Handbuch des Verwaltungsrechts. Группа авторов

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gleichsam eine dritte Phase der Europäisierung ein.[53] Eine wichtige Wegmarke setzte der Vertrag von Lissabon mit der bereits erwähnten Einfügung des Titels „Verwaltungszusammenarbeit“ (Art. 197) in den AEUV.[54] Möglich wurde diese Entwicklung angesichts des auf Unionsebene fehlenden Verbots der Mischverwaltung[55] sowie der zunehmenden Ausdifferenzierung des Verwaltungshandelns im Sekundärrecht.[56] Seither hat sich eine Vielzahl bedeutender Referenzgebiete für eine europäische Verbundverwaltung herausgebildet. Sie reichen von der Bankenaufsicht[57] und dem Datenschutzrecht[58] über das Produktzulassungsrecht,[59] das Stoffrecht,[60] die Strukturfonds[61], das Planungsrecht[62] und das Umweltrecht,[63] bis hin zur Regulierung in den Netzsektoren Energie,[64] Telekommunikation[65] und Eisenbahnen[66].

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      Verwandte Begriffe

      Das Konzept des Verwaltungsverbunds bedarf über die Bestimmung des Verhältnisses zur Verwaltungskooperation hinaus[67] auch der Abgrenzung von verwandten Figuren und besonderen Erscheinungsformen wie der Europäisierung, dem Staaten- und Verfassungsverbund, dem Regulierungsverbund, den Netzwerken oder dem europäischen Verwaltungsraum.

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      Europäisierung

      Die Europäisierung umfasst den Prozess fortschreitender Beeinflussung, Überformung und Durchdringung der nationalen Verwaltungsrechtssysteme durch europäisches Rechtsdenken und -handeln.[68] In kritischer Perspektive ist insoweit eingewandt worden, es handele sich um eine „undifferenzierte[n] Denkfigur“, mit der die Verbundverwaltung nicht sachgerecht abgebildet werde.[69] Zwar erfasst die Europäisierung auch Bereiche, die weitgehend von nationalen Behörden ohne Vollzugsverflechtungen vollzogen werden.[70] Beim Verwaltungsverbund stehen überdies weniger die Einwirkungen auf das nationale Verwaltungsrecht als vielmehr die neu entstandenen Verwaltungsstrukturen im Fokus.[71] Wenn daraus aber auf eine Abkehr von der Europäisierung als Denkfigur und die verstärkte Hinwendung zum Konzept des europäischen Verwaltungsverbunds geschlossen wird,[72] kann dies nicht überzeugen. Zu bedenken ist insoweit, dass es sich bei der Verbundverwaltung nur um eine Vollzugsvariante handelt, die zwischen die beiden fortbestehenden Schichten des Eigenverwaltungs- und Unionsverwaltungsrechts tritt.[73] Die Metapher des Europäischen Verwaltungsverbunds adressiert mithin „nur“ einen (wichtigen) Aspekt des weiter gefassten Begriffs der Europäisierung.

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      Staaten- und Verfassungsverbund

      Der Verwaltungsverbund ergänzt die hergebrachten Konzepte des europäischen Staaten- und Verfassungsverbundes um eine administrative Perspektive. Während der Staatenverbund im Verständnis des BVerfG[74] die nationalstaatliche Legitimationsvermittlung betont, stellt die auf Ingolf Pernice zurückgehende Figur des Verfassungsverbunds[75] stärker auf die Integrationswirkung ab.[76] Der Verwaltungsverbund zeichnet sich durch eine – um intergouvernementale Elemente ergänzte – Verflechtung einzelstaatlicher und integrativer Komponenten aus.[77] Er greift existierende Ansätze zur bündischen Struktur der EU als „Integrationsverbund“[78] in der Konkretion einer Verbundverwaltung auf.[79]

