Am Rio de la Plata. Karl May
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Читать онлайн книгу Am Rio de la Plata - Karl May страница 16
Der Sobrino machte auch große Augen, als er die Yerbateros bemerkte.
»Wer sind Sie? Was wollen Sie? Wer hat Ihnen erlaubt, hier einzutreten?« fragte er.
»Wir selbst,« antwortete Monteso. »Dieser Sennor hat die Sennorita beschützt, und wir beschützen ihn. So hängt einer am andern, und wir sind mit ihm gekommen. Wo befindet sich denn der liebe Pate mit seinem Sohne?«
»Jedenfalls hier nebenan,« antwortete das Mädchen schnell, auf die Verbindungsthüre zeigend. »Ich werde sie holen.«
»Ja, thun Sie das! Ich möchte die liebenswürdige Gesellschaft vollständig kennen lernen.«
Sie ging in den Nebenraum. Die Yerbateros standen unbeweglich an der Eingangsthüre; die Alte saß starr in ihrem Stuhle und sagte kein Wort; Mauricio Monteso musterte den Bravo mit einem verächtlichen Blicke und fragte ihn:
»Haben wir uns nicht heute bereits getroffen, Sennor? Sie standen doch in der Nähe des Geschäftes des Sennor Tupido?«
»Es ist möglich, daß ich da vorübergegangen bin.«
»Nein, Sie standen wartend da. Und sodann hatten Sie sich um die Ecke der Plaza gegenüber der Confiteria aufgestellt, sind durch mehrere Straßen bis zum Dome gegangen, in welchem Sie gewartet haben, bis das Orgelspiel zu Ende war.«
»Sennor, was gehen Sie meine Spaziergänge an!«
»Sie interessieren mich außerordentlich, wenigstens heute haben sie das gethan. So weiß ich auch, daß Sie dann bis an das Häuschen gegangen sind, in welchem der Organista wohnt. Und eigentümlich, daß überall, wo Sie gingen, gerade dieser Sennor vor Ihnen ging! Und noch viel eigentümlicher, daß da, wo Sie gingen, ich mit diesen meinen Kameraden Ihnen folgte!«
»Ich habe mit Ihnen nichts zu schaffen!«
»Aber wir mit Ihnen. Leider war es uns nicht vergönnt, Ihnen bis zum Hause des Organisten zu folgen; wir wurden gestört. Glücklicherweise aber gelang Ihr Vorhaben nicht, welches Sie dort ausführen wollten. Dieser Sennor bedurfte unsers Beistandes nicht, da er selbst auf seiner Hut war. Er begab sich zu Sennor Tupido, und Sie hatten sich indessen hierher verfügt. Sie sprachen mit dem Bewohner dieses Häuschens und bemerkten nicht, daß ich draußen am Fenster stand und alles hörte.«
Der Bravo erbleichte.
»Was Sie mir da sagen, ist mir vollständig fremd,« wendete er ein. »Ich weiß von alledem kein Wort.«
»Leugnen Sie immerhin! Wir aber sind unserer Sache gewiß.«
»Ich bin erst vor einigen Minuten hier angekommen und vorher heute noch nicht dagewesen. Fragen Sie den Wirt, wenn er jetzt zurückkehrt!«
»Er ist bereits da, und wir haben ihn gefragt. Er liegt draußen neben dem Häuschen, denn er ist mit einem Lasso gebunden, und er hat uns alles eingestanden.«
»So ein Dummkopf!«
»O, wenn man Ihnen die Spitze eines guten Messers auf die Brust setzen würde, so glaube ich nicht, daß Sie klüger handeln würden. Und wenn Sie nicht gestehen, werden wir dieses Experiment versuchen.«
»So zeige ich Sie an und lasse Sie bestrafen!«
»Das werden Sie wohlweislich unterlassen, denn Sie wissen gar wohl, daß die Polizei keine allzu gute Freundin von Ihnen ist.«
Da hielt ich ihm sein Messer hin und fragte:
»Jedenfalls ist Ihnen dieses Messer wohl bekannt. Wollen Sie das leugnen?«
Er warf einen kurzen Blick darauf und antwortete:
»Das Messer habe ich noch nie gesehen. Lassen Sie mich mit Ihren Fragen in Ruhe!«
Ich sah jetzt unter dem Kopftuche eine zerschundene Stelle seines Gesichtes.
