Salvator. Александр Дюма
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»Oh! ich hege diese Anmaßung durchaus nicht, mein Herr.«
»Monseigneur Coletti mag also gelten! Er läßt für Sie die beste Loge des Conservatoire aufbewahren, wenn die Orotorien kommen; er reserviert Ihnen die beste Tribune von Saint-Roch, um das Magnificat und das Dies irae zu hören, und er hat meinem Haushofmeister Recepte von Wildpretpurée gegeben, welche die Bewunderung Ihrer zwei alten Cicisbei, der Herrn von Courchamp und Montrond, erregten. Sodann ist da ein reizender Junge, den ich von ganzem Herzen liebe . . . «
Frau von Marande befragte ihren Gatten mit dem Blicke; dieser Blick bedeutete klar: »Wer das?«
»Lassen Sie mich auch sein Lob gegen Sie aussprechen, nicht als Dichter, nicht als dramatischer Schriftsteller, – Sie wissen, es ist abgemacht, daß die Banquiers nichts von der Poesie oder dem Theater verstehen, – sondern als Mensch . . . «
»Sie meinen Herrn . . . ?«
Frau von Marande zögerte.
»Ich meine Herrn Jean Robert, bei Gott!«
Eine zweite Purpurwolke, noch viel intensiver und tiefer gefärbt als die erste, zog über das Gesicht von Frau von Marande, ihr Gatte verlor nicht die kleinste Nuance hiervon; er hatte jedoch den Anschein, als gäbe er nicht darauf Acht.
»Sie lieben Herrn Jean Robert?»fragte die junge Frau.
»Warum nicht? Er ist von gutem Hause; sein Vater nahm bei den republikanischen Heeren einen Grad ein, der über dem war, welchen der Ihrige bei den kaiserlichen Heeren einnahm; hätte er sich mit der Familie Napoleon vereinigen wollen, so wäre er als Marschall von Frankreich gestorben, statt sterbend seine Familie im Elend oder beinahe im Elend zurückzulassen. Der junge Mann hat Alles das in die Hand genommen; er ist muthig durch die Schwierigkeiten des Lebens gegangen; das ist ein offenes redliches Herz, das vielleicht seine Liebe, aber durchaus nicht seine Antipathien zu verbergen weiß. Sehen Sie, mich zum Beispiel, mich liebt er nicht . . . «
»Wie, er liebt Sie nicht?« rief Frau von Marande, die sich hinreißen ließ; »ich habe ihm doch gesagt . . . «
»Er soll sich den Anschein geben, als liebte er mich . . . Nun wohl, der arme Junge, obschon er, ich bezweifle es nicht, die größte Rücksicht für Ihre Ermahnungen hat, vermöchte doch bei diesem Punkte nicht dazu zu gelangen, daß er Ihnen gehorchen würde. Nein, er liebt mich nicht! sieht er mich auf einer Seite der Straße kommen, und er kann ohne Unhöflichkeit auf die andere gehen, so thut er es; begegne ich ihm, und er ist, unversehens erfaßt, genöthigt, mich zu grüßen, so geschieht es mit einer Kälte, von der jeder Andere als ich verletzt wäre, der ich diese Pflicht der Höflichkeit erfülle, um ihn eine Einladung bei Ihnen annehmen zu machen. Gestern habe ich ihn gezwungen, buchstäblich gezwungen, mir die Hand zu geben, und wenn Sie wüßten, was der arme Junge während der ganzen Zeit, die seine Hand in der meinigen blieb, gelitten hat! Das hat mich gerührt, und je mehr er mich haßt, desto mehr liebe ich ihn . . . Sie begreifen das, nicht wahr, Madame? Das ist ein undankbarer Mensch, aber ein redlicher Mensch.«
»Wahrhaftig, mein Herr, ich weiß nicht, wie ich das, was Sie mir sagen, nehmen soll!«
