Grundlagen des Internationalen Steuerrechts. Sebastian Korts
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Mit der Umsetzung der europäischen ATAD-Richtlinien141 in deutsches Recht142 sind auch die Regelungen der Hinzurechnungsbesteuerung reformiert worden. Ob damit tatsächlich sämtliche unionsrechtlichen Bedenken ausgeräumt sind, mag bezweifelt werden.
§ 9 des StAbwG143 sieht für Gesellschaften, die in einem nicht kooperativen Steuergebiet gemäß der sog. „schwarzen Liste“ der EU144 ansässig sind, eine Verschärfung der Hinzurechnungsbesteuerung der §§ 7ff. AStG vor. Danach sind solche Gesellschaften über § 8 Abs. 1 AStG hinaus und ungeachtet von § 8 Abs. 2 bis 4 und § 9 AStG Zwischengesellschaft für ihre gesamten Einkünfte, die insgesamt einer niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Abs. 5 AStG unterliegen. Diese Verschärfung gilt auch bei in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet gelegenen Betriebsstätten eines unbeschränkt Steuerpflichtigen für Zwecke des § 20 Abs. 2 AStG für sämtliche Einkünfte der Betriebstätte.
2. Voraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung
a) Steuerpflicht inländischer Gesellschafter/Beteiligung an ausländischer Zwischengesellschaft
Sind eine oder mehrere unbeschränkt steuerpflichtige, natürliche oder juristische Personen an einer ausländischen Gesellschaft zu mehr als 50 % beteiligt, so sind gemäß § 7 Abs. 1 AStG a.F. die Zwischeneinkünfte der ausländischen Gesellschaft bei den inländischen Anteilseignern mit dem auf diese entfallenen Teil steuerpflichtig. Bei der Ermittlung der Beteiligungshöhe zählen gemäß § 7 Abs. 2 und 3 AStG a.F. auch mittelbare Beteiligungen über zwischengeschaltete Kapital- und Personengesellschaften. Gemäß § 7 Abs. 4 AStG a.F. sind auch die Anteile einer Person der Beherrschungsquote zuzurechnen, die den Weisungen des Steuerpflichtigen folgt oder so folgt, dass kein eigener wesentlicher Beherrschungsraum bleibt.
Nach der Neufassung von § 7 AStG145 ist eine Abkehr von der „Inländerbeherrschung“ hin zur „Konzernbeherrschung“ vorgenommen worden. Tatbestandsmerkmal einer Hinzurechnungsbesteuerung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 AStG n.F. ist nunmehr die Beherrschung der Zwischengesellschaft. Eine solche liegt nach § 7 Abs. 2 AStG n.F. vor, wenn dem Steuerpflichtigen allein oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen mehr als die Hälfte der Stimmrechte oder mehr als die Hälfte der Anteile am Nennkapital unmittelbar oder mittelbar zuzurechnen sind oder unmittelbar oder mittelbar ein Anspruch auf mehr als die Hälfte des Gewinns oder des Liquidationserlöses dieser Gesellschaft zusteht. Gem. § 7 Abs. 3 AStG n.F. kann auch eine Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft nahestehende Person sein. § 7 Abs. 4 AStG n.F. sieht nach wie vor ein Nahestehen auch durch abgestimmtes Verhalten vor. Neu ist weiterhin, dass gemäß § 7 Abs. 1 S. 4 AStG n.F. auch beschränkt Steuerpflichtige der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen können.
b) Einkünfte von Zwischengesellschaften
Zwischeneinkünfte im Sinne der §§ 7ff. AStG sind solche, die durch passiven Erwerb ausländischer Gesellschaften anfallen und einer niedrigen Besteuerung unterliegen, § 8 Abs. 1 AStG. Auch Veräußerungsgewinne der Zwischengesellschaft sind durch die Gesetzesänderung146 explizit in dem Katalog der aktiven Einkünfte des § 8 Abs. 1 AStG n.F. aufgenommen worden.
