Welt- und Lebenanschauungen; hervorgegangen aus Religion, Philosophie und Naturerkenntnis. Max Bernhard Weinstein

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Welt- und Lebenanschauungen; hervorgegangen aus Religion, Philosophie und Naturerkenntnis - Max Bernhard Weinstein

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Kiefer als Angelhaken, aus dem Meere. Er ist aber darum doch nicht Erdschöpfer, da die Erde schon vor ihm bestand; er bewohnt schon ein Land mit seinen vier Brüdern. Die Insel aber zieht er wie zufällig, beim Fischen mit diesen Brüdern, in Gestalt eines Fisches empor. Die dritte Tat, wegen deren man ihn mit Prometheus verglichen hat, betrifft den Raub des Feuers. Indessen ist Feuer längst schon vorhanden, Maui kommt es mehr darauf an, das Feuer seiner Ahnin Mahu-ika zu zerstören. Er löscht aber vorher alles Feuer auf der Erde aus. Warum, ist nicht ersichtlich, da er kein anderes mitbringt, wenn’s nicht ist, daß er indirekt die Feuergöttin veranlaßt, den Rest ihres Feuers in Bäumen zu bergen, denen es die Menschen durch Reiben entlocken können. Er treibt mit der Feuergöttin, trotz der Warnung seiner Mutter, Spott. Er verlangt von ihr Feuer, sie läßt es aus einem Fingernagel hervorsprühen und gibt es ihm. Da löscht er es aus und bittet um neues, um es abermals auszulöschen. So fährt er fort, bis Mahuika die Kraft aller Finger- und Zehennägel verbraucht hat, außer der des Nagels einer großen Zehe. Diesen stampft sie – da sie sich betrogen erkennt – voll Wut auf den Boden. Alles gerät in Brand, Erde, Feld und Wald. Maui flieht als Adler und kann sich zuletzt doch nur retten, indem er seinen Vorfahr Tawhiri-ma-tea um Regen anfleht. Die Göttin aber behält von ihrem ganzen Feuer nur einige Funken, die sie sammelt und mit denen sie verfährt wie angegeben. Wenn diese Mythe nicht sinnlos sein soll, so muß die Feuergöttin irgendeinen bösen Dämon bedeuten, oder es ist in der Sage etwas verloren gegangen. Anderweitig wird der Mythos denn auch anders erzählt, so in Tonga, wo Maui mit dem Erdbebengott ringt, ihn überwältigt und das Feuer, an dem er sich gewärmt hatte, den Menschen bringt. Noch anders holt er das Feuer als Vogel. Sein letztes Abenteuer bringt ihm den Tod und den Tod auch der Menschheit. Eine Ahnin von ihm wohnt am Himmelshorizont, Hine-nui-te-po ist ihr Name, „große Frau Nacht“. Maui zieht zu ihr, begleitet von vielen Vögeln, die seine Genossen sind. Er findet sie schlafend und beschließt, in sie hineinzukriechen, sie ganz zu durchziehen und erst aus ihrem Munde sie zu verlassen. Er bittet die Vögel, nicht zu lachen, bis er wieder heraus ist, damit die Furchtbare nicht erwacht, und begiebt sich in sie hinein. Die Vögel verbeißen krampfhaft das Lachen über die Szene, aber das kleine Vögelchen Tiwakawaka vermag nicht an sich zu halten und lacht plötzlich auf. Da erwacht Hinenui-te-po, springt auf und tötet Maui. Hierin ist zweifellos der Sonnenuntergang geschildert, zumal Grey festgestellt hat, daß der Vogel Tiwakawaka in der Tat nur bei Sonnenuntergang sich hören läßt. Kommt noch dazu, daß Mauis Eltern in der Unterwelt leben, und er bei ihnen weilt und von Zeit zu Zeit emporsteigt, daß er Kraft über die Sonne Tama-nui-te-Ra übt, um verständlich zu machen, daß er als Sonnenheros angesehen wird.

      Bastian, in seinem Buche „Die heilige Sage der Polynesier“, teilt aber noch viel höhere Anschauungen aus den Maorisagen mit. Vor Rangi und Papa haben schon andere Dinge bestanden, die zum Teil wesentlich als Begriffe aufzufassen sind. Er zählt deren 17 auf. Zuerst Te-Kore, das Nichts, dann Te-Po, die Urnacht, hierauf Te-Rupunga, das Sehnen, sodann Empfindung, Ausbreitung, das Luftschnappen, Gedanke usf., zuletzt Hau-Ora, Lebensatem, und Atea, Weltall, gespalten in Rangi und Papa. Das geht freilich sehr hoch und weit, und Bastian vergleicht die Reihe mit ähnlichen Reihen in buddhistischen Anschauungen. Von Rangi und seiner zweiten Liebe Atatuhi (Dämmerungsstrahlen) sollen Mond, Sterne, Tagesgrauen, Tag, von ihm und seiner dritten Liebe Werowero (Hitzgezitter), Ra, die Sonne, stammen. Papa mit verschiedenen Männern bringt hervor Blitzesglanz, Donnergeroll, die Hinenui-te-po, sodann Inseln. Hier haben wir eine Kosmogonie in Form einer Theogonie. Noch andere Götter werden aufgeführt, deren Nachkommenschaft immer ihrer Funktion entspricht. So, wenn Tawhiri-ma-teas Geschlecht Erdbeben, Regenbogen, Hagel, Regen, Eis, Sturm, Kälte usf.; Tangaroas Aale, Muscheln, Hai, Walfisch, Seevögel usf. ist. Tu-mata-uenga, in Tiki als Mensch reproduziert, hat Rangis Tochter Kau-ata-ata zur Frau, das wäre also Eva, und von ihr zwei Kinder. Dann entwickelt sich das Geschlecht der Menschen weiter, und es findet sich darunter ein Matuika, Vater des Feuers, ein Fliegengott, ein Gott der Felssteine, ein Trawaru, Vater der Hunde. Die ganze Welt soll aus zehn Himmeln übereinander und zehn Erdschichten untereinander bestehen. In jenen sollen die Götter und Geister thronen – im höchsten weilt Rehua (für Rangi?) – im neunten, achten und siebenten die vergötterten Seelen in der Stufenfolge ihrer Bedeutung. Dann kommen die Untergötter, die Atua, zu denen auch Tawhaki (S. 17) gehört, die Halbgötter. Im vierten Himmel ist ein Lebensquell für Embryonen, im dritten (Nga-Roto) das Wasser über dem Firmament, im zweiten Regen und Sonnenschein. Der erste Himmel ist der feste und das Reich Tawhiri-ma-teas. Wie sich das mit dem auf S. 19 f. Mitgeteilten vereinen soll, kann ich nicht sagen. Auf die Schilderung der Erdschichten kommen wir zurück.

