Praxiswissen für Kommunalpolitiker. Franz Dirnberger

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Praxiswissen für Kommunalpolitiker - Franz Dirnberger

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von den Vorkenntnissen das Amt des Bürgermeisters bekleiden kann, ist es für neu Gewählte, aber auch für „alte Hasen“ hilfreich, ja notwendig, sich das nötige Rüstzeug für die verantwortungsvolle Position „Entscheider zu sein“ anzueignen.

      Das von Beamtendeutsch und Juristenbegriffen wimmelnde Kommunalrecht erleichtert den Zugang zur Materie nicht. Dennoch – man kommt, wenn man in den Gremien kompetent auftreten möchte, nicht umhin, sich mit Begriffen, Zuständigkeiten, Gesetzen, Verordnungen und Satzungen auseinanderzusetzen.

      Keine Angst, lieber Anwender: Wir werden Sie nicht mit juristischen Details langweilen. Wir wollen Ihnen den Zugang zu den kommunalrechtlichen Bereichen, mit denen Sie sich künftig auseinanderzusetzen haben, so leicht als irgend möglich machen. Mit unserem Stichwortverzeichnis werden sie die Fachbegriffe schnell durchschauen. Wir werden Ihnen Tricks und Techniken vermitteln, wie Sie sich schnell und effizient das notwendige Basiswissen aneignen können. Dabei werden wir auf konkrete Beispiele zurückgreifen, die Ihnen den Umgang mit den relevanten Themen erleichtern werden.

      Wenn im Folgenden von Kommunen die Rede ist, so betrifft dies zunächst die kreisangehörigen Gemeinden. Für kreisfreie Gemeinden, Landkreise und Bezirke gilt mit Ausnahme bestimmter Sonderregelungen allerdings Ähnliches. Verwendete Personen- oder Städtenamen sind rein willkürlich ohne jeden Bezug gewählt.

      Zunächst bitten wir Sie sich zu vergegenwärtigen, dass Sie als kommunale Mandatsträger Teil der Staatsverwaltung sind. Auch wenn die Kommune zum Teil eigenes Recht setzt ist sie dennoch nicht der Legislative zuzuordnen. Kommunales Handeln und damit Ihr Handeln als Bürgermeister oder Gemeinderat ist wie das Handeln der Mitarbeiter Ihrer Verwaltungen der Exekutive zuzuordnen.

      Wenn Sie sich mit ihren neuen Aufgaben und Zuständigkeiten erstmals auseinandersetzen ist es besonders effizient, sich mit Hilfe unserer Verfassungen, also dem Grundgesetz und der Bayerischen Verfassung einen ersten Überblick zu verschaffen. Es ist ein Vorzug des Rechtsstaates, dass sich seine Grundlagen in den jeweiligen Verfassungen wiederfinden, die gleichzeitig das höchstrangige Recht des jeweiligen Staates darstellen.

      Als Mandatsträger sollten Sie sich unbedingt ein paar wichtige Gesetze besorgen, die Sie immer wieder benötigen. Dazu gehören: Grundgesetz, Bayer. Verfassung, Bayer. Gemeindeordnung, Bayer. Landkreisordnung, Bayer. Bezirksordnung (Abkürzungen: GG, BV, GO, LKrO, BezO). Die Satzung zur Regelung des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts, die Geschäftsordnung der jeweiligen Gebietskörperschaft sowie den Geschäftsverteilungsplan.

      Tipp!

      Die Satzung betreffend das Gemeindeverfassungsrecht, die Geschäftsordnung und den Geschäftsverteilungsplan erhalten Sie bei Ihrer Gemeinde auf Anfrage. Textausgaben, z. T. sogar Kommentare zu GG, BV, GO erhalten Sie als Mandatsträger kostenfrei bei der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, Brienner Str. 40, 80333 München, Internet: www.km.bayern.de/blz/. Daneben hält der Buchhandel umfangreiche Literatur vor.

      Immer mehr Kommunen sind dazu übergegangen ihre Satzungen und Verordnungen auf ihrer Homepage zu veröffentlichen. Im Internet existieren auch viele kostenfreie Portale, die die Gesetzestexte in ihrer aktuellen Fassung zur Verfügung stellen.

