Handbuch des Verwaltungsrechts. Группа авторов

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nicht immanent ist.[20]

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      Kooperation und Hierarchie

      Unter dem deskriptiven Ordnungskonzept[21] des Verwaltungsverbunds sollen vielmehr die Prinzipien der mitgliedstaatlichen Verfahrensautonomie einerseits sowie der Effektivität und Äquivalenz andererseits zusammengeführt werden.[22] Inhaltlich geht es um auf Dauer angelegte (nicht nur punktuell-sporadische) Kooperations- und Verflechtungsphänomene. Diese können sowohl vertikal zwischen EU-Administration und mitgliedstaatlichen Verwaltungen als auch horizontal zwischen den nationalen Verwaltungen unter dem Dach der Union angelegt sein.[23] Damit lässt sich der Verbund als „Verschränkung zweier Organisationsprinzipien, der Prinzipien der Kooperation und der Hierarchie“[24], begreifen.

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      Intensitätsschwelle

      In Abgrenzung von der bloßen Verwaltungskooperation müssen diese Verflechtungsphänomene eine gewisse Intensitätsschwelle überschreiten, damit von einem Verwaltungsverbund gesprochen werden kann.[25] Mit Blick auf die schwierig zu ermittelnde (graduelle) Trennung werden unterschiedliche Anforderungen formuliert. Richtigerweise setzt die Annahme einer Verbundverwaltung notwendig voraus, dass sich im Verhältnis zwischen europäischen und mitgliedstaatlichen Verwaltungsstellen auch Elemente hierarchischer Verwaltung finden.[26] Diese können z. B. in einer Betrauung der Kommission mit übergeordneten Aufsichts- und Kontrollbefugnissen oder in der Einräumung von Selbsteintrittsrechten bestehen.[27] Wenn hiergegen eingewandt wird, dass „Verbindungen“ auch auf Ebene der Gleichordnung erfolgen können,[28] wird übersehen, dass sich der Verwaltungsverbund als Steigerung einer bloßen Verwaltungskooperation durch die substanzielle Verschränkung beider Organisationsprinzipien auszeichnet. Zu restriktiv erscheint es freilich, wenn eine Zusammenarbeit in allen Phasen der Entscheidungsfindung und Durchführung gefordert wird.[29] Ein solches Erfordernis der Omnipräsenz würde das Verbundkonzept unnötig einengen.[30]

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      Typologie der Verbundsysteme

      Zur weiteren Systematisierung der vielgestaltigen Erscheinungsformen einer Vollzugsteilung und -verflechtung dient die auf Wolfgang Kahl zurückgehende „materiale Typologie“ der Verbundsysteme.[31] Danach gliedert sich der Europäische Verwaltungsverbund zunächst in die Kerntypen des Vollzugs-, Lenkungs- und Aufsichtsverbunds.[32] Hinzu treten als nicht trennscharf zuordenbare „Mischformen“ der Regulierungs- und der Planungsverbund.[33] Den übrigen Verbundtypen vorgelagert ist schließlich der querschnittsartige Informationsverbund, dem eine primär dienende Funktion als wesentliche Voraussetzung für eine(n) wirksame(n) Vollzug, Lenkung, Aufsicht, Regulierung und Planung zukommt.[34] In konkreten Referenzgebieten treten diese unterschiedlichen Verbundsysteme regelmäßig in Kombination auf.[35] Die vorstehende Typologie liefert daher eine wertvolle Hilfestellung bei der Bestimmung des Telos von Verbundverfahren, ohne dass damit freilich eine trennscharfe Systematisierung verbunden wäre.

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      Ausdifferenzierung der Kategorien von Verbundverfahren

      Eine weitere Ausdifferenzierung der vertikalen und horizontalen Verbundverfahren hat Thorsten Siegel vorgeschlagen und anhand des REACH-Systems für Chemikalien[36] veranschaulicht.[37] Danach finden erstens gestufte Verfahren zunächst innerhalb europäischer Einrichtungen („intravertikal“) statt. Zweitens existieren vertikale Stufungen zwischen der EU-Verwaltung und den mitgliedstaatlichen Stellen („intervertikal“). Die „interhorizontale“ Vernetzung beschreibt drittens eine solche zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten. Viertens sollen „intrahorizontale“ Verfahren die Unionseinrichtungen miteinander vernetzen, ohne abstufenden Charakter aufzuweisen. Die Typologisierung veranschaulicht einerseits prägnant den Facettenreichtum der vertikalen und horizontalen Verbundstrukturen beim Vollzug des Unionsrechts. Andererseits ist im Blick zu behalten, dass prägend für den europäischen Verwaltungsverbund die Vernetzung der mitgliedstaatlichen und unionalen Verwaltungen, mithin eine Beteiligung unterschiedlicher Rechtsträger, ist. Vor diesem Hintergrund können rechtsträgerinterne („intravertikale“ und „intrahorizontale“) Verflechtungen von vornherein nur einen ergänzenden Baustein bilden, nicht aber als solche die Existenz eines Europäischen Verwaltungsverbunds begründen.

