Die Vampirschwestern – Der Meister des Drakung-Fu. Franziska Gehm

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Die Vampirschwestern – Der Meister des Drakung-Fu - Franziska Gehm Die Vampirschwestern

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und Silvania warfen sich einen kurzen, besorgten Blick zu.

      „Also, wenn es Liebeserklärungen sind“, sagte Silvania zögernd, „dann sehr ungewöhnliche.“

      „Vielleicht sind es aber auch nur Appetitserklärungen“, warf Daka ein.

      Helene nickte und starrte auf den gemalten Vampir auf ihrem Arm. Ihre sonst strahlend hellblauen Augen waren stumpf und fast grau. „Meint ihr, ich soll den Kontakt lieber abbrechen?“ Als Helene ihre Freundinnen fragend ansah, schimmerten Tränen in ihren Augen.

      Silvania stand auf und strich Helene über den Arm. Daka flog vom Birnbaum und setzte sich neben Helene auf die Liegestuhllehne.

      „Nein“, sagte Silvania, „du musst nur vorsichtig sein, solange du dir nicht sicher bist, was er von dir will.“

      „Na ja, was er so bis jetzt geschrieben hat …“ Helene schnaubte. „Da ist die Sache ja wohl klar. Frischblut bin ich, mehr nicht.“

      „Gumox“, sagte Daka. „Murdo ist ein cooler Typ. Er muss sein geheimnisvolles, verwegenes Image bewahren. Er kann doch nicht einfach einem Menschenmädchen irgendetwas vorsäuseln. Wie sieht denn das aus? Seine Fans wären so was von enttäuscht.“

      Silvania nickte. „Und er ist ein Künstler. Du darfst nicht alles wörtlich nehmen, was er dir schreibt. Wenn er sagt, er findet dich zum Anbeißen, dann will er dich bestimmt nicht beißen, sondern nur …“

      „… ein bisschen an dir knabbern“, ergänzte Daka.

      Helene zog die Augenbrauen zusammen.

      Auf einmal gab der Laptop ein Geräusch von sich, als hätte ein Pfeil auf einer Zielscheibe mitten ins Schwarze getroffen.

      „Kerul!“, riefen Daka und Silvania wie aus einem Mund.

      Helene sah neugierig zum Laptop. Sie wusste schon, dass die Vampirschwestern die ganzen letzten Tage über fast ständig in Kontakt mit ihrem geheimnisvollen, virtuellen mongolischen Zwilling gestanden hatten.

      „Komm, du musst dir unbedingt mal seine Jurte ansehen.“ Daka zog Helene aus dem Liegestuhl.

      „In Wirklichkeit wohnt er auch in einer Jurte, aber in einer unterirdischen, die in den Boden eingelassen ist. Und diese Jurte ist riesengroß“, erklärte Silvania.

      „Denn sein ganzes Heimatdorf lebt in diesem gigantischen Zelt“, sagte Daka.

      „Und wenn die Vampgolen tagsüber schlafen, legen sie sich nicht in einen Sarg, wie jeder normale Vampir, sondern rollen sich in einen alten Teppich ein“, fuhr Silvania fort.

      „Wie lauter Vampir-Hot-Dogs muss das aussehen“, steuerte Daka bei.

      Silvania, Helene und Daka setzten sich vor den Laptop. Keruls Jurte erschien und sie traten mit einem Mausklick ein. Oben am Jurtendach waren mehrere Leinen gespannt. „Die sind zum virtuellen Abhängen“, erklärte Daka.

      „Wieso steht da in der Ecke ein Hirsch?“, fragte Helene. „Ist das etwa … Keruls Lieblingsessen?“

      „Das ist ein Maralhirsch. Kerul hat uns erklärt, dass es sehr stolze und wunderschöne Tiere sind“, erwiderte Silvania. „Er schwingt sich gerne auf ihren Rücken und reitet sie in der Hocke.“

      „Maralsurfing“, fügte Daka hinzu. „Kerul hat total abgefahrene Hobbys.“

      „Ja, er sammelt Pflanzen, trocknet sie und presst sie in einem Buch“, erzählte Silvania.

      Daka runzelte die Stirn. „Ich meinte eigentlich das Drakung-Fu. Kerul ist ein junger Krieger, musst du wissen.“

      „Herrscht in der Mongolei Krieg?“, fragte Helene.

