Am Rio de la Plata. Karl May
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Es ging zur Bai hinab und dann wieder zu der Straße hinauf, an deren Ende die Yerbateros auf mich warteten.
»Nun,« rief Monteso mir entgegen, »da sind Sie endlich! Schon glaubte ich, Sie hätten aus Versehen eine andere Richtung eingeschlagen. Haben Sie das Geld gefunden?«
»Ich habe es. Und wo befindet sich der Gefährte, welchen wir erwarten? Ich sehe ihn nicht. Er hat doch vor der Stadt zu uns stoßen wollen!«
»Er wird noch etwas weiter vorangeritten sein.
Darf ich vielleicht annehmen, daß Sie sich nicht unfreundlich zu ihm verhalten?«
»Mein Betragen wird sich ganz genau nach dem seinigen richten.«
»So bin ich beruhigt, denn er ist ein außerordentlich höflicher Mann, ein Caballero durch und durch.«
»Was sich bei einem Comisario criminal von selbst versteht! «
Vielleicht hatte ich das in einem etwas ironischen Tone gesagt, denn Monteso fragte:
»Glauben Sie es immer noch nicht, daß er es ist?«
»Ich will Ihnen den Gefallen thun, keinen Zweifel mehr hören zu lassen.«
»Schön! Sie werden sich überzeugen, daß er wirklich ein Kriminalist ist. Er hat uns so viele interessante Fälle erzählt, in denen es ihm durch großen Scharfsinn und wahrhaft bewundernswerte Gewandtheit gelungen ist, die Schuldigen zu entdecken. Er hat oft sogar sein Leben riskiert.«
Wir hatten die Stadt bald so weit hinter uns, daß wir sie nicht mehr sehen konnten. Hier und da gab es noch ein vereinzeltes Feld, welches zum Schutze gegen die Herden von mächtigen Kaktus- und Agavehecken eingeschlossen war; sonst aber befanden wir uns im offenen Lande, dessen Charakter fast durch ganz Uruguay derselbe bleibt: eine hügelige Fläche, welche von dem feinen, selten über einen Fuß hohen Camposgrase bewachsen ist, und in den Vertiefungen lichtes Buschwerk, auf welches der Name Gebüsch eigentlich nicht angewendet werden konnte. Weidende Tiere sah man überall, Pferde, seltener Schafe, zumeist aber Rinder.
Ein vor uns reitender Mann hatte sich umgeblickt und uns gesehen. Er hielt sein Pferd an, um auf uns zu warten. Als wir ihm so nahe gekommen waren, daß ich sein Gesicht deutlich erblickte, erkannte ich den jungen Menschen, dem ich gestern abend meinen Stuhl überlassen hatte.
»Da haben wir Sie ja!« redete Monteso ihn an. »Guten Tag, Sennor! Hier sehen Sie den deutschen Caballero, von dem ich Ihnen erzählt habe.«
Der Mann war in weite, blaue Hosen und eine ebensolche Jacke gekleidet. Seine Weste war weiß, ebenso die Schärpe, welche er sich um die Taille geschlungen hatte und in welcher ein Messer und eine Pistole steckte. Ein Gewehr hing an seinem Sattelknopfe. Er zog den Hut vom Kopfe, erhob sich in den Bügeln und grüßte:
»Mei-ne Em-pfeh-lung, Herr!«
Das klang gebrochen und in einem Tone, wie wenn ein Papagei die ihm eingelehrten Worte ausspricht.
»Sie sprechen meine Muttersprache?« fragte ich spanisch.
»Nein,« antwortete er in derselben Sprache. »Ich kenne nur diesen Gruß, welchen ich mir in Buenos-Ayres gemerkt habe, wo ich mit Deutschen verkehrte. Ich wollte Sie durch die Klänge Ihres Vaterlandes erfreuen. Darf ich hoffen, daß Sie meinem Anschlusse an Ihre kleine Gesellschaft Ihre Zustimmung erteilen?«
»Jeder ehrliche Mann ist mir willkommen.«
»So nehmen Sie mir eine Sorge vom Herzen. Ich danke Ihnen sehr!«
Er reichte mir die Hand, und ich gab ihm die meinige. Der angebliche Kriminalist war höchstens dreißig Jahre alt. Sein Gesicht sah nicht so aus, wie dasjenige eines mutigen, sogar verwegenen Menschen. Weit eher hielt ich ihn für einen verschlagenen Feigling, welcher seine Absichten am liebsten durch Hinterlist auszuführen sucht.