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      Systembildung für die Verwaltungskooperation

      Als wirkmächtiger im wissenschaftlichen Diskurs erwies sich eine auf Gernot Sydow zurückgehende neue Systembildung für die Verwaltungskooperation beim Vollzug des Unionsrechts. Danach existieren vier Grundmodelle, die in unterschiedlichen Ausgestaltungen durch das einschlägige EU-Sekundärrecht reflektiert werden und sowohl vertikale als auch horizontale Verbundstrukturen erfassen. Namentlich handelt es sich um das „Direktvollzugsmodell“, das „Einzelvollzugsmodell“, das „Transnationalitätsmodell“ und das „Referenzentscheidungsmodell“.[38] Während mit dem Direktvollzugsmodell der eigenständige Vollzug durch die Unionsorgane erfasst wird, adressiert das Einzelvollzugsmodell den isolierten Vollzug durch die Mitgliedstaaten für ihren jeweiligen Hoheitsbereich. Zunehmend auftretende Sonderformen des indirekten Vollzugs in Verbundsystemen stellen das Transnationalitäts- und das Referenzentscheidungsmodell dar. Bei ersterem liegen die Vollzugs- und Entscheidungsbefugnisse zentral in der Hand eines einzigen Mitgliedstaats, der zugleich für alle anderen entscheidet.[39] Im Referenzentscheidungsmodell bedarf die Entscheidung eines Mitgliedstaates dagegen noch der Rezeption durch die anderen Mitgliedstaaten in einem Anerkennungsverfahren.[40] Es entscheidet hier also nicht „einer für alle“ (wie beim Einzelvollzugsmodell), sondern „einer vorab“.[41] Zur Auflösung etwaiger Meinungsverschiedenheiten wird ein Divergenzbereinigungsverfahren etabliert, das in einer staatengerichteten Entscheidung der Europäischen Kommission (nach dem Komitologieverfahren) mündet.[42] Mit diesen vier Grundmodellen wird ein analytischer Ordnungsrahmen etabliert, der eine systematische Erfassung des disparaten Normbestands und die Identifikation „systemprägender Grundstrukturen“ ermöglicht.[43] Zugleich gilt es zu erkennen, dass einzig das Referenzentscheidungsmodell bereits aus sich heraus ein Kooperationselement beinhaltet.[44] Dessen ungeachtet kann eine entsprechende vertikale oder horizontale Verzahnung je nach sekundärrechtlicher Ausgestaltung auch in den anderen drei Modellen erfolgen.[45]

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      Verbundverwaltung als dritte Kategorie?

      Kontrovers diskutiert wird, ob die Verbundverwaltung als eigenständige dritte Kategorie des europäischen Verwaltungsrechts neben den direkten und den indirekten Vollzug tritt.[46] Insoweit gilt es zu bedenken, dass sich Phänomene der Vollzugsteilung und -verflechtung sowohl im Bereich des Eigenverwaltungsrechts der EU als auch im Unionsverwaltungsrecht zeigen.[47] Das Verbundverwaltungsrecht schiebt sich gleichsam zwischen diese beiden Schichten und überlagert sie integrativ.[48] Es handelt sich mithin nicht um einen kategoriell eigenständigen Teil des europäischen Verwaltungsrechts, sondern um eine neuartige Form der Mischverwaltung.

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      Dritte Phase der Europäisierung

      Wenngleich die Europäischen Gemeinschaften von Beginn an auch als Verwaltungsgemeinschaften konzipiert waren,[49] rückte das Phänomen der Verbundverwaltung erst spät in den Fokus. Einen bedeutenden Schritt markiert die Mitteilung der Kommission „über die Entwicklung der Zusammenarbeit der Verwaltungen bei der Anwendung und Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts für den Binnenmarkt“ vom 16. Februar 1994. Darin wurden weitere Schritte zur Intensivierung der administrativen Zusammenarbeit unter den Mitgliedstaaten sowie zwischen diesen und der Kommission skizziert.[50] Näher herausgebildet hat sich das neue Paradigma des

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