Кавказ и Чечня – обзор европейских ученых. Caucasus and Chechnya – a review of European scientists. Муслим Махмедгириевич Мурдалов
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Der Name des Berges Kettesch-Kort, nahe dem Aul Zontari, zwischen dem Akssai und dem Mittellauf der oberen Bjelaja, östlich von Wedén, bedeutet auf tschetschenisch wörtlich («Kette – er kam hin, er verstand, er begegnete», – und Kort – Kopf, erhöhter Ort; also Kettesch-Kort) Berg der Begegnung; er wird bei den Tschetschenzen heilig gehalten, sowohl seines historischen Alters, als auch des hohen Zwecks wegen, dem er diente. Der Kurgan (Grabhügel) auf hoher Erhebung wurde durch Menschenhände zusammengetragen, wie die Ueberlieferung lautet. Der Ort, als das Centrum Itschkeriens, diente ferner stets als Sammelplatz für die Alten der Itschkerier, deren Existenz immer mehr und mehr allgemein feststehender, auf Gebräuchen und Gewohnheiten beruhender socialer und Beziehungen und Vorschriften bedurfte, Adat genannt.
Auf dem Berge Kettesch-Kort wurden nicht allein alle Streitigkeiten und Zwistigkeiten geschlichtet, deren Entscheidung durch die «Alten» man sich unbedingt unterwarf, sondern hier wurden auch Abänderungen des Adat getroffen, wenn sie sich als nothwendig erwiesen, besonders in Folge fortschreitender Entwicklung. Sobald es sich zeigte, dass Streitfragen vorkamen, die man nicht vorhergesehen hatte, begaben sich die «Alten» nach dem Ursitz oder der Urheimat Naschaché, um von dort die Entscheidung zu holen; da nach der Meinung der Itschkerier und Tschetschenzen im engern Sinn dort die reinsten und richtigsten Gewohnheiten und Gebräuche herrschen, so dass noch unlängst ein mit der Entscheidung unzufriedener Itschkerier sich dorthin für endgültige Entscheidung wandte.
Ohne Zweifel waren die jüngern, spätern Auszügler aus Naschaché die Hauptursache und Haupturheber der Feststellung des Adat, da sie aus gebildeteren und fester stehenden Verhältnissen und ältester Niederlassung in wilde und wüste neue kamen. In Naschaché soll eine auffallende Gemeinschaft der Bewohner bestanden haben (etwa an Kasakenthum und überhaupt den Russen noch heute eigenen Associations-Geist und Trieb erinnernd, der vielleicht tatarischen Ursprungs, wie so Vieles bei ihnen ist); diese Gemeinschaft gab sich unter Anderem auch darin kund, dass die Bewohner von Naschaché aus einem grossen, gemeinsamen Kessel (wohl aus mehreren, aber gemeinschaftlichen) speisten, der als Symbol der Freundschaft und Brüderlichkeit der Einwohner galt, die sich gleichem Geschick zu unterwerfen gesonnen sind.
Das Sprachgebiet des Tschetschenischen hat seine kompakteste Verbreitung auf dem rechten Ssunsha-Ufer längs deren Zuflüssen, nur wird am oberen Tschanti-Argun grusinisch gesprochen. Die zweite grosse Sprachgruppe liegt nördlich getrennt am Terek. Nach Osten hin bilden der Jarykssu und Aktasch bis zu ihrem Austritt in die kumykische Ebene die Grenze; nach Westen die Kambiléjewka (Nebenfluss des Terek) und der Terek selbst in der Schlucht von Dsherachow. Am meisten verbreitet unter den Dialekten ist der der Ebene. Eine Eigenthümlichkeit des Tschetschenischen (wie auch des Awarischen) besteht in dem Vorhandensein von mittleren oder scharf leidenden Zeitwörtern; um eine Übertragungstätigkeit anzuzeigen, wird der handelnde Gegenstand aber, auf den die Thätigkeit gerichtet ist, im Nominativ.
Der Dialekt der Itschkerier, obwohl verhältnissmässig alt, bildete sich in Folge der oben angeführten Umstände um, hauptsächlich wohl in Naschaché, dem Stammsitze, in dem sie friedlich und aus verschiedenartigen Elementen sich zusammenfanden. Dass dies der Fall war, bestätigt sich dadurch, dass nach der Ueberlieferung die ersten Bewohner der argunischen und itschkerischen Gebirge ein und dieselbe Sprache redeten und nach denselben Sitten und Gebräuchen lebten, wie die im heutigen Bezirk von Argun, im nördlichen Itschkerien, in der Tschetschena und anderen Gegenden, die weniger dicht von Tschetschenzen bewohnt sind, da diese erst in der Folge sich durch Vermehrung ergiebt sich übrigens, dass der Dialekt von Naschaché ganz derselbe mit dem der Galgaier ist, während diese letzteren sich darin etwas von den Schatoiern, Tschaberlóern und andern unterscheiden, die wiederum eine Nüance mit den Dialekten der eigentlichen Tschetschna und Itschkeriens aufweisen, was nicht ausschliesst, dass sich bei den letztern gewisse kleine Unterschiedene je nach Ortschaften, zeigen.
