Die Nilbraut. Georg Ebers

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Die Nilbraut - Georg  Ebers

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Schaum einer Welle. Die zerschnittenen Blätter dort gehören zu dem Rosenstrauch, der an Edens Quelle erwuchs, bevor des ersten Regens Ungemach die Welt benetzte. Ursprünglich trug er nur weiße Blüten, als aber die Glieder der ersten Weiber in schönerem Weiß glänzten als sie, da erröteten die weißen Blumen vor Scham, und seitdem — gibt es neben ihnen auch purpurne Rosen. So erzählen die Perser.«

      »Und dies, unser Stück?« fragte Orion.

      »Es hat,« versetzte der Kaufherr, indem er den Jüngling wohlgefällig ansah, »in die Mitte des Teppichs gehört. Ganz links erblickte man das Gericht an der Brücke Tschinvat. Die Verdammten waren nicht dargestellt, wohl aber die geflügelten Fravaschi, die Genien, welche nach dem Glauben der Perser jeden Sterblichen in seiner eigenen Gestalt, vereint mit ihm und doch von ihm trennbar, als Schutzgeister durchs Leben geleiten. Man hatte sie vor sich, wie sie in wildem Anstürmen die verdammten Missethäter, die Genossen des finsteren Angramainjus, welche man sich als vor ihnen fliehende Scharen denken mußte, verfolgten. Triumphirend zogen die seligen, reinen und wahrhaftigen Freunde des Lichtgottes Ahuramasda singend in den blühenden Lustgarten ein, und zu ihren Füßen sah man diejenigen, welche nicht ganz zu verdammen und nicht voll selig zu sprechen waren, gesenkten Hauptes, demütig und still in einem dunklen Haine verschwinden. In wohliger Ruhe freuten sich die Reinen der Gaben des Paradieses. Dies alles hat mir ein Priester der Feueranbeter erklärt. Hier siehst Du die Riesentraube, nach der ein Seliger greift. Seine Hand dort blieb unbeschädigt, der Arm ist hingegen leider durchschnitten worden. Von dem Blumen- und Fruchtkranze, der das Ganze als Rahmen umgab, blieb hier oben ein prächtiges Stück erhalten. Der Smaragd, der die Knospe da bildet, wie hoch schätzest Du ihn wohl?«

      »Ein wundervoller Stein!« rief Orion. »Selbst Heliodora hat keinen gleichen. Nun, Vater, was mag er wohl wert sein?«

      »Viel, sehr viel,« versetzte dieser, »und doch wäre auch das ganze, unverstümmelte Kunstwerk zu gering für den, dem ich es zugedacht habe.«

      »Dem Feldherrn Amr?« fragte Orion.

      »Nein, Kind,« entgegnete der Statthalter bestimmt. »Der hohen, unteilbaren göttlichen Person Jesu Christi und seiner Kirche.«

      Orion blickte nach diesen Worten enttäuscht zu Boden; der Gedanke, diesen herrlichen Stein auf einem Reliquienkästchen in einem dunklen Schranke verschwinden zu sehen, war ihm zuwider. Er hätte ihm eine weit freundlichere Bestimmung zu geben gewußt!

      Doch weder Vater noch Mutter bemerkten seine Mißstimmung; denn Frau Neforis war auf das Lager ihres Gatten zugestürzt, hatte sich davor niedergeworfen und flüsterte, während sie seine kalte, feine Hand mit Küssen bedeckte, so froh, als befreie sie dieser Entschluß von einer schwer lastenden Angst:

      »Unsere Seelen, unsere Seelen, Georg! Um solcher Gabe willen — warte nur — wird Dir alles vergeben, und Du erlangst die verlorene Ruhe zurück.«

      Der Statthalter zuckte schweigend die Achseln, ließ den Teppich zusammenwickeln und von Orion in das Tablinum schließen, und befahl endlich dem Anmelder, dem Araber und seinen Leuten für diese Nacht Quartier anzuweisen.

      Sechstes Kapitel.

      Seelenpein und Gewissenszweifel waren es in der That gewesen, die den Statthalter veranlaßt hatten, den Teppich zu kaufen, und darum hätte es ihn vielleicht gefreut, wenn er noch teurer gewesen wäre. Je größer die Gabe, desto begründeter war ja die Hoffnung auf die Gnade und Gunst des Beschenkten!

      Und er hatte Grund, sich zu beunruhigen, und sich zu fragen, ob er richtig gehandelt? Rache üben war kein christliches Thun, aber das, was die Melchiten ihm zugefügt, ungestraft hingehen zu lassen, da sich die Gelegenheit bot, sie zu verderben, hätt’ er nicht über sich gebracht; doch welchem Vater, dem man zwei blühende Söhne gemordet, wäre das möglich gewesen? Dieser furchtbare Schlag hatte ihn mitten ins Lebensmark getroffen. Er fühlte seitdem seinen Körper langsam hinsiechen, und auch das Schwächegefühl, die elenden Angstanfälle, die Unbequemlichkeiten und Schmerzen, welche ihm jede Stunde verdarben, durfte er auf Rechnung der melchitischen Machthaber schreiben.