Wir ritten weiter. Die Yerbateros hielten sich hinter uns. Sie mochten denken, es sei eine Pflicht der Höflichkeit, die beiden Vornehmen voran zu lassen. Wir waren also gezwungen, hier und da eine Bemerkung auszutauschen, doch erkannte ich bald, daß dem Comisario an meiner Nähe nichts gelegen sei. Er hielt sich außerordentlich wortkarg, jedenfalls aus Sorge, daß er sich verraten könne.
Dadurch, daß ich in die Stadt zurückgekehrt war, hatte Monteso seinen Vorsatz gar nicht ausführen können, zu meiner Sicherheit zwei seiner Leute voraus reiten zu lassen. Jetzt war dies gar nicht mehr nötig, denn wir befanden uns auf freiem Felde und hatten eine ganz vortreffliche Fernsicht. Ich wendete meine Aufmerksamkeit fast ausschließlich der Gegend zu, was dem Criminalo jedenfalls sehr lieb war. Die Pferde liefen gut, diejenigen der andern nur deshalb, weil sie ohne Unterlaß angetrieben wurden; mein Brauner aber wäre gern ein wenig mit mir durchgegangen; ich mußte ihn scharf im Zügel halten.
Wir gelangten noch vor Mittagszeit an einige niedrige Höhenzüge, auf denen einzelne Felsblöcke lagen. Dies waren die Ausläufer der Cuchilla, über welche wir hinweg mußten. Eine Stunde später sahen wir zu unsrer Rechten einen bewohnten Ort liegen, dessen Name mir entfallen ist. Vor demselben lag in einiger Entfernung ein ziemlich großes Gebäude, welches Monteso als Poststation bezeichnete.
Daß es eine solche sei, erkannte man an den vielen Geleisen, welche hier zusammentrafen, während sie sonst auseinander gehen, da ein jeder fährt, wie es ihm beliebt. Die Yerbateros hielten da an und erklärten, einen Schluck thun zu müssen. Auch ich stieg ab und setzte mich auf die mit Rasen bekleidete Lehmbank, welche vor dem Hause stand. Es gab einen Laden da. Der Criminalo ging hinein und brachte drei Flaschen Wein und Gläser heraus. Er hatte die Absicht, die Yerbateros zu traktieren, und auch ich sah mich gezwungen, ein Glas zu nehmen, dachte aber nicht daran, ihm Revanche zu geben.
In der Nähe des Hauses gab es einen kleinen Fluß, welcher sein Wasser dem Rio Negro zusendet. Die Ufer desselben waren scharf und tief eingeschnitten, und doch sah ich an den Geleisen, welche quer über den Fluß führten, daß man ihn zu Wagen passieren könne. Aber in welcher Weise das geschieht, bekam ich sehr bald zu sehen. Wir wollten eben aufbrechen, als sich uns aus der Gegend, aus welcher wir gekommen waren, ein Lärm näherte, als ob die wilde Jagd im Anzuge sei. Ich kehrte um die Ecke des Hauses zurück und erblickte eine der beschriebenen Diligencen, welche in rasendem Galoppe näher kam.
Der Kutscher und die drei Pferdeführer schlugen wie verrückt auf die Tiere los, welche alle ihre Kräfte anstrengten, das schwere Vehikel fortzuzerren. Ich glaubte, der Wagen müsse jeden Augenblick umstürzen, so ruckweise wurde er vorwärts gerissen. Die Kerle brüllten wie die Unsinnigen; aus dem Innern des Wagens und vom Verdecke ertönten kreischende und bittende Stimmen. Es gab Passagiere, welche um langsameres Fahren bitten oder hier am Hause einmal aussteigen wollten. Vergebens! Die Hetzjagd flog vorüber, auf den Fluß zu, das steile Ufer hinab, durch die hoch aufspritzenden Wasser und am jenseitigen Ufer wieder hinauf, wobei die Pferde vor Anstrengung fast auf den Bäuchen lagen. Mir wollte Hören und Sehen vergehen. Lieber auf dem allerschlechtesten Pferde reiten, als sich in einer solchen Kutsche über die Campos schleudern, schlingern und zerren lassen!
Nun brachen wir wieder auf. Wir mußten durch das Wasser, welches mir bis über die Füße ging. Drüben kam den Yerbateros der Gedanke, die Diligence einzuholen. Darum wurde im Galopp geritten. Als wir uns ihr näherten und der Beireiter unsre Absicht erkannte, ging er auf den tollen Wettlauf ein. Es war, als ob