Am Rio de la Plata. Karl May

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Am Rio de la Plata - Karl May

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Erfahrungen und eine ziemlich bedeutende Karriere voraussetzt, scheint der Mann doch wohl zu jung zu sein.«

      »Denken Sie das nicht! Hier macht man schneller Karriere als anderwärts. Es giebt noch höhere Beamte, welche nicht viel älter sind. Sie werden ihn als einen hochgebildeten und sehr unterrichteten Mann kennen lernen. Als ich ihm mitteilte, daß ein vielgereister Deutscher mit uns reite, war er ungemein erfreut davon.«

      »Wo befindet er sich jetzt? Holen wir ihn an seiner Wohnung ab?«

      »Nein. Wir verabredeten, daß wir draußen vor der Stadt mit ihm zusammentreffen würden.«

      »Das ist mir nicht lieb. Ein Beamter von solcher Stellung gesellt sich nicht draußen vor der Stadt wie ein Wegelagerer zu seinen Reisegenossen. Warum kam er nicht in das Hotel, sich mir vorzustellen? Warum läßt er sich nicht an seiner Wohnung abholen? Kennen Sie überhaupt dieselbe?«

      »Nein.«

      »Aber wenigstens ist Ihnen sein Name bekannt?«

      »Ja. Er heißt Sennor Carrera.«

      »Der Name klingt gut. Wollen hoffen, daß er zu dem Manne stimmt! Wären wir nach seiner Wohnung geritten, um ihn abzuholen, so hätten wir den Beweis gehabt, daß er wirklich derjenige ist, für den er sich – — ah, Sennor, welch eine Nachlässigkeit!«

      Ich hatte während der letzten Worte an meine Tasche gegriffen, als ob ich etwas suche. Jetzt hielt ich mein Pferd an und ließ ein möglichst beunruhigtes Gesicht sehen.

      »Was ist‘s? Was fehlt Ihnen?« fragte er.

      »Soeben bemerke ich, daß ich meinen Geldbeutel im Hotel auf dem Zimmer liegen gelassen habe.«

      »Das ist kein Unglück, denn er liegt jedenfalls noch dort. Ich werde einen meiner Leute zurücksenden, ihn zu holen.«

      »Danke! Ich hole ihn selbst. Mein Pferd ist wohl schneller als die Ihrigen. Wenn Sie langsam reiten, werde ich Sie bald einholen.«

      Ohne seine Gegenrede abzuwarten, wendete ich mein Pferd und galoppierte zurück, aber nicht nach dem Hotel, denn ich hatte den Geldbeutel in der Tasche, vielmehr nach dem Polizeigebäude, welches in der Nähe des Domes lag. Dort angekommen, band ich das Pferd an und ließ mich dann zu dem obersten der anwesenden Beamten führen. Der Mann machte große Augen, als er mich in dem hier so fremdartigen Trapperanzug eintreten sah. Ich stellte mich ihm vor und fragte, ob es einen Comisario criminal Carrera gebe.

      »Nein, den gibt es nicht, Sennor,« lautete die Antwort. »Wahrscheinlich haben Sie als Fremder den Namen verhört?«

      »O nein. Der Mann hat sich selbst als einen Polizeibeamten dieses Ranges bezeichnet.«

      »Gewiß war es ein Scherz.«

      »Dann scheint aber Grund vorhanden zu sein, dem Scherze ein wenig zu Leibe zu gehen, weil ich vermute, daß der angebliche Kriminalist Böses im Schilde führt, und zwar gegen meine Person.«

      »Dann muß ich mich freilich eingehender mit der Angelegenheit befassen. Bitte, setzen Sie sich!«

      Er deutete auf einen Stuhl, auf welchem ich mich niederließ, und nahm an seinem Tische Platz. Dort legte er einige Bogen weißen Papieres vor sich hin, tauchte die Feder in die Tinte und begann:

