Praxiswissen für Kommunalpolitiker. Franz Dirnberger
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c)
Hoheitliches Handeln durch Einzelfallregelung (Verwaltungsakt, Art. 35 BayVwVfG), z. B. Zulassung eines Bewerbers zu einem Jahrmarkt
d)
Hoheitliches Handeln durch öffentlich-rechtlichen Vertrag, z. B. öffentlich-rechtlicher Erschließungsvertrag. (Art. 54 BayVwVfG).
Hinweis: Das kommunale Verwaltungshandeln ist grundsätzlich zweigeteilt. Die Willensbildung und Entscheidung erfolgt i. d. R. durch das kommunale Kollegialorgan per Beschluss. Der Vollzug und die Umsetzung dieser Entscheidungen obliegt dem Bürgermeister, Landrat bzw. Bezirkstagspräsident und seinen Mitarbeitern (= der Verwaltung im engeren Sinn). Gesetzmäßigkeit bedeutet, dass sowohl der Akt der Willensbildung als auch der des Vollzugs in Einklang mit der Rechtsordnung stehen müssen.
2.4.2Selbstverwaltung – welchen Rang haben die Handlungsformen in der Normenhierarchie?
Sie haben erfahren, dass das Selbstverwaltungsrecht nur im Rahmen der Gesetze besteht. Sie wissen, dass die öffentliche Verwaltung, deren Teil Sie als kommunaler Mandatsträger sind, an Gesetz und Recht gebunden sind. Was bedeutet das genau?
Beispiel:
Der Gemeinderat hat einen Bebauungsplan erlassen. Die dabei verwendete Handlungsform ist die kommunale Satzung (§ 10 Abs. 1 BauGB). Die Beachtung des Gesetzmäßigkeitsprinzips verlangt, dass diese Satzung mit der übrigen, insbesondere der höherrangigen Rechtsordnung in Einklang steht.
Wichtig!
Innerhalb der Rechtsordnung gibt es eine Hierarchie! Jeder Rechtsakt muss in Einklang mit höherrangigen Normen stehen.
Das höherrangige Recht ist
das europäische Recht
die Bundesverfassung (GG)
das Bundesgesetz
die Bundesrechtsverordnung
die Bundessatzung,
dann erst
Landesverfassung
Landesgesetz
Landesrechtsverordnung
Landessatzung,
dann erst
kommunale Rechtsverordnung
kommunale Satzung
sonstige kommunale Handlungsformen.
Normenpyramide
In unserem Beispiel muss die kommunale Satzung also mit der kommunalen Rechtsverordnung, Landesvorschriften und allen Bundesvorschriften bis hin zum Grundgesetz übereinstimmen, um rechtmäßig zu sein. Sie sollten allerdings auch beachten, dass eine hoheitliche Regelung zunächst immer gilt. Ihre Unwirksamkeit muss immer förmlich festgestellt werden.
Das hat zum Teil fatale Konsequenzen. Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt nicht form- und fristgerecht angefochten kann er nur mehr unter sehr engen Grenzen aus der Welt geschafft werden. Die Rechtsordnung akzeptiert sozusagen um der Rechtssicherheit und Verbindlichkeit Willen fehlerhafte Entscheidungen! Vgl. Art. 43 ff. BayVwVfG.
2.4.3Selbstverwaltung – wie wird sie kontrolliert?
Es gibt unterschiedliche und vielfältige Möglichkeiten der Kontrolle, ob die Grenzen der Selbstverwaltung beachtet sind bzw. ob sie zu Lasten der Kommune unzulässig eingeengt wird.
Beispiel Gemeinde:
Der Bürgermeister hat das Recht und die Pflicht, Entscheidungen des Gemeinderats zu beanstanden und deren Vollzug auszusetzen, wenn er sie für rechtswidrig hält. Er kann darüber auch eine Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde herbeiführen (Art. 59 Abs. 2 GO).
Die Gemeinderäte haben die Aufgabe, den Vollzug der Entscheidungen und deren Rechtmäßigkeit zu überwachen (Art. 59, 30 Abs. 3 GO).
Auch die Kommunen selbst haben die Möglichkeit, sich gegen Handlungen des Staates oder anderer Kommunen zu wehren, wenn sie der Meinung sind, in ihren Selbstverwaltungsrechten verletzt zu sein. Besonders erwähnt sei die kommunale Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG) gegen bundesrechtliche Entscheidungen, die Popularklage (Art. 98, 4 BV) zum Bayer. Verfassungsgerichtshof bei landesrechtlichen Beschränkungen der Selbstverwaltungsgarantie.
Selbstverwaltungskontrolle
2.4.4Selbstverwaltung und die Rolle des Bürgers
Der Bürger, der von einem Bescheid oder einer Satzung betroffen ist, kann sich mit entsprechenden Rechtsmitteln zur Wehr setzen. Er hat auch die Möglichkeit, sich gegen Handlungen der Kommunalverwaltung an den Gemeinderat, den Bürgermeister oder die Aufsichtsbehörden zu wenden (Art. 56 Abs. 3 GO). In Bürgerversammlungen können Missstände angesprochen werden (Art. 18 GO) und letztlich kann durch Bürgerentscheide, Bürgerbegehren und Bürgeranträge aktiv in das Selbstverwaltungsgeschehen eingegriffen werden (Art. 18, 18a, 18b GO).
Am unmittelbarsten kontrolliert und beteiligt sich jeder Bürger durch die Wahrnehmung seines Wahlrechtes und durch die Ausübung eines kommunalen, repräsentativen Mandates.
Neben Bürgerversammlung und Bürgerentscheid haben sich auch andere Beteiligungsprozesse herausgebildet. So werden Bürger formlos und punktuell in Entscheidungsfindungen einbezogen. Im Rahmen von Dorferneuerungsprozessen werden Arbeitsgruppen gebildet, die nicht nur mit Mandatsträgern und Experten, sondern auch mit kompetenten und mitarbeitswilligen Bürgern besetzt sind.
Tipp!
Es hat sich z. B. für komplexe Bauleitplanverfahren oder auch die Planung kommunaler Gebäude bewährt, Arbeitskreise zu bilden, an denen auch interessierte Bürgerinnen und Bürger teilnehmen können. Die örtlichen Agenda-Prozesse sind hervorragend geeignet, überparteilich und unbürokratisch engagierte Personen in das kommunale Geschehen einzubeziehen.
Wichtig!
Die Beteiligung der Bürgerschaft ist umso effektiver, je besser zu bestimmten Themen informiert wird. Dazu bieten sich gemeindeeigene Mitteilungsblätter, Bürgersprechstunden, spezifische Themenversammlungen, die Nutzung der neuen digitalen Plattformen ebenso an wie offene Fragestunden im Gemeinderat. Social Medias wie Facebook und Twitter nehmen auch bei der kommunalen Informationspolitik rasant an Bedeutung zu.