      Fast noch verblüffender ist, was Bastian uns von der hawaischen Mythologie erzählt. Er hat auf Hawai in der Bibliothek des Königs (Kalakaua) ein aus dem Beginn des vorigen Jahrhunderts stammendes Manuskript „He Pule Heiau“ entdeckt, dessen Wortlaut er mitteilt und das ein Schöpfungsbild enthält. Die Welt ist mehrmals geschaffen. Die jüngste Schöpfung ging in acht Perioden vor sich. Bis zum Schluß der achten Periode herrscht Po, Finsternis, jedoch mit abnehmender Stärke, indem ein Schimmer stetig wächst. Erst dann tritt Ao, Licht, ganz hervor. Innerhalb dieser Perioden aber erscheinen erst Intelligenz, dann Abgrund (männlich und weiblich). Hierauf entstehen die Lebewesen, von unten nach oben sich entwickelnd. Zugleich füllt sich der Abgrund mit Erde, bis der Abgrund ganz verschwunden ist. Nun, in der achten Periode kommen der Mensch, als Urweib Lalai, indem sie „hervorwächst gleich einem Blatt“, und die persönlichen Götter. Das Weib verbindet sich erst mit den Urkräften, dann mit dem Sonnengott und mit Kane und Kii und anderen Göttern, woraus zuletzt das Heroen- und Menschengeschlecht hervorgeht. Das ganze ist eine Entwicklungsgeschichte, wobei immer zuerst das Geistige und dann das zugehörige Materielle entsteht, und sie wird bis in die historische Zeit hingeführt. Als Probe führe ich nach Bastian die zweite Strophe des Gedichtes an:

      Geboren in Nacht.

      Geboren Kumuligo, aus der Nacht als männliches,

      Geboren Poele, aus der Nacht als weibliches,

      Geboren die Milben im Gewimmel,

      Geboren das Gewimmel in Reihen,

      Geboren die Würmer, die Grabenden, die Erde aufwerfend,

      Geboren ihre Mengen mit Nachkommenschaft,

      Geboren die im Schmutz sich windenden,

      Geboren ihre zuckenden Reihen,

      Geboren Seeeier ohne Zahl,

      Geboren ihre streifige Nachkommenschaft in Reihen.

      Die interessante einleitende Strophe dieser seltsamen Dichtung lautet:

      Hier dreht der Zeitumschwung zum Ausgebrannten der Welt,

      Zurück der Zeitumschwung nach aufwärts wieder,

      Noch sonnenlos die zeitverhüllten Lichter,

      Und schwankend nur im matten Mondgeschimmer;

      Aus Makaliis mächtigem Wolkenschleier

      Durchzittert schattenhaft das Grundgebild künft’ger Welt.

      Des Dunkels Beginn aus den Tiefen des Abgrunds,

      Der Uranfang von Nacht in Nacht,

      Von weitesten Fernen her, von weitesten Fernen,

      Weit aus den Fernen der Sonne, weit aus den Fernen der Nacht.

      Noch Nacht ringsumher.

      Sehr klar ist das nicht. Es soll aber besagen, daß die neue Welt beginnt, nachdem die frühere zugrunde gegangen ist, daß dieses in tiefer, nur schwach durchschimmerter Finsternis geschieht, daß durch das Plejadengestirn (Makalii) die zukünftige Welt ideell durchleuchtet. Die letzten vier Verse, wenn sie nicht die Herkunft des Dunkels und der Nacht schildern sollen, verstehe ich nicht. Aber Bastian gibt selbst die Übersetzung mit dem größten Vorbehalt. Andere Erzählungen stimmen bis auf die Götterzugabe mit biblischen Angaben. Bastian freilich und Achelis erklären es lediglich aus der übereinstimmenden Denkweise der Menschen. Ich glaube aber nicht, daß das bei so speziellen Angaben, wie die Entstehung des Weibes aus der Rippe des Mannes, zulässig ist. Doch sei wenigstens hervorgehoben,

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