Am Rio de la Plata. Karl May
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Читать онлайн книгу Am Rio de la Plata - Karl May страница 15
»Was sind diese Ihre Kameraden?«
»Brave Yerbateros, wie ich, die sich selbst vor dem Teufel nicht fürchten. Sie werden sie wohl noch kennen lernen. Also ich gehe, und nach fünf Minuten gehen dann Sie!«
Er wandte sich nach der Straße, in deren Seitenschatten er verschwand. Das Mädchen war von mir zurückgetreten, aber ich hielt sie noch immer am Handgelenk fest.
Fast konnte ich es nicht glauben, daß dieses Kind mit den unschuldsvollen Gesichtszügen die Zubringerin einer Spielerbande sei. Das Mädchen hatte wohl gar keine Ahnung von der Verwerflichkeit dessen, was sie gethan und bis heute abend getrieben hatte. Daß man mir nach dem Leben trachtete, wußte sie nicht. Davon war ich überzeugt, Ich war überhaupt geneigt, sie von jeder Schuld frei zu sprechen. Das Mädchen wartete, bis von dem Yerbatero nichts mehr zu sehen und zu hören war; dann fragte sie mich:
»Sennor, glauben auch Sie es, daß mein Vater Ihnen nach dem Leben trachte?«
»Auf diese Frage kann ich keine bestimmte Antwort geben, mein Kind. Ihren Vater kenne ich nicht; von dem Mann aber, welcher mir diese Mitteilung machte, glaube ich annehmen zu dürfen, daß er mir keine Unwahrheit sagt. Ich denke, daß er seine guten Gründe haben wird, einen solchen Verdacht auszusprechen. Wie dem aber auch sei, so bin ich vollständig überzeugt, daß Sie mit diesem ruchlosen Plane nichts zu thun haben.«
»Nein, gewiß nicht, ich nicht und auch die Großmutter nicht.«
»Sie lieben wohl Ihre Großmutter sehr?«
»Sehr, Sennor, viel mehr als den Vater.«
»Und doch gebrauchten Sie dieselbe als Lockung, mich nach der Hütte zu bringen!«
»Das war mir so gesagt worden, und ich mußte gehorchen, sonst wäre es mir nicht gut ergangen.«
»Aber Sie haben Ihren Auftrag in so ausgezeichneter Weise ausgeführt, daß ich annehmen muß, Sie seien in solchen Sachen außerordentlich erfahren. Sie besitzen ein bedeutendes Verstellungsvermögen.«
»Dios! Das lernt man ja, wenn man es oft machen muß.«
Fast hätte ich über diese Worte lachen müssen und über den Ton, in welchem sie dieselben vorbrachte. Sie war eine heißblütige, leichtlebige Südländerin und nicht gewöhnt, über das, was sie that, viel nachzudenken. Es war vorauszusehen, daß sie zu Grunde gehen werde; aber ich konnte ihr nicht helfen. Darum schwieg ich und trat nach den abgelaufenen fünf Minuten den Weg mit ihr an.
Der Mond beschien sehr hell die ganze Fläche, welche zwischen uns und der Hütte lag. Man mußte uns von dem Fenster derselben aus kommen sehen. Als wir noch nicht die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatten, fragte mich das Mädchen:
»Was meinen Sie, Sennor, werden die Männer, welche uns anhielten, mit meinem Vater schlimm verfahren?«
»Sie haben wohl keine Veranlassung, ihm viel Gutes zu erweisen.«
»So muß ich die Leute in der Hütte warnen.«
Ich war auf einen Fluchtversuch nicht gefaßt und hielt infolgedessen ihre Hand nicht mehr so fest wie vorher. Sie riß sich los und eilte davon. Aber mit einigen Sprüngen hatte ich sie wieder erreicht und ergriff sie beim Arme.
»Halt, Sennorita; so schnell und ohne allen Abschied wollen wir uns doch nicht trennen. Es würde unhöflich sein, den Schutz ohne Dank zu verlassen, in den Sie sich begeben haben.«
Sie stieß einen tiefen, ärgerlichen Seufzer aus, sagte aber von jetzt an kein Wort mehr und folgte mir willig weiter. So kamen wir an die Hütte. Noch ehe wir die Thüre öffnen konnten, wurde dieselbe von innen aufgestoßen, und beim Scheine der drin brennenden Lampe sah ich einen Mann, welcher ein buntes Tuch um den Kopf trug, ungefähr wie die Gauchos sich ähnliche Tücher über den Hut weg um das Kinn binden. Sein Gesicht konnte ich nicht sehen, da er das Licht im Rücken hatte.