      Beispiel:

      „Wir wollen aber die Tempo-30-Regelung in unserer Ortsstraße! Das ist unsere Sache und geht das Landratsamt nichts an!“, ruft Gemeinderat Berger erzürnt, als der Bürgermeister ein Schreiben des Landratsamts verliest. Darin wird beanstandet, dass die Gemeinde für die Uferstraße keine Tempo-30-Regelung anordnen darf, weil nach der StVO die Voraussetzungen dafür nicht gegeben seien. Die Ratsmitglieder sehen durch das Schreiben des Landratsamts „ihr“, d. h. das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde verletzt.

      „Das ist unsere eigene Sache, hier entscheiden wir alleine, das betrifft unsere Hoheit oder Autonomie“, sind die Schlagworte.

      Nicht alles was nach dem ersten Anschein rein örtlichen Bezug hat ist damit automatisch ureigene und damit selbstverantwortbare Angelegenheit einer Kommune. Eine Grundüberlegung bei der Abgrenzung ob wir uns tatsächlich im Bereich der Selbstverwaltung bewegen ist immer, ob es wirklich um eine rein örtliche Angelegenheit geht oder eher um eine Aufgabe die die Gemeinden für den Staat erledigen.

      In unserem Fall geht es um die Umsetzung der bundesrechtlich geregelten Straßenverkehrsordnung. Die Umsetzung dieser Verordnung wird zwar kommunal gemanagt, ist aber auf die Gemeinden gesetzlich übertragen und damit nicht Teil der Selbstverwaltung! Das ist auch gut so. Stellen sie sich vor jede Gemeinde würde eigene Verkehrsregeln erlassen.

      Was aber ist dann Selbstverwaltung?

      Im Kontext der französischen Revolution finden wir den Begriff „Pouvoir Municipal“. Übersetzt: kommunale Gewalt. Das begründet eine Eigenständigkeit der Gemeinde gegenüber dem Staat. Im deutschsprachigen Raum prägte Freiherr vom Stein das Verständnis der Selbstverwaltung im Sinne einer bürgerschaftlich orientierten, staatsergänzenden Verwaltung. Aber erst die liberale Bewegung Mitte des 19. Jahrhunderts führt zum Selbstverwaltungsverständnis der Neuzeit, das bis heute gilt.

      Das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen ist demnach das verfassungsrechtlich eingeräumte Recht auf eigenständige, d. h. staatsunabhängige Organisation und Regelung der eigenen Angelegenheiten. Wesentlich und zum Kern der Selbstverwaltung gehören

       die Gebietshoheit, verstanden als der räumliche Wirkungsbereich

       die Organisationshoheit, verstanden als das Recht, die Organisation der Kommune im Inneren zu regeln, z. B. welche Abteilungen und Sachgebiete gebildet werden, wer in der Kommune wofür zuständig ist

       die Satzungshoheit, verstanden als das Recht, durch das zuständige Gremium (in der Regel Gemeinderat etc.) Satzungen als Ortsrecht zu erlassen

       die Personalhoheit, verstanden als das Recht, eigenes Personal einzustellen und entsprechend einzusetzen sowie die dafür notwendigen Entscheidungen zu treffen

       die Finanz- und Abgabenhoheit, verstanden als das Recht, im Rahmen der Gesetze die Finanzen der Kommune eigenverantwortlich zu regeln und einen Haushalt zu bilden und

      Bereiche der Selbstverwaltung

       die Planungshoheit: Dies ist das Recht, die wesentlichen Entwicklungsleitlinien der Gemeinde durch verbindliche Planungen festzulegen, insbesondere durch Flächennutzungsplan und Bauleitplan Baurecht zu schaffen oder zu versagen.

      Auch im Grundgesetz und der Bayerischen Verfassung finden sich wesentliche Bestimmungen zum Selbstverwaltungsrecht. Ergänzend zu beachten sind natürlich auch Bestimmungen der jeweiligen Kommunalgesetze.

      Art.

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