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      Regulierungsverbund

      Ein Spezifikum stellt der sog. Regulierungsverbund dar. Bisweilen wird er als „Mischform“ qualifiziert die sich einer klaren Zuordnung zu den Kerntypen des Vollzugs-, Lenkungs- und Aufsichtsverbunds entzieht,[80] während andere Stimmen[81] weitergehend von einer „neuen Qualität“ gegenüber den klassischen Ausprägungen des Verwaltungsverbunds sprechen. Beispiele begegnen in den durch monopolistische Engpassbereiche gekennzeichneten Netzwirtschaften.[82] Die nationalen und europäischen Instanzen geben hier nicht nur einen Rahmen vor und reagieren in der Kontrollperspektive, sondern organisieren und gestalten proaktiv einen Markt. Vor diesem Hintergrund erklärt sich die Einordnung als „eigenständige[r] Sonderfall“ des Verwaltungsverbunds.[83] Zu weitgehend erscheint es indes, wenn sogar eine kategoriale Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Regulierungsverbund erwogen wird.[84] Hierfür lässt sich auch nicht das dem Regulierungsverbund inhärente „Flexibilitäts-Kohärenz-Dilemma“ in Stellung bringen.[85] Danach zielen Netzwerk- und Verbundstrukturen sowohl auf eine einheitliche und effektive Durchsetzung des Unionsrechts als auch darauf, den nationalen Behörden dezentrale Vollzugsspielräume zu belassen.[86] Zur Auflösung dieser prima facie gegenläufigen Anforderungen werden Unionsstellen und nationale Behörden in einen „verdichteten“ Prozess der Regulierung einbezogen.[87] Insoweit ist zwar zuzugeben, dass die Intensität der Verflechtung im Regulierungsverbund eine besondere Ausprägung erfährt. Zu bedenken ist aber, dass die Spannungslage zwischen Flexibilität des Vollzugs und Einheitlichkeit der Rechtsanwendung letztlich alle Formen der Verbundverwaltung kennzeichnet.[88] Vor diesem Hintergrund spricht mehr für eine Einordnung des Regulierungsverbunds als Unterfall des Verwaltungsverbunds.[89]

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      Netzwerk

      Das Konzept des Europäischen Verwaltungsverbunds ist durch Verbindungslinien zum (deskriptiven) Netzwerkbegriff gekennzeichnet.[90] In der Soziologie wird hierunter ein Geflecht von sozialen Beziehungen verstanden, in das Individuen, kollektive oder kooperative Akteure eingebunden sind.[91] In rechtswissenschaftlicher Perspektive ist die „Netzwerkartigkeit“ der Verwaltungszusammenarbeit als Indikator eines Übergangs von der bloßen Kooperation zum Verwaltungsverbund ausgemacht worden.[92] Zu bedenken ist aber, dass Netzwerke durch die Gleichordnung ihrer Mitglieder und das Fehlen hierarchischer Elemente geprägt werden.[93] Daher kommen Netzwerkstrukturen regelmäßig im Rahmen internationaler Zusammenarbeit zum Einsatz.[94] „Grund, Grad und Verdichtung“ der Zusammenarbeit können erheblich variieren.[95] Bei isolierter Betrachtung mangelt es allerdings regelmäßig an der im Verwaltungsverbund geforderten Verschränkung der Organisationsprinzipien von Kooperation und Hierarchie. Dessen ungeachtet machen Ausnahmen wie das Selbsteintrittsrecht der Kommission in Kartellverfahren[96] deutlich, dass Netzwerke im Einzelfall die Intensitätsschwelle zum Verwaltungsverbund überschreiten können.[97] Die Trennlinie ist mithin unscharf, was auch darin zum Ausdruck kommt, dass Netzwerke vielfach als Baustein von existierenden Verwaltungsverbünden agieren.[98]

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      Europäischer Verwaltungsraum

      Die Metapher des europäischen Verwaltungsraums wurzelt in den Diskussionen um die mögliche Entstehung eines European Administrative Space.[99] In den Fokus ist diese Entwicklung im Kontext der EU-Osterweiterung geraten.[100] Zum Begriff ist allerdings schon damals kritisch angemerkt worden, dass dieser eine Heterogenität mitgliedstaatlicher Verwaltungsstrukturen, ‑praktiken und -traditionen konzeptionell erfassen müsste, für die es keine annähernde Entsprechung gibt.[101] Zwar weisen Befürworter/-innen der Verwaltungsraumidee auf eine mögliche Öffnung zum sich formierenden internationalen Verwaltungsrecht hin.[102] Nicht zu verkennen ist aber, dass sich der Europäische Verwaltungsverbund aufgrund der Intensität der in ihm existierenden Rechtsbeziehungen von einem solchen globalen Verwaltungsraum[103] erkennbar abgrenzen würde.[104]

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      Funktionenvielfalt

      Die Funktionenvielfalt der Verbundverwaltung hat sich bereits im Vorschlag einer Typologie unterschiedlicher Verbundsysteme angedeutet.[105] Des Näheren sind fünf Funktionalitäten hervorzuheben, deren Zusammentreffen die Vorzüge einer Verbundverwaltung bündelt.[106] Erstens soll eine wirksame und gleichförmige Anwendung des Unionsrechts

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