Handbuch des Verwaltungsrechts. Группа авторов

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      Rechtmäßigkeit und demokratische Legitimation

      Die Rechtmäßigkeit des transnationalen Verwaltungsakts beurteilt sich (ebenso wie seine Wirksamkeit,[186] Korrektur oder Aufhebung sowie der Rechtsschutz[187]) nach dem für die Erlassbehörde einschlägigen Recht, während seine Anerkennung durch die übrigen Mitgliedstaaten auf Unionsrecht beruht.[188] In kritischer Perspektive wird zwar darauf hingewiesen, dass transnationale Verwaltungsentscheidungen nur im Erlassstaat nach den allgemeinen Grundsätzen demokratisch legitimiert sind, nicht aber in den anderen Mitgliedstaaten.[189] Zu bedenken ist aber, dass auch der sekundärrechtlichen Grundlage eine legitimationsstiftende Funktion zukommt.

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      Referenzentscheidungsmodell

      Der transnationale Verwaltungsakt i. e. S. ist abzugrenzen von Fällen, in denen das Handeln der nationalen Behörde eine bloße „mittelbare Transnationalität“ entfaltet.[190] Konkret ist an Verwaltungsentscheidungen zu denken, die nach dem sog. Referenzentscheidungsmodell[191] ergehen. Auch hier wird zwar zunächst die Entscheidungsbefugnis bei einem (Referenz-)Mitgliedstaat konzentriert. Zum Eintritt der grenzüberschreitenden Wirkungen bedarf es aber noch eines Anerkennungsaktes durch den jeweiligen (anderen) Mitgliedstaat in einem vereinfachten Verfahren mit reduziertem Entscheidungsprogramm. Zur Auflösung von Konflikten ist regelmäßig ein mehrstufiges „Divergenzbereinigungsverfahren“ mit Übergang der Entscheidungskompetenz auf die Kommission vorgesehen.[192] Exemplarisch hierfür steht die sukzessive Zulassung von Arzneimitteln nach den Kodizes für Human-[193] bzw. Tierarzneimittel[194]. Danach ist das in einem anderen Mitgliedstaat bereits zugelassene Arzneimittel grundsätzlich unionsweit anzuerkennen. Etwas anderes gilt aber dann, wenn eine „potenzielle schwerwiegende Gefahr“ für die öffentliche Gesundheit bzw. die Gesundheit von Mensch oder Tier oder für die Umwelt[195] diagnostiziert wurde. Können die Mitgliedstaaten keine Einigung erzielen, liegt die Entscheidung bei der im Komitologieverfahren entscheidenden Kommission.[196]

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      Abgrenzung

      Der bisweilen fließende Übergang zwischen Transnationalitäts- und Referenzentscheidungsmodell lässt sich anhand der gegenseitigen Anerkennung ausländischer Führerscheine innerhalb der EU veranschaulichen. Die einschlägige Regelung in Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG[197] statuiert zwar im Grundsatz eine Anerkennungspflicht für in anderen Mitgliedstaaten ausgestellte Fahr erlaubnisse, die an keine weiteren Handlungen der nationalen Verwaltungsbehörden geknüpft ist.[198] Zugleich wird es den Mitgliedstaaten aber durch Art. 11 Abs. 2 und 4 RL 2006/126/EG gestattet, „sich unter bestimmten Umständen und insbesondere aus Gründen der Sicherheit des Straßenverkehrs auf ihre innerstaatlichen Vorschriften über Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis in Bezug auf jeden Inhaber eines Führerscheins zu berufen, der seinen ordentlichen Wohnsitz in ihrem Hoheitsgebiet hat“.[199] Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch die im Schrifttum erfolgende primäre Zuordnung zum Referenzentscheidungsmodell,[200] wenngleich die Grundaussage des Art. 2 Abs. 1 RL 2006/126/EG eher in Richtung des Transnationalitätsmodells weist.[201]

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      Instrumentenmix

      Die Vielgestaltigkeit der Verbundverwaltung spiegelt sich auch in dem zum Einsatz kommenden Instrumentenmix wider.[202] Dieser reicht – neben der bereits skizzierten normativen Steuerung[203] und ohne Anspruch auf Vollständigkeit – vom Informationsaustausch und der Verpflichtung zur Amtshilfe über die Schaffung von Zustimmungs- und Vetorechten bis hin zur Einräumung von Weisungsbefugnissen und Selbsteintrittsrechten.