»Wie man Alles nehmen muß, was ich sage: als die Wahrheit. Der arme Junge glaubt sich im Unrechte gegen mich, und das macht ihn befangen.«
»Mein Herr, in welchem Unrechte?«
»Ich sage Ihnen nicht, er sei kein Geisterseher; er ist Dichter, und jeder Dichter ist es mehr oder weniger . . . Ah! eine Empfehlung: nicht wahr, er macht Ihnen Verse?«
»Mein Herr . . . «
»Er hat gemacht; ich habe sie gesehen.«
»Er läßt sie aber nicht drucken!«
»Er hat Recht, wenn sie schlecht sind; er hat Unrecht, wenn sie gut sind. Er thue sich meinetwegen keinen Zwang an. Ich setze indessen eine Bedingung.«
»Welche, wenn ich fragen darf? Daß mein Name nicht dabei stehe?«
»Im Gegentheile, im Gegentheile! Teufel! Geheimnisse gegen uns, seine Freunde! Nein! . . . Ihr Name mag mit allen Buchstaben dabei stehen! Wer Henkers wird Schlimmes in Versen gemacht von einem Dichter an eine hübsche Frau finden? Wenn Herr Jean Robert Verse an eine Blume, an den Mond, an die Sonne macht, setzt er einen Anfangsbuchstaben dazu? Nicht wahr, nein? er setzt ihren ganzen Namen. Wie die Blume, wie der Mond, wie die Sonne, sind Sie eine von den sanften, schönen, wohlthätigen Schöpfungen der Natur: er behandle Sie also wie die Sonne, wie den Mond, wie die Blumen.«
»Ah!«mein Herr, wenn Sie im Ernste sprechen . . .
»Ja, ich verstehe, das macht Ihnen die Brust ein wenig leicht.«
»Mein Herr . . . «
»Das ist also abgethan; Herr Jean Robert bleibt, er mag wollen oder nicht, unter der Zahl unserer Freunde; und wundert man sich über seine unausgesetzten Aufmerksamkeiten, so sagen Sie, – was wahr ist« – weder Sie, noch er haben diese beharrlichen Aufmerksamkeiten gewünscht, sondern ich, der ich dem Talente, dem Zartgefühle und der Discretion von Herrn Jean Robert volle Gerechtigkeit widerfahren lasse.«
»Was für ein sonderbarer Mann sind Sie doch, mein Herr!« rief Frau von Marande, »und wer, wird mir das Geheimniß Ihrer seltsamen Zuneigung für mich sagen?«
»Belästigt sie Sie?«« fragte Herr von Marande mit einem Lächeln, das nicht ganz von Melancholie frei war.
»Oh! Nein, Gott sei Dank! . . . nur läßt sie mich befürchten, daß . . . «
»Nun, was läßt sie Sie befürchten ?«
»Daß an einem schönen Tage . . . Doch nein, es ist unnöthig, daß ich Ihnen sage, was mir durch den Geist, oder vielmehr durch das Herz geht.«
»Reden Sie, Madame, wenn das, was Sie zu sagen haben, einem Freunde gesagt werden kann.«
»Nein« das hätte beinahe das Ansehen einer Erklärung.«
Herr von Marande schaute seine Frau fest an.
»Aber, mein Herr,« sagte sie, »ist Ihnen nicht auch manchmal Eines eingefallen?«
Herr von Marande schaute fortwährend seine Frau an.
»Was? Lassen Sie hören, Madame!»fragte er, nachdem er einen Augenblick geschwiegen hatte.
»Daß sich . . . so lächerlich das sein mag, eine Frau in ihren Mann verlieben kann.«
Eine Wolke zog rasch über das Gesicht von Herrn von Marande; er schloß die Augen, und die Dunkelheit bildete sich, so zu sagen, auf seiner Physiognomi.
Alsdann erwiderte er den Kopf schüttelnd und als erwachte er aus einem Traume:
»Ja, so lächerlich es sein mag, das kann geschehen. Bitten Sie Gott, Madame, daß ein solches Phänomen nicht zwischen uns eintrete!«
Und die Stirne faltend, fügte er mit leiser Stimme bei:
»Das wäre ein zu großes Unglück für Sie und besonders für mich!«
Dann stand er auf und mochte ein paar Gänge im Zimmer, wobei er