Grundriss Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht. Andrea Wechsler
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Grundriss Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht - Andrea Wechsler страница 41
153
Neben dem Urheberrecht existieren die sogenannten verwandten Schutzrechte. Diese Leistungsschutzrechte sind keine Urheberrechte. Machen wir uns dies an typischen Beispielen klar, nämlich an den Schutzrechten der Schauspieler und Musiker. Diese ausübenden Künstler erbringen zwar eine individuelle geistige Leistung, sie schaffen aber kein Werk. Sie reproduzieren vielmehr ein durch einen Urheber bereits früher geschaffenes Werk. Es geht hier also nicht um Urheberrechtsschutz, sondern um Leistungsschutz.
I. Überblick
154
Die Leistungsschutzrechte sind im zweiten Teil des UrhG und konkret in den §§ 79-95h UrhG geregelt. Der Gesetzgeber sieht die individuelle geistige Leistung der ausübenden Künstler (§§ 73–83 UrhG), der Lichtbildner (§ 72 UrhG), der Hersteller von Tonträgern (§§ 85 f. UrhG), der Sendeunternehmen (§ 87 UrhG), der Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70 UrhG) und der Herausgeber nachgelassener Werke (§ 71 UrhG) als schutzwürdige Leistungen an und fasst sie unter dem Begriff verwandte Schutzrechte zusammen. Darüber hinaus regelt er den Schutz des Datenbankherstellers (§ 87a ff. UrhG), den Schutz des Presseverlegers (§ 87 ff. UrhG) und Filmwerke (§ 88 ff. UrhG). Der Schutzinhalt der verwandten Schutzrechte ist teilweise speziell geregelt. Teilweise wird auch auf die grundsätzliche Geltung der urheberrechtlichen Bestimmungen verwiesen. Im Folgenden wollen wir einige besonders bedeutsame Leistungsschutzrechte kurz betrachten.
1. Computerprogramme
155
Wie bereits oben dargestellt, sind Computerprogramme den Sprachwerken zugeordnet (§ 2 I Ziff. 1 UrhG). Dementsprechend finden die für Sprachwerke geltenden Vorschriften Anwendung, soweit in den §§ 69a ff. UrhG nichts anderes bestimmt ist (§ 69a IV UrhG).
Was die Systematik angeht, so waren für die Einfügung eines besonderen Abschnittes über den Softwareschutz für den Gesetzgeber insbesondere Gründe maßgebend, die in wesensmäßigen Unterschieden zwischen der neuen Werkart Computerprogramm und den klassischen Werkarten liegen. Ein Computerprogramm ist nichts Isoliertes, in sich Abgeschlossenes, wie etwa ein Buch, ein Bild, sondern ist als Industrieprodukt darauf angelegt, mit anderen Elementen eines Datenverarbeitungssystemes zusammenzuwirken, erfordert also Kompatibilität. Der Inhalt eines Computerprogrammes erschließt sich nicht für jedermann ohne weiteres im Gegensatz zu den traditionellen Werkarten, wo jeder etwa ein Bild betrachten, ein Buch lesen kann. Computerprogramme liegen an der Grenze zwischen dem Urheberrecht traditioneller Art und anderen Rechtssystemen zum Schutz geistigen Eigentums (vgl. BT-Drucks. 12/4022 vom 18.12.1992, S. 7 f.).
Schutzgegenstand von Computerprogrammen sind nach § 69a I UrhG Programme in jeder Gestalt. Wir haben es hier mit einer weit gefassten Begriffsbestimmung zu tun, die weiteren Entwicklungen Rechnung trägt. Zum Computerprogramm gehört auch dessen Entwurfsmaterial.
156
Wie wir bereits wissen ist für Werke Konkretisierung in einer wahrnehmbaren Formgestaltung erforderlich. Dies gilt auch für Computerprogramme. Geschützt ist allein die Ausdrucksform, nicht geschützt sind Ideen, wissenschaftliche Lehren, Theorien sowie grundlegende Prinzipien. Dementsprechend sind nach § 69a II, 2 UrhG Ideen und Grundsätze, die einem Element eines Computerprogramms zugrunde liegen, einschließlich der den Schnittstellen zugrunde liegenden Ideen und Grundsätze, nicht geschützt.