      „Nein, aber alle jungen Vampgolen werden, sobald sie die ersten paar Meter fliegen können, im Drakung-Fu unterrichtet. Das ist eine vampgolische Kampfkunst und ein Lebensprinzip.“

      Daka sprang in die Luft, streckte abwechselnd einen Arm und ein Bein aus und fuchtelte wild mit den Armen herum, als wollte sie die Luft zerhacken. „Ha! Hu! Zong! Dai! Wong!“, schrie sie dabei.

      „Ein Drakung-Fu-Krieger setzt alles beim Kampf ein: seine Arme, Beine, Eckzähne, aber vor allem seine Weisheit, seinen Instinkt und seinen Mut“, erklärte Silvania.

      „Und seine unbändige Kraft“, rief Daka und schlug mit der Handkante auf Silvanias Ordner. Sie grinste den Schmerz einfach weg. Wie ein echter Drakung-Fu-Krieger.

      Silvania warf ihrer Schwester einen warnenden Blick zu und zog den Ordner auf ihren Schoß. Dann spuckte sie dreimal auf Dakas Handkante. Das war ein bewährter vampwanischer Brauch gegen Schmerzen.

      „Und wie hat euch Kerul das alles erzählt? Ich meine, schreibt ihr euch auf Vampwanisch oder habt ihr einen Schnellkurs Mongolisch gemacht?“, fragte Helene.

      „Kerul kann Deutsch“, sagte Daka.

      Silvania nickte. „Drakung-Fu ist nicht nur ein Kampfsport, sondern da steckt eine Philosophie dahinter. Und die besagt unter anderem, dass ein Schüler des Drakung-Fu fünf Sprachen erlernen soll. Denn hinter jeder fremden Sprache verbergen sich eine fremde Welt und Kultur, die den mongolischen Horizont des Schülers enorm erweitern.“

      „Und deshalb kann Kerul nicht nur Mongolisch und Vampwanisch, sondern auch Deutsch, Isländisch, Bengali, Sorbisch und Sächsisch“, ergänzte Daka.

      „Eins verstehe ich nicht“, sagte Helene nachdenklich. „Kerul ist ein Krieger. Er surft auf Hirschen. Er lebt in einer unterirdischen Jurte viele Tausend Kilometer entfernt in der Mongolei. Ihr habt überhaupt nichts mit ihm gemeinsam. Wieso ist er euer virtueller Zwilling?“

      „Keine Ahnung. Das hat der Portokulator sich ausgedacht“, erwiderte Daka.

      „Vielleicht hat er sich verrechnet“, überlegte Helene laut.

      Silvania zuckte mit den Schultern. „Und wenn schon. Ich finde es total aufregend, einen virtuellen Zwilling in der Mongolei zu haben.“

      „Und Kerul findet uns total aufregend.“ Daka kratzte sich am Ohr. „Glaub ich.“

      „Außerdem braucht er uns“, fuhr Silvania fort. „Er hat gesagt, wir sind seine einzigen Freunde. Er lebt mit seiner Mutter allein. Sie sind erst später in das Dorf gezogen und Kerul hat nie so richtig Anschluss gefunden. Im Vampgolengarten haben ihn die anderen wegen seiner großen Nase aufgezogen. Nasenaffe haben sie ihn gerufen.“

      „Und in der Schule wollte sich keiner neben ihn setzen, weil er auf seinem Pausenbrot keine Blutwurst hatte, sondern lieber Quark aus Kamelmilch.“ Daka nickte ernst.

      „Wenn die anderen nachts vor der Jurte mit Yakhörnern Hockey gespielt haben, hat er lieber gelesen, genau wie ich“, sagte Silvania.

      „Oder er hat ganz alleine ganz lange und furchtbar gefährliche Ausflüge gemacht, genau wie ich … es gerne mal machen würde“, sagte Daka.

      „Und sein Lieblingsspruch geht so: Nur tote Vampire fliegen mit dem Strom. Zensatoi futzi, oder nicht?“ Silvania sah Helene fragend an.

      „Den Spruch kenne ich“, erwiderte Helene. „Heißt der nicht eigentlich …“

      „Nur tote Vampire

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