Einkünfte durch passiven Erwerb
Der Begriff der passiven Einkünfte ist negativ definiert, darunter fallen sämtliche Einkünfte, die nicht aus aktiven Tätigkeiten i.S.d. Katalogs des § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 10 AStG a.F./§ 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 9 AStG n.F.147 stammen.
Diese Konstruktion wird von der Wirtschaft bedauert, denn neue Formen der grenzüberschreitenden Tätigkeiten sind automatisch passive Einkünfte, da sie im Katalog nicht erfasst sind. Es bestehen zudem unionsrechtliche Bedenken gegen den Aktivkatalog des § 8 Abs. 1 AStG, da dieser den Mindeststandards der ATAD148 nicht genüge; Art. 7 Abs. 2 ATAD sieht hinsichtlich der Einkünfte einen Passivkatalog vor.
c) Gegenbeweis gemäß § 8 Abs. 2 AStG a.F./§ 8 Abs. 2 bis 4 AStG n.F.
§ 8 Abs. 2 AStG a.F. ermöglicht dem unbeschränkt Steuerpflichtigen, der im Sinne des § 7 Abs. 2 oder Abs. 6 AStG a.F. an einer Gesellschaft mit Sitz oder Geschäftsleitung in einem EU-Mitgliedstaat oder einem EWR-Vertragsstaat beteiligt ist, nachzuweisen, dass diese Gesellschaft hinsichtlich der betroffenen Einkünfte einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit in diesem Staat nachgeht und daher keine Zwischengesellschaft für diese Einkünfte darstellt (Gegenbeweis). Dies betrifft allerdings nur diejenigen Einkünfte der Gesellschaft, die durch diese Tätigkeit erzielt werden und auch nur insoweit, als der Fremdvergleichsgrundsatz des § 1 AStG beachtet worden ist.
Voraussetzung für den Gegenbeweis ist, dass zwischen Deutschland und dem anderen Staat entweder per EU-Amtshilfegesetzes oder einer vergleichbaren zwei- oder mehrseitigen Vereinbarung Auskünfte erteilt werden, die für die Durchführung der Besteuerung erforderlich sind.
Der Gegenbeweis ist nach Gesetzeswortlaut nicht möglich für die der Gesellschaft nach § 14 AStG a.F. zuzurechnenden Einkünfte einer Untergesellschaft, die weder Sitz noch Geschäftsleitung in einem EU-Mitgliedstaat oder einem EWR-Vertragsstaat hat, und auch nicht für Zwischeneinkünfte,
die einer Betriebsstätte der Gesellschaft außerhalb der EU oder des EWR-Abkommens zuzurechnen sind. Diese Regelung wurde vom EuGH allerdings als unionsrechtswidrig eingestuft, da sie gegen die unionsrechtlich verbürgte Kapitalverkehrsfreiheit verstößt, die – anders als die Niederlassungsfreiheit – grundsätzlich auch im Verkehr mit Drittstaaten geschützt ist.149
Mit der gesetzlichen Neufassung des „Gegenbeweises“150 wurde die bisherige Vorschrift des § 8 Abs. 2 AStG aufgeteilt in die neuen Absätze 2 bis 4. Absatz 2 n.F. enthält die Ausnahme, wonach eine ausländische Gesellschaft nicht Zwischengesellschaft ist für Einkünfte, für die nachgewiesen wird, dass die Gesellschaft in dem Staat, in dem sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, insoweit einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Absatz 3 n.F. schränkt die Möglichkeit des Gegenbeweises nach Absatz 2 n.F. auf Gesellschaften ein, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens haben. Absatz 4 n.F. enthält die weitere Voraussetzung für den Gegenbeweis, nämlich die Auskunftserteilung im Rahmen des zwischenstaatlichen Informationsaustausches mit dem Sitzstaat der Gesellschaft.
§ 8 Abs. 2 AStG n.F. sieht weitere Konkretisierungen für den Gegenbeweis vor. So muss die Gesellschaft eine