Учимся рисовать. В. Г. Дмитриева

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Учимся рисовать - В. Г. Дмитриева Многоразовая тетрадь-тренажёр

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was tun Sie gerade?“

      „Sie haben gut spotten! Nadja wird mich in Stücke reißen, wenn ich ihr das gestehe. Haben Sie keine Idee auf Lager, die weniger erklärungsbedürftig ist?“

      „Besser nicht, Herr Durante. Die beste Idee ist die Wahrheit, denn an ihr wird am meisten gezweifelt. Das weiß ich aus Erfahrung. Zu Hause werden Sie eine Feuerprobe zu bestehen haben, darauf sollten Sie sich gefasst machen. Also fangen Sie nicht mit Schwindeleien an, in die Sie sich nur verstricken würden. Erzählen Sie Nadja einfach, wie es wirklich gewesen ist, und zwar, so oft sie will. Sie wird immer die gleiche Geschichte hören, weil sie wahr ist.“

      Erik dachte eine Weile über Romys Worte nach, ehe er auf sie einging. „Hört sich ziemlich klug an, Romy Bonero. Und schließlich: Was ist denn schon passiert?“

      Prenzlauer Berg

      Erik und Romy standen auf dem Washington-Platz vor dem modernen Bau des Berliner Hauptbahnhofs, der die Stelle des ehemaligen Lehrter Bahnhofs eingenommen hatte. Sobald der Strom der Reisenden sich aus dem Gebäude ins Freie ergossen hatte, verlor er sich auf dieser riesigen Fläche in Richtung Südost, denn vor allem für die jugendlichen Rucksacktouristen war es wegen der zentralen Lage des Hauptbahnhofs keine Anstrengung, alle Ziele im Herzen von Berlin Mitte zu Fuß zu erreichen und somit das Fahrgeld für die Schnellbahn zu sparen.

      „Und was jetzt, Mr. Crazy?“ Romys Tonfall hatte nichts von ihrem milden Spott eingebüßt.

      Erik hob die Schultern. „Keine Ahnung.“

      „Habe ich mir gedacht. Wieviel Geld haben Sie noch?“

      „Nicht viel, aber ich kann jederzeit Bargeld vom Automaten abheben oder mit meiner EC-Karte bezahlen.“

      „Sehr schön. Wir nehmen jetzt ein Taxi zum Prenzlauer Berg, und dann suchen wir für Sie ein Hotel. Morgen früh können Sie das Kleid Ihrer Freundin bei mir abholen. Was Sie ihr zu Hause erzählen können, wissen Sie ja bereits.“

      Erik zupfte sich am Ohrläppchen. „Bis auf eine Kleinigkeit, über die ich nochmal gegrübelt habe.“

      „Und die wäre?“

      „Jeder Kunde einer Reinigung kann durch die Folie sehen, was er ausgehändigt bekommt. Jedenfalls war das Nadjas Überlegung, und wenn ich darüber nachdenke, hatte sie recht. Eine Verwechslung ist praktisch ausgeschlossen. Also wie soll ich ihr plausibel erklären, dass Sie es trotzdem in der Reinigung angenommen haben?“

      Romy sah ihn spitzbübisch an. „Habe ich doch gar nicht, Mr. Crazy.“

      Erik rollte die Augen. „Natürlich nicht, aber …“

      „Sagen Sie ihr, mir habe das Kleid besser gefallen als mein eigenes, und zufällig hatte es meine Größe.“

      „Ich weiß nicht recht. Das klingt ziemlich weit hergeholt. Haben Sie keine andere Idee, die glaubhafter klingt?“

      „Zufällig gerade nicht. Sie müssen sich wohl selbst etwas einfallen lassen, Mr. Crazy. Zeit genug haben Sie ja während der Rückfahrt.“

      „Ich fahre nicht zurück.“

      Romy zeigte sich von Eriks spontaner Äußerung überrascht. Das war eine neue Entwicklung. „Warum nicht?“

      „Ich will Sie näher kennenlernen.“

      „Wozu?“

      „Sie interessieren mich.“

      „Das ist wirklich eine originelle, erschöpfende Begründung.“

      Erik ignorierte die Ironie in Romys Worten, nicht willens, sich den Instanzen zu beugen, die man als Vernunft und Verstand bezeichnet. „Jedenfalls fahre ich nicht gleich morgen nach Hanau zurück. Ich bleibe in Berlin, wenigstens für ein paar Tage. Außerdem will ich Sie zum Abendessen einladen.“

      Romy schüttelte missbilligend den Kopf. „Schlagen Sie sich das aus dem Kopf, Mr. Crazy. Ich kenne Sie erst seit wenigen Stunden und muss völlig neben der Spur sein, mich überhaupt noch länger mit Ihnen abzugeben.“ Entschlossen packte sie den Griff ihres Rollkoffers und ging los, so dass Erik nichts anderes übrigblieb, als hinter ihr herzutrotten.