Die Dialekte der Naschaché und Galgaier stehen dem des gegenwärtigen Bezirks von Argun näher, als denen der Itschkerier und der Bewohner der Tschetschna.
Nahe dem Aul Naschaché liegt, nach der Aussage der Tschetschenzen, der Aul Kereten oder Keretan-Akch, d. h. der Ort des Christen Akchai. Dieser Umstand weist darauf hin, dass das Christenthum hier aus dem benachbarten Grusien eindrang, das durch die heilige Nina zu Anfang des vierten Jahrhunderts christlich geworden war, und wo sich dasselbe ununterbrochen und fest gegen religiös, politisch und national feindliche mächtige Nachbarn: Türken, Perser, Tataren und Bergvölker erhielt. Nach Itschkerien brachten das Christenthum einzelne Persönlichkeiten, die mehr wohl aus Unabhängigkeitstrieb, als Apostel kamen; da aber in den Felsschluchten sich verschiedene Glaubensanschauungen zusammenfanden, so gewann der Bestand des Christenthums nur geringe Festigkeit, zumal keine Autorität oder feste Lehre es aufrecht erhielt. Ein solcher Zustand dauerte bis zum Jahr 722, also etwa 400 Jahre, wo die Araber mit Feuer und Schwert den Muhamedanismus einführten und das rohe und vielfach verschiedene Heidenthum verdrängten.
Nahe dem Aul Belgata, unweit von Dargo, östlich von Wedén, liegen zwei hohe Kurgane, die als religiöses Heiligthum und Wallfahrtsort dienten. Beide Kurgane haben bis heute ihre Namen erhalten; Stella und Jerda.
In späterer Zeit scheint das Christenthum in viele Gegenden und auf mancherlei Arten in verschiedenen Zeiten eingedrungen zu sein, worauf mannigfache Anzeichen hinweisen, so auch der Kreuzes-Schmuck an verschiedenen alten Bauten und einiges Andere. Als ein Beweis dafür, wie überhaupt für grusinischen Einfluss, dürfte auch dienen, dass ganz zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts (1603), als Grusien um Beistand bei dem Zaren von Moskau Gunóff (als Glaubensbruder) bat, dieser einen Abgesandten nach Grusien schickte, um an Ort und Stelle sich über das Verlangte zu orientiren. Ihm kam in der Tschetschna der Thronerbe Grusiens entgegen, um ihn an der Grenze seines Gebiets und seiner Glaubensgenossen zu empfangen, wie dies so oft und besonders im Orient üblich ist, und es lässt sich ebenso wenig voraussetzen als erklären, dass es geschehen wäre, wenn die Tschetschna nicht christlich und nicht unterworfen gewesen wäre.
Damit stimmt auch überein, dass viele Wohnsitze in dem Tschetschenzengebiet grusinische Namen haben, und nach der Ueberlieferung die Gebirgsgegenden überhaupt meist den Grusiern unterworfen waren.
Die Tschetschenzen haben eine besondere Sympathie für die Kabardiner, die sie «delikate» Leute nennen, und von denen sie vielfach Sitten und Moden annehmen; namentlich das Sattelzeug, die Nogaika (kurze Pferdepeitsche), die Burka, die mit Silber besetzten Riemen, was Alles bei den Kabardinern besser hergestellt wird. Sie nennen die Lesghier, ihre Nachbarn im Süden, Ssóli; die Kumyken aber Gumyken. Ihre Erzählungen, Sagen, Ueberlieferungen tragen alle den Charakter, dass alle jungen Männer Helden sein müssen. Die Weiber verrichten alle Arbeiten im Hause und auf dem Felde, ausser dem Mähen des Heues; auch holen sie kein Holz aus dem Walde Walde und ackern nicht; das Korn schneiden sie mit einer gewöhnlichen Sichel. – Wenn kein Mann im Hause ist, so bitten sie zur Feldarbeit um fremden Beistand, der ihnen ohne Entschädigung gewährt wird. Die Gastfreundschaft ist sehr entwickelt, so dass bei Armuth alles Nothwendige von den Nachbarn zusammengetragen