Unternehmenskaufvertrag. Christoph Louven
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– Erstellung und Versendung eines Teasers an potenzielle Bieter und Aufforderung, ein Erwerbsinteresse unverbindlich zu bekunden,
– Versendung des Entwurfs einer Vertraulichkeitsvereinbarung (NDA),
– Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung (NDA), ggf. nach Berücksichtigung legitimer Änderungswünsche des Bieters (insbesondere Private Equity-Bieter haben oft besondere Anforderungen an den Inhalt der Vertraulichkeitsvereinbarung191),
– Versendung eines die Bedingungen des Verfahrens beschreibenden Verfahrensbriefs (Process Letter) und des Informationsmemorandums,
– Vorbereitung des (elektronischen) Datenraums (Virtual Data Room oder kurz VDR), der datenschutzrechtliche und kartellrechtliche Schranken beachtet,
– auf der Grundlage des Informationsmemorandums Abgabe eines rechtlich unverbindlichen sog. indikativen Angebots (Indicative Offer oder Non-Binding-Offer) durch Bieter,
– Auswahl der zum weiteren Prozess eingeladenen Bieter und ggf. Versendung eines weiteren Verfahrensbriefs (Process Letter II) an diese,
– Due Diligence durch diese Bieter; ggf. Zur-Verfügung-Stellung von „Vendor’s Due Diligence“-Berichten (je nach Einzelfall mit oder ohne „Reliance“ gegenüber den Bietern und dem Käufer) oder Fact Books (Letzteres beschränkt sich auf die zusammenfassende Wiedergabe des Inhalts des Datenraums ohne inhaltliche, also z.B. rechtliche Analyse und ohne Handlungsempfehlungen), die der Verkäufer und seine Berater erstellt haben,
– Abgabe sog. bindender Angebote (Binding Offer), die im Rechtssinn typischerweise noch nicht bindend und daher auch kein Angebot im Sinne von § 145 BGB darstellen, durch interessierte Bieter,
– Auswahl des oder der Bieter(s) für die finale Verkaufsphase (Preferred Bidder).
– ggf. kurze weitere Due Diligence (die oft auch als Confirmatory Due Diligence bezeichnet wird) durch den oder die ausgewählten Bieter,
– exklusive oder parallele Verhandlungen der Transaktionsverträge (insbesondere des Unternehmenskaufvertrags und von Begleitverträgen wie Transitional Services Verträgen),
– Vertragsunterzeichung (Signing),
– Vollzugsvorbereitung, insbesondere Einholung kartellbehördlicher Genehmigungen,
– Vollzug (Closing).
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Juristisch sind viele Fragen rund um Auktionsverfahren erst in jüngerer Vergangenheit aufgearbeitet worden.192 Anlass für Streitigkeiten in Auktionsverfahren193 bieten insbesondere folgende Fragen:
– Besteht eine per se gesteigerte Aufklärungspflicht des Verkäufers in Auktionsverfahren?
– Welche Haftung droht einem Verkäufer aus unzutreffenden Angaben in einem Informationsmemorandum?
– Kann auch ein Berater wegen unzutreffender Angaben in einem Informationsmemorandum haften?
– (Wie) Muss der Verkäufer und müssen seine Berater über die Existenz/das Fehlen anderer Bieter informieren?
– Dürfen chancenlose Bieter „mitgezogen“ werden?
– Darf von dem im Verfahrensbrief beschriebenen Verfahren einseitig abgewichen werden?
– Gibt es ein Recht der Bieter auf Gleichbehandlung, aus dem sie etwa verlangen können, dass der Verkäufer und seine Berater Antworten, die der Verkäufer auf gezielte Fragen eines Bieters diesem gegeben hat, auch ihnen rechtzeitig offenlegen?
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Veröffentlichte Rechtsprechung dazu ist nicht ersichtlich. Wenn ein Streit darüber ausgetragen wird, dann geschieht das regelmäßig in Schiedsverfahren, deren Entscheidungen grundsätzlich nicht veröffentlicht werden.194
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Vom Schrifttum wird eine per se gesteigerte Aufklärungspflicht des Verkäufers in Auktionsverfahren diskutiert.195 Sie ist aber im Ergebnis abzulehnen: Auch im Rahmen bilateraler Verhandlungen wird nämlich der Informationsfluss inhaltlich und prozedural vom Verkäufer gesteuert und beherrscht, sodass das Auktionsverfahren insoweit keine Besonderheiten aufweist, die eine per se gesteigerte Aufklärungspflicht rechtfertigen könnten.196
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Unzutreffende Angaben in einem Informationsmemorandum können unter den Voraussetzungen einer Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo (§§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) Schadensersatzansprüche auslösen. Als potenzieller Schaden kommen insbesondere die frustrierten Aufwendungen eines erfolglosen Bieters in Betracht. Dabei muss sich der Verkäufer, wenn er dies nicht vertraglich wirksam mit dem Bieter ausgeschlossen hat (was nach § 278 Satz 2 BGB sogar für vorsätzliches Verhalten der Erfüllungsgehilfen zulässig wäre), das Verhalten seiner Berater (als seinen Erfüllungsgehilfen) nach § 278 Satz 1 BGB zurechnen lassen. Allerdings dürften solche Fälle in der Praxis selten sein: Der Verkäufer und seine Berater haben im weiteren Verfahrensverlauf wiederholt die Möglichkeit, etwa durch Offenlegung im Datenraum oder im vorvertraglichen Auskunftsprozess (Q&A-Process) (bei für den Käufer für dessen Kaufentscheidung wesentlichen Informationen wird sich der Käufer oft nicht auf das Informationsmemorandum verlassen, sondern vertieft prüfen wollen und Nachfragen stellen) unerkannt unzutreffende Informationen zu korrigieren. Für einen aufgrund unzutreffender Informationen vorzeitig ausscheidenden Bieter dürfte es oft schwierig sein, nachzuweisen, dass er ausschließlich wegen der unzutreffenden Informationen aus dem Verfahren ausgeschieden ist. Die praktische Bedeutung einer solchen Haftung ist daher eher gering.
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Eine Haftung für unzutreffende Informationen im Informationsmemorandum nach den Grundsätzen der Produkthaftung scheidet nach vorherrschender Meinung197 schon deshalb aus, weil kein Bieter erwarten kann, schon im Informationsmemorandum vollständig die für eine Kaufentscheidung relevanten Informationen zu bekommen. Dafür sind vielmehr die Due Diligence (mit Q&A-Process, Site Visit und Management Presentation) und die Verhandlungen gedacht.
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Nicht nur die ausdrücklich unzutreffende Information eines Interessenten über angebliche weitere Bieter (bloß ausweichende Antworten sind zulässig198), sondern auch die konkludente Fehlinformation darüber kann Schadensersatzansprüche nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB (Verschulden bei Vertragsverhandlungen) auslösen oder dem erfolgreichen, aber zuvor entsprechend getäuschten Bieter die Anfechtung des Unternehmenskaufvertrags wegen arglistiger Täuschung ermöglichen (wenn der Bieter nachweisen kann, dass er den Unternehmenskaufvertrag ohne die Täuschung über weitere Bieter nicht oder nicht mit diesem Inhalt abgeschlossen hätte199). Eine konkludente Fehlinformation über andere Bieter kann z.B. darin liegen, dass der Verkäufer eine Zahl von Verhandlungsteams benennt, die die Zahl der vorhandenen Bieter übersteigt.200 Fehlinformationen durch einen beauftragten Berater (einschließlich einer beauftragten Investmentbank) muss sich der Verkäufer zurechnen lassen.201
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„Zieht“