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      Informationsaustausch

      Basis einer funktionierenden Verbundverwaltung sind der Informationsaustausch und die hiermit verbundene Kompensation entsprechender Asymmetrien.[204] Das EU-Sekundärrecht statuiert daher zahlreiche Mitteilungs-, Berichts- und Beratungspflichten der Beteiligten. Daneben lassen sich auch Informationsbeschaffungspflichten ausmachen. Danach sind die Mitgliedstaaten nicht allein zur Übermittlung bereits vorliegender Informationen, sondern auch zu deren Erhebung beim Bürger oder den Unternehmen verpflichtet.[205] Nicht selten ist der polydirektionale Informationsaustausch mit dem Aufbau unionsweiter Informationssysteme verbunden.[206] Exemplarisch hierfür stehen das von den nationalen Zollverwaltungen gespeiste Zollinformationssystem (ZIS)[207] oder die Schnellwarnsysteme für die allgemeine Produktsicherheit (RAPEX)[208] sowie für Lebens- und Futtermittel (RASFF)[209].[210] Im Wege informationeller Kooperation können Unionseinrichtungen den indirekten Vollzug des Unionsrechts im Übrigen selbst dann niedrigschwellig beeinflussen, wenn ihnen des Weiteren keine Aufsichtsbefugnisse gegenüber den nationalen Behörden zukommen.[211]

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      Amtshilfe

      Sowohl die Behörden der Mitgliedstaaten als auch die Kommission werden in einer Vielzahl sekundärrechtlicher Vorschriften zur gegenseitigen (vertikalen wie horizontalen) Amtshilfe verpflichtet.[212] Im Hintergrund steht das übergreifende Ziel, die Verwaltung im Unionsraum durch organisatorisch getrennte nationale Behörden funktional zu vereinfachen, zu koordinieren und zu vereinheitlichen.[213] Exemplarisch hierfür steht die Dienstleistungs-RL 2006/123/EG,[214] zu deren Umsetzung die unionale Amtshilfe[215] auch erstmals im deutschen Verwaltungsrecht normiert wurde (vgl. insbes. §§ 8a–8e VwVfG).[216] Ein weiteres prägnantes Beispiel aus dem Binnenmarktrecht bildet die horizontale und vertikale Amtshilfe zwischen den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten bei der Ermittlung von Kartellrechtsverstößen (Art. 22 Abs. 1 und 2 Kartell-Verordnung [EG] 1/2003[217]). Von erheblicher Bedeutung ist die Amtshilfe daneben z. B. auch im Bereich des europäischen Steuerrechts (Vollstreckungsamtshilfe, steuerstrafrechtliche Amtshilfe, Informationsaustausch).[218]

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      Zustimmungs- und Vetorechte

      Als Form der vertikalen Koordination stellen sich Zustimmungs- und Vetorechte der Kommission beim Erlass von Maßnahmen der Mitgliedstaaten dar.[219] Ein überkommenes Beispiel bildet die Genehmigungsbedürftigkeit zu notifizierender neuer Beihilfen (Art. 108 Abs. 3 AEUV). Daneben besteht z. B. im Telekommunikationssektor ein Vetorecht der Kommission sowohl im Hinblick auf die Ermittlung potenziell regulierungsbedürftiger Märkte (Marktdefinition) als auch bei der Identifizierung eines oder mehrerer Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht (Marktanalyse) durch die nationale Regulierungsbehörde.[220] Bisweilen werden auch andere Stellen einbezogen wie beim eng begrenzten Double-lock veto von Kommission und GEREK gegenüber bestimmten, auf Marktdefinition und -analyse aufbauenden nationalen Abhilfemaßnahmen nach Maßgabe des 2018 angenommenen Kodex für die elektronische Kommunikation.[221]

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      Weisungsrechte

      Eine punktuelle Verwirklichung findet der Gedanke einer Verwaltungshierarchie zudem in sekundärrechtlich eingeräumten Weisungsrechten der europäischen Ebene. Erlangt die Kommission etwa im Bereich des Produktsicherheitsrechts Kenntnis davon, dass bestimmte Güter eine „ernste Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher in mehr als einem Mitgliedstaat“ bedeuten, dann kann sie die Mitgliedstaaten unter näher definierten Voraussetzungen zum Erlass geeigneter Maßnahmen verpflichten.[222] Im Beihilferecht sind die Brüsseler Wettbewerbshüter/-innen ermächtigt, „Aussetzungs-“ und „Rückforderungsanordnungen“ bzw. „Rückforderungsbeschlüsse“ gegenüber den Mitgliedstaaten zu treffen.[223] Bemerkenswert ist im Übrigen, dass Weisungen gegenüber der nationalen Verwaltung auch durch Agenturen ausgesprochen werden

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