      »Zunächst muß ich mir Ihren Namen, Ihr Alter, Ihre Nationalität, den Geburtsort, den Stand, die Vermögensverhältnisse, den Grund Ihrer Anwesenheit und anderes notieren. Sie werden die Güte haben, mir meine Fragen zu beantworten.«

      »Um Himmels willen!« rief ich, gleich wieder aufstehend. »Soll das ein wirkliches, ausführliches Legitimationsverhör werden?«

      »Allerdings. Es ist unumgänglich nötig!«

      »Ich kam nur, um Anzeige zu erstatten und Sie zu ersuchen, mir einen Beamten mitzugeben, welcher sich des Betreffenden bemächtigen soll.«

      »Das ist sehr viel verlangt. Haben Sie denn ganz besondere Gründe, anzunehmen, daß der Mann Böses gegen Sie im Schilde führe?«

      »Allerdings. Man hat gestern zwei Mordanfälle auf mich gemacht. Jetzt stehe ich im Begriff, nach Mercedes zu reiten. Ich befand mich bereits unterwegs; da erfuhr ich, daß ein junger Mensch mit uns will, welcher sich Carrera nennt und als Kriminalkommissar bezeichnet. Ich habe den Mann im Verdachte, sich in böser Absicht an meine Person machen zu wollen.«

      »Was Sie da erzählen! Zwei Mordanfälle? Und davon wissen wir nichts! Sennor, Sie werden nicht nach Mercedes reisen. Wir müssen diesen Fall in die Hand nehmen und untersuchen. Sie werden als Zeuge hier bleiben.«

      »Wie lange?«

      »Das kann ich jetzt nicht wissen. Es kann einen oder auch mehrere Monate dauern.«

      »Dann danke ich! So lange Zeit habe ich nicht. Mein Wunsch läuft nur darauf hinaus, von der Person befreit zu werden, welche sich einen falschen Stand beigelegt hat.«

      »So müssen Sie auch in aller Form Anzeige erstatten.«

      »Das thue ich ja hiermit!«

      »Ja, aber der nötigen Form zu genügen, scheinen Sie eben nicht Lust zu haben. Ich muß auf jeden Fall die erwähnten Fragen aussprechen.«

      »Und sie mit meinen Antworten zu Protokoll nehmen?«

      »Ja. Dann werde ich Ihnen zwei Offizials mitgeben, welche den Mann arretieren und ihn mit Ihnen zu mir bringen.«

      »Und dann?«

      »Dann werde ich sofort die Vorarbeiten fertigen und die Sache dem Kriminalrichter übergeben.«

      »Es wird also eine förmliche Kriminaluntersuchung anhängig gemacht werden?«

      »Ganz selbstverständlich.«

      »Und wie lange ist da meine Gegenwart notwendig?«

      »Bis zum Urteilsspruch, also einige Wochen.«

      »Das ist ganz und gar nicht nach meinem Geschmack, Sennor. Ich muß nach Mercedes. Soll ich des Kerls wegen hier bleiben, so bedaure ich, Sie belästigt zu haben, und verzichte auf alles. Empfehle mich Ihnen!«

      Ich setzte meinen Hut auf und eilte nach der Thüre.

      »Halt, halt!« rief er mir nach. »Sie können verzichten, wir aber nicht. Da wir nun einmal wissen, daß —«

      Mehr hörte ich nicht, denn nun war ich draußen. Aber hinter mir riß er die Thüre wieder auf und fuhr fort:

      »Daß zwei Mordanschläge auf Sie gemacht worden sind —«

      Jetzt war ich unten an der Treppe. Er stand oben und fügte hinzu, indem er mir nachkam:

      »Gemacht worden sind, so sehe ich mich gezwungen, die Sache zu untersuchen und Sie – — – «

      Ich befand mich unter dem Thore und band mein Pferd los. Er hatte die unterste Stufe erreicht und schrie:

      »Und Sie bis Austrags der Sache hier festzuhalten. Darum muß ich Ihnen – — – «

      Ich saß im Sattel, und er erreichte das Thor. Beide Arme nach meinem Pferde ausstreckend, wetterte er:

      »Muß

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