157
Den wesentlichen Unterschied zu den traditionellen Werkarten bringt für Software § 69a III UrhG. Danach werden Computerprogramme bereits geschützt, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, dass sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind. Zur Bestimmung ihrer Schutzfähigkeit sind keine anderen Kriterien, insbesondere nicht qualitative oder ästhetische, anzuwenden. Maßgebend ist hier also die Individualität. Was die konventionellen Werkarten angeht, so sind nach § 2 II UrhG Werke nur persönliche geistige Schöpfungen. An solche stellt die Rechtsprechung bestimmte Anforderungen; die Gerichte verlangen, wie wir bereits wissen (Rn. 28 ff.), über Routinemäßiges, über die Masse des Alltäglichen, über Übliches Hinausgehendes. An die Individualität nach § 69a III UrhG werden jedoch geringere Anforderungen gestellt als an § 2 II UrhG. Das ist die erklärte Absicht des Gesetzgebers. Das bedeutet, dass nach § 69a III UrhG für Computerprogramme geringere Schöpfungshöhe ausreicht als nach § 2 II UrhG. Bereits ein durchschnittliches Computerprogramm genießt – Individualität vorausgesetzt – Urheberrechtschutz. Bringen wir dies vereinfacht in eine griffige Formel: Bei der Werkart Computerprogramm wird Urheberrechtsschutz die Regel und fehlende Gestaltungshöhe die Ausnahme sein, in der Tendenz also anders als bei den traditionellen Werkarten.
158
Das Urheberrecht an einem Computerprogramm steht dessen Schöpfer zu (§ 7 UrhG). Ist dies ein Arbeitnehmer und hat er das Computerprogramm in Wahrnehmung seiner Aufgaben oder nach den Anweisungen seines Arbeitgebers geschaffen, so ist ausschließlich der Arbeitgeber zur Ausübung aller vermögensrechtlichen Befugnisse an dem Computerprogramm berechtigt, sofern nichts anderes vereinbart worden ist (§ 69b UrhG).
159
Das Urheberrecht an einem Computerprogramm beinhaltet das ausschließliche Recht, dass allein der Rechtsinhaber, also der Schöpfer oder der Arbeitgeber, die Vervielfältigung, die Bearbeitung und jede Form der Verbreitung des Originals eines Computerprogramms oder von Vervielfältigungsstücken vornehmen darf. Des Weiteren steht nur ihm das Recht der drahtgebundenen oder drahtlosen Wiedergabe eines Computerprogrammes zu einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung in der Weise, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist (§ 69c Ziff. 1, 4 UrhG).
Was die Verbreitung angeht, so haben wir den Erschöpfungsgrundsatz bereits kennen gelernt. In Bezug auf Computerprogramme gilt diesbezüglich § 69c Ziff. 3, S. 2 UrhG: Wird ein Vervielfältigungsstück eines Computerprogramms mit Zustimmung des Rechtsinhabers im Gebiet der Europäischen Union im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht, so erschöpft sich das Verbreitungsrecht in Bezug auf dieses Vervielfältigungsstück mit Ausnahme des Vermietrechts.
Beispiel:
Das Unternehmen U hat bei dem Anbieter für Datenbanksoftware S eine Volumenlizenz erworben. Im Gegensatz zu Einzelplatzlizenzen erlauben Volumenlizenzen das Herunterladen der Lizenz von einer sicheren Website und die Verteilung der Einzellizenzen mittels eines Volumenlizenzschlüssels. Als U die Software nicht mehr im ursprünglichen Umfang benötigt, verkauft er einen Teil der Lizenzen aus der Volumenlizenz an den Händler H, der mit Gebrauchtsoftware handelt. H bietet nun diese Lizenzen zum Verkauf im Internet an. Hiergegen wehrte sich U mit einer Klage, die sich auf § 69c UrhG beruft. H auf der anderen Seite beruft sich auf den Grundsatz der Erschöpfung des Urheberrechts. Fraglich ist nun, ob der Erschöpfungsgrundsatz auch für den Weiterverkauf einer per Internet-Download gekauften Software gilt.
Diese Frage hat der Europäische Gerichtshof im Jahr 2012 in seinem Urteil im Fall UsedSoft gegen Oracle geklärt. Dieses wurde vom BGH im Jahr 2013 bestätigt (I ZR 129/08). Beide