»Endlich, endlich!« sagte er. »Deine Großmutter hat mit Schmerzen auf die Medizin gewartet.«
»Du, Vetter, bist da?« fragte sie erstaunt. »Dich konnte man heute und so spät nicht erwarten.«
»Die Sorge um die Kranke trieb mich her. Aber, du bist nicht allein. Seit wann läßt sich mein Mühmchen in so später Stunde in Herrenbegleitung sehen?«
»Seit heute, wo ich von einem wüsten Menschen angefallen wurde. Dieser Sennor befand sich glücklicherweise in der Nähe und hat mich von dem Zudringlichen befreit. Wollen wir ihn bitten, hereinzukommen, um dem Großmütterchen Gelegenheit zu geben, ihm zu danken?«
Das gewandte Mühmchen spielte ihre Rolle ganz so, wie sie ihr aufgetragen worden war, obgleich sie wußte, daß nun der Erfolg ausbleiben werde. Sie wußte wohl nicht, welches andere Benehmen in ihrer Lage besser einzuschlagen sei.
»Ganz natürlich!« antwortete der Vetter. »Bitte, Sennor, treten Sie herein! Sie sind uns auf das herzlichste willkommen.«
Er trat zur Seite, um die Thüröffnung freizugeben; das Licht fiel auf sein Gesicht, und ich erkannte – — den Bravo. Der Kerl verstand es sehr gut, seine Stimme zu verstellen. Daß er anstatt des Hutes ein Tuch um den Kopf trug, gab ihm ein verändertes Aussehen. Hätte ich sein Gesicht nicht am Nachmittage genau betrachten können, so wäre ich jetzt getäuscht worden.
»Danke, Sennor!« antwortete ich zurückhaltend. »Ich will nicht stören. Ich habe die Sennorita bis an ihre Wohnung gebracht, was ich ihr versprochen hatte, und meine Zeit ist mir nicht so reichlich zugemessen, daß ich hier verweilen könnte.«
»Nur auf einen Augenblick, auf einen einzigen Augenblick, Sennor!«
»Nun gut, um das Großmütterchen zu begrüßen. Oder befinden sich noch andere Personen drin?«
»O nein. Nur mein Pate ist noch da mit seinem Sohne, sonst weiter niemand. Sie müssen einen Schluck mit uns trinken, bis der Vater der Sennorita kommt, welcher in einigen Minuten von seinem Ausgange zurückkehren wird. Mein Mühmchen ist ein liebenswürdiges Wesen; Sie müssen sie kennen lernen. Kommen Sie also, kommen Sie, Sennor!«
Er sagte das in so freundlichem und dringendem Tone, daß er jeden andern getäuscht hätte. Ich aber zögerte, seiner Aufforderung zu folgen. Da erklang es hinter mir:
»Gehen Sie getrost hinein, Sennor! Es ist wirklich so, wie Ihnen dieser gute Sobrino (* Vetter.), sagt. Es wird Ihnen außerordentlich gefallen. Ich gehe auch mit hinein. Gehen Sie – gehen Sie!«
Es war der Yerbatero, welcher mich nach der Thüre schob. Der Bravo fragte überrascht:
»Noch einer! Wer sind Sie, Sennor?«
»Ich bin der Begleiter des Vaters, welcher soeben von seinem Ausgange zurückkehrt,« antwortete der Yerbatero. »Nur immer hinein, hinein!«
Er schob mich; ich schob die Sennorita, und diese schob den Bravo zur Seite. So gelangten wir in die Stube, denn die Thüre führte aus dem Freien direkt in dieselbe. Ich hatte das erbeutete Messer bei mir und griff nach demselben. Die Sache kam mir verdächtiger vor, als sie war. Eine Art von Mißtrauen wollte sich auch gegen den Yerbatero in mir regen. Ich kannte ihn eigentlich noch gar nicht. Sein Benehmen ließ immerhin die Möglichkeit offen, daß er ein Mitglied der saubern Bande sei. Aber mein Vertrauen wurde augenblicklich wieder hergestellt, als ich bemerkte,