      Das welkende Leben dieses Mannes war nur durch seine ursprüngliche Vollkraft und den brennenden Durst nach Rache erhalten geblieben, und das Schicksal hatte ihm gestattet, ihn in einer Weise zu stillen, die seiner friedfertigen Natur am Ende zu gewaltsam erschien.

      Wenn auch nicht durch seine Schuld, so doch unter seiner Mitwirkung, sah er das byzantinische Reich um die reiche Provinz kommen, die der Kaiser seiner Obhut anvertraut hatte, sah er die Griechen und alles, was Melchit hieß, schmählich aus Aegypten vertrieben und — was er freilich gern verhindert hätte! — an vielen Stellen von dem empörten Volke, das den Muslim als Befreier begrüßte, wie tolle Hunde erschlagen werden.

      So war alles Böse, was er den Mördern seiner Kinder, den Quälern und Bedrückern seines Volkes gewünscht hatte, über sie gekommen und seine Rache nur zu vollständig gewesen; aber mitten in der Freude über diese seltene Erfüllung heißer, jahrelanger Wünsche, hatte sein Gewissen die Stimme erhoben, und neue, ihm bis dahin unbekannte Beängstigungen waren über ihn gekommen. Zum Helden oder Reformator fehlte ihm die Stärke der Seele. Zu Großes war durch ihn bewirkt, zu Furchtbares über Tausende verhängt, sein Höchstes, der christliche Glaube, zu schwer durch ihn gefährdet worden, als daß er den Gedanken, es veranlaßt zu haben, hätte ruhig ertragen können. Die Verantwortlichkeit, welche das alles mit sich brachte, erwies sich für seine Schultern zu schwer, und so oft er sich auch wiederholte, daß er die Araber nicht ins Land gerufen und daß es ihm an Macht gebrochen habe, sie abzuwehren, hörte er sich doch von allen Seiten als denjenigen bezeichnen, der ihnen sein Vaterland überliefert, und nun sah er sich überall bedroht, glaubte er denen, die ihm von Meuchelmördern erzählten, welche die Byzantiner gegen ihn ausgesandt hätten. — Aber quälender noch war seine Furcht vor dem Zorn des Himmels gegen ihn, der ein christliches Land den Ungläubigen überantwortet hatte. Das Bewußtsein, zeitlebens ein wohldenkender, gerechter Mann gewesen zu sein, half ihm nicht gegen diese Aengste, und es gab nur ein einziges Mittel, das ihm den gesunkenen Mut hob: die weißen Kügelchen, die ihm längst so unentbehrlich geworden wie Luft und Wasser.

      Der alte, freundliche Bischof Plotinus von Memphis und sein Klerus hatten für alles Vergebung, der Patriarch Benjamin, welcher während seiner Verbannung aus der Wüste auf die Araber wie auf Erlöser aus der Tyrannei der Melchiten hingewiesen, zu dessen Rückberufung und Wiedereinsetzung er das meiste beigetragen und auf dessen Zustimmung er darum gehofft hatte, war ihm im Gegenteil wie einem Verlorenen, ewiger Verdammnis Verfallenen entgegengetreten, und wenn er, der Mukaukas, auch durchschaute, welche Nebengründe den Kirchenfürsten dazu bestimmten, so glaubte er doch, daß Benjamins Hirtenamt ihm die Macht verleihe, jedem Schaf seiner Herde das Himmelsthor zu verschließen.

      Je sicherer er die Araber sich in seiner Heimat festsetzen, je verständiger er sie dort walten, je mehr ägyptische Christen er endlich vom Kreuze zum Halbmonde übertreten sah, desto größer erschien ihm seine Schuld, und als nach Vollendung seines Rächerwerks, das die Griechen »doppelten Verrat« nannten, ihm statt der Strafe Gottes alles zufiel, was die Menschen Glück und Schicksalsgunst nennen, fürchtete der gläubige Mann, dies sei der Sold des Teufels, dem sein schneller Friedensschluß mit den Muslimen so viele Christenseelen in die Arme getrieben.

      Zwei große Erbschaften waren ihm unerwartet zugefallen, seine Schatzgräber in der Totenstadt hatten mehr Gold, Silber und Edelsteine als alle übrigen zusammen aus den alten heidnischen Grüften erbeutet. Der muslimische Chalif und sein Stellvertreter hatten ihn im Amte gelassen und erwiesen ihm Freundschaft und Ehre; die Buleuten Die Ratsherren.

      Der Stadt hatten ihm unter der jauchzenden Zustimmung der gesamten Bürgerschaft den Beinamen des »Gerechten« zuerkannt und seine Güter niemals größere Renten abgeworfen; von der Witwe seines ermordeten ältesten Sohnes erhielt

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