      An der Westseite des Hauptbahnhofs nahmen sie ein Taxi, dessen Fahrer ein halsbrecherisches Tempo einlegte, um möglichst viele Grünphasen zu nutzen. Innerhalb von fünfzehn Minuten erreichten sie die U-Bahn-Station Schönhauser Allee im Bezirk Prenzlauer Berg, bogen in die Wichertstraße ein und hielten nach wenigen Metern vor einem Altbau.

      Erik folgte Romy in den dritten Stock. Sie schloss die Tür zu ihrer Wohnung auf und wurde, kaum dass sie einen Fuß in den Flur gesetzt hatte, mit dem eindringlichen Miauen einer graugetigerten Katze begrüßt, die ihr um die Beine strich und den Kopf an ihren Waden rieb.

      „Hallo, Lilly, mein Liebling. Da bin ich wieder.“

      Romy stellte ihren Koffer ab und nahm die Katze auf den Arm. Doch als Erik in den Flur trat, fuhr Lilly erschrocken ihre Krallen aus, stemmte sich gegen Romys Brust, sprang ihr vom Arm und flüchtete ins Wohnzimmer.

      „Sie braucht eine Weile, sich an Fremde zu gewöhnen. Erst recht, wenn es sich um Männer handelt. Tiefe Stimmen machen sie misstrauisch.“

      „Sie haben die Katze tagelang allein gelassen?“

      „Wofür halten Sie mich, Mr. Crazy? Lilly nimmt in meinem Leben den ersten Platz ein. Sie wird, wenn ich weg bin, von einer Nachbarin versorgt. Gehen Sie ins Wohnzimmer und setzen Sie sich. Ich mache uns Kaffee. Wie trinken Sie ihn?“

      „Schwarz.“

      „Genau wie ich.“ Mit diesen Worten entschwand Romy in die Küche.

      Erik nahm auf der Couch Platz und sah sich im Wohnzimmer um. Es gab nur wenige Möbel, modern, hell und kühl im Design, dafür allerlei Dekorationsstücke und Schnickschnack: ein Schaukelpferd aus Holz, dessen Farben an vielen Stellen abgeblättert war; ein alter Schlitten, der als Blumenbank diente; eine dreibeinige Studiolampe, wie Beleuchter sie für Filmaufnahmen verwenden; eine chinesische Bodenvase mit Baumwollzweigen, an denen noch die weichen, faserigen Kugeln hingen. Auf einem Hängeregal waren vor den Bücherrücken Figuren und Figürchen aufgereiht, wahrscheinlich Reisesouvenirs und Erinnerungen an die Kindheit. Jede Menge Katzenfiguren: Romy war zweifellos eine Katzennärrin.

      Erik fiel ein silberner Bilderrahmen ins Auge, der ganz oben auf dem Hängeregal stand. Er enthielt das Foto eines dunkelhaarigen, gutaussehenden Mannes mittleren Alters, dessen Anblick Erik ein mulmiges Gefühl verursachte.

      „So, hier kommt der Kaffee.“ Romy stellte das Tablett mit den gefüllten Kaffeetassen und einer Schale mit Schokoladenkeksen auf dem Clubtisch ab. Erik nahm einen Keks und biss hinein. „Sie sind verheiratet?“

      Romy lachte, als habe er einen Witz gemacht. „Ich? Wie kommen Sie darauf? Sieht meine Wohnung aus, als gäbe es hier noch jemanden außer mir? Abgesehen von Lilly.“

      „Aber das Foto … dort oben auf dem Bücherregal …“

      Im nächsten Moment wich die Unbekümmertheit aus Romys Gesicht, und sie senkte die Augen. „Mein Vater“, flüsterte sie. „Er ist schon lange

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