daher die volle Grunderwerbsteuer erhoben.[285]

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      Nach § 1 Abs. 2a GrEStG unterliegt der unmittelbare und mittelbare Anteilsübergang an einer grundbesitzenden Personengesellschaft in Höhe von insgesamt mindestens 95 % innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren der Grunderwerbsteuer. Beim unmittelbaren Anteilsübergang unterscheidet sich der Gesellschafterbestand der Personengesellschaft nach Anteilsübergang zivilrechtlich von demjenigen vor dem Anteilsübergang.[286] Bei dem mittelbaren Anteilsübergang werden folgende Tatbestände unterschieden:

- Veränderung der Beteiligungsverhältnisse bei einer als Gesellschafterin beteiligten Kapitalgesellschaft zu mindestens 95 %;
- Änderung des Gesellschafterbestands einer an der Personengesellschaft beteiligten Personengesellschaft;
- Anteilsübergang bei Treuhandverhältnissen.

      Bei der Gestaltung von Umwandlungsvorgängen muss daher beachtet werden, dass bereits zurückliegende Veränderungen im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft in den letzten fünf Jahren zusammen mit dem Umwandlungsvorgang zu einer Grunderwerbsteuerpflicht führen können.

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      Für Personengesellschaften gilt nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 S. 1 GrEStG die vorrangige Anwendung von § 1 Abs. 2a GrEStG vor der Besteuerung nach § 1 Abs. 3 GrEStG. Dabei ist zu beachten, dass eine Besteuerung nach § 1 Abs. 3 GrEStG auch dann ausgeschlossen ist, wenn gem. § 1 Abs. 2a S. 3 GrEStG eine Steuer nicht erhoben wurde. Greift § 1 Abs. 2a GrEStG aber nicht, weil die Fünfjahresfrist abgelaufen ist, tritt ggf. eine Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 GrEStG ein.[287]

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      Nach dem seit 1.1.2003 geltenden § 5 Abs. 3 GrEStG entfällt eine Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG immer dann, wenn der Umwandlungsvorgang innerhalb von fünf Jahren nach Verwirklichung des Steuertatbestandes für den steuervergünstigten Ausgangsfall zu einer Anteilsreduzierung führt. Interessant ist hier v.a., dass in diesem Fall auch der Formwechsel Grunderwerbsteuer auslösen kann. Hat nämlich ein Gesellschafter einer Personengesellschaft auf diese ein Grundstück übertragen und wird innerhalb der Frist des § 5 Abs. 3 GrEStG die Gesellschaft in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt, so bewirkt die Umwandlung, dass die gesamthänderische Beteiligung des Gesellschafters und damit auch die Vergünstigung im Nachhinein entfällt.[288] Dies gilt entsprechend für die Anwendungsbereiche der §§ 6 Abs. 3 und 4, 7 Abs. 3 GrEStG. Für alle vorgenannten Vorschriften gilt, dass die Gesamtrechtsnachfolge nach UmwG nicht der Gesamtrechtsnachfolge auf den Tod einer natürlichen Person gleichzustellen ist, sondern im Sinne dieser Vorschriften als rechtsgeschäftlicher Vorgang anzusehen ist.[289]

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      Bei der Gestaltung von Umwandlungsvorgängen muss daher darauf geachtet werden, dass zur Vermeidung von Grunderwerbsteuer der übertragende Rechtsträger möglichst wenig Grundbesitz im Vermögen hat. Damit wenig Grundbesitz „bewegt“ wird, kann die Kombination verschiedener Umwandlungsarten sinnvoll sein, z.B. statt einer Aufspaltung Kombination einer Verschmelzung (up-stream-merger) mit einer Abspaltung. Bei Gestaltungsüberlegungen muss genau ermittelt werden, in welchen Gesellschaften Grundbesitz gehalten wird, wann und wie er erworben wurde und wie sich der Gesellschafterbestand an den grundbesitzenden Gesellschaften innerhalb der letzten fünf Jahre mittelbar oder unmittelbar verändert hat. Eine Gestaltungsvariante kann sein, bei übertragenden Umwandlungen den gesamten Grundbesitz vor dem Umwandlungsvorgang auf eine Personengesellschaft (vorzugsweise eine GbR) zu übertragen.[290] An dieser Personengesellschaft sollte die übertragende Rechtsträgerin mit einer hohen Quote und die Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers beteiligt sind. Sowohl bei der Festlegung der Anteile wie auch bei der Entscheidung, ob eine solche Lösung im Einzelfall (auf Dauer) sinnvoll ist, sind die Gefahren einer nachträglichen Grunderwerbsteuerpflicht der §§ 1 Abs. 2a, Abs. 3, 5 und 6 GrEStG zu beachten.[291]

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      Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz unternahm den Versuch, durch die Einführung des § 6a GrEStG konzerinterne Umwandlungsvorgänge nun auch grunderwerbsteuerlich zu erleichtern. Der Regelungsbereich ist allerdings eng und die bisherige Auslegung durch die Finanzverwaltung restriktiv, so dass die Vorschrift in der Praxis bislang nur selten zur Anwendung gelangte.[292] Mit koordinierten Ländererlassen vom 1.12.2010 hatten die Finanzbehörden zu der Regelung Stellung genommen und einige offene Fragen geklärt. Dabei wurden indes nicht nur nicht alle Zweifelsfragen beseitigt, auch der BFH hatte inzwischen die restriktive Auslegung der Finanzverwaltung in einer Reihe von Urteilen aus dem Jahr 2019 weitgehend verworfen.[293] Als Reaktion auf die Rechtsprechung des BFH wurden im September 2020 abermals gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder veröffentlicht.[294]

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      Technisch handelt es sich bei § 6a GrEStG um eine Befreiungsregelung, die nur eingreift, wenn die folgenden Voraussetzungen vorliegen:

- es liegt eine Umwandlung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1–3 UmwG vor, die zu einem steuerbaren Vorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2a oder 3 GrEStG führt;[295]
- an der Umwandlung sind ein herrschendes Unternehmen[296] und ein oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften (insbesondere Upstream- und Downstream-Merger unter Beteiligung des herrschenden Unternehmens) oder ausschließlich mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften (insbesondere Sidestep-Merger, aber auch Upstream- und Downstream-Merger im Teilkonzern) beteiligt;
- die in § 6a S. 4 GrEStG genannten fünfjährigen Vor- und Nachbehaltensfristen müssen nur insoweit eingehalten werden, als sie aufgrund eines begünstigten

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