»Bei welcher Gelegenheit sind Sie hier blessiert worden?« fragte ich ihn, indem ich auf die betreffende Stelle deutete. »Das ist wohl geschehen, als ich Sie an die Mauer des Hauses des Organista warf?«
Jetzt wurde er grob:
»Bekümmern Sie sich doch um Ihr eigenes Gesicht, für welches ich das meinige nicht umtauschen möchte! Sie haben nichts zu fragen, nichts zu sagen und nichts zu befehlen. Packen Sie sich fort, sonst werden Sie hinausgeworfen!«
»Nachdem Sie mich vorher so höflich eingeladen haben!«
»Das that ich, weil ich Sie für einen Caballero hielt. Jetzt sehe ich ein, daß ich mich in Ihnen geirrt habe. Denken Sie nur nicht, daß ich mich vor Ihnen fürchte! Ich stehe nicht allein gegen Sie, sondern ich werde mir Hilfe holen.«
Er öffnete die Nebenthüre und rief hinaus:
»Komm heraus, Pathe! Hier sind Leute, welche Fäuste oder Messer sehen wollen.«
Anstatt des Gerufenen kam die Sennorita herbei. Sie erklärte mit zufrieden lächelndem Gesichte:
»Der Pathe ist gar nicht mehr da. Als ich ihm sagte, welchen Besuch wir haben, ist er mit seinem Sohne durch das Fenster hinausgestiegen, denn er meinte, daß es nicht seine Leidenschaft sei, mit Yerbateros zu verkehren.«
»Welche Feigheit! Durch das Fenster zu steigen und mich hier allein zu lassen! Aber ich fürchte mich dennoch nicht. Macht Platz, Leute! Wer mich anrührt, bekommt das Messer!«
Er zog ein Messer hervor, welches er sich indessen wohl geborgt hatte, und wendete sich nach der Thüre. Ich trat zurück, um ihn vorüber zu lassen. Das war eine Falle, in welche er lief, denn kaum wendete er mir den Rücken zu, so umfaßte ich ihn von hinten und drückte ihm die Arme fest an den Leib. Einer der Yerbateros schlang sich den Lasso von den Hüften und band den Bravo mit demselben. Der Kerl versuchte zwar, sich zu wehren, doch ohne allen Erfolg. Er schrie und schimpfte aus Leibeskräften, bis ihm der Mund mit seinem Kopftuche zugebunden wurde.
Während wir uns mit ihm beschäftigten, sah ich, daß die liebenswürdige Sennorita zur Thüre hinausschlüpfte. Auch die alte Frau erhob sich von ihrem Stuhle und glitt mit einer Schnelligkeit hinaus, welche man ihr gewiß nicht zugetraut hätte. Die andern achteten nicht darauf. Ich hätte die beiden zurückhalten können, that es aber nicht, da es mir keinen Nutzen bringen konnte.
Als der Bravo gebunden war, sagte Monteso:
»Nun haben wir auch diesen fest. Holt jetzt den anderen herein!«
Zwei gingen hinaus, um diesen Befehl auszuführen. Ich freute mich im voraus auf die Gesichter, welche sie bei ihrer Rückkehr machen würden. Nach geraumer Zeit kamen sie wieder. Der eine von ihnen kratzte sich verlegen sein struppiges Haar und meldete:
»Der Halunke ist fort. Wir haben die ganze Umgebung des Hauses durchsucht.«
»Aber wir haben ihn doch ganz sicher neben die Mauer hingelegt, und er hat sich doch nicht von dem Lasso befreien können!«
»So haben andere ihn von demselben