Denkwürdigkeiten eines Fechtmeisters. Александр Дюма
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Murat ertheilt seine Befehle mit der Schnelligkeit und der Strenge, welche eine solche Lage erheischt. Der rechte Flügel, anstatt abzuwarten, daß man ihn angreift, soll angreifen. Es ist der General Piré, der mit dieser Bewegung beauftragt ist.
Der General Anthouard eilt zu seinen Kanonieren, und läßt sie ihren Posten behaupten: es ist ihre Pflicht, sich auf ihren Stücken niedersäbeln zu lassen.
Der General Girardin soll das 106. Regiment, das in vollem Rückzuge ist, wieder sammeln, und sie wieder gegen den rechten Flügel der Russen, der fortfährt vorzurücken, führen, während dem daß Murat sie von der Seite mit einem Regimente polnischer Uhlanen angreifen wird.
Jeder begibt sich mit der Schnelligkeit des Blitzes auf seinen Posten. Murat eilt vor die Fronte der Polen, um sie durch eine Anrede anzufeuern; das Regiment, welches glaubt, daß der König sich an ihre Spitze setze, stößt ein lautes Geschrei aus, senkt seine Lanzen und stürzt vorwärts. Murat hat sie nur anreden wollen, er muß sie führen: die Lanzen treiben ihn von hinten, sie nehmen die ganze Breite des Weges ein, er kann weder anhalten, noch sich zur Seite werfen, er ergreift daher sein Theil als Tapferer, zieht seinen Säbel, ruft vorwärts, greift zuerst wie ein einfacher Kapitain an, und verschwindet mit seinem ganzen Regimente in den feindlichen Reihen, welche er von einer Seite zur andern durchschneidet, und in die er durch diese ungeheure Lücke die Verwirrung wirft.
Auf der andern Seite findet er Girardin und sein Regiment wieder, von der Höhe des Hügels sieht er das Feuer seiner Artilleristen sich verdoppeln, während dem daß ein wohlunterhaltenes Gewehrfeuer auf der äußersten Rechten ihn benachrichtigt, daß der General Piré seinen guten Ruf behauptet.
Nun stellt sich der Kampf wieder her, und dauert mit einem gleichen Vortheile während zweier Stunden. Hierauf weichen die Russen und fangen an Terrain zu verlieren, aber Schritt vor Schritt und als Männer, die eher Befehlen nachgeben, als wie als Besiegte, die sich zurückziehen; endlich kehren sie langsam in ihre Waldung zurück, in der sie verschwinden, und die Franzosen befinden sich wieder in der Ebene. Murat und Eugen zögern, sie in diesen dichten Forsten zu verfolgen. In diesem Augenblicke erscheint der Kaiser, setzt ein Pferd in Galop, langt auf dem Hügel an, welcher das Schlachtfeld beherrscht, und dort, in Mitte der Artillerie, hält er ohne Bewegung und gleich einer Reiterstatue an. Murat und Eugen befinden sich bald an seiner Seite; sie berichten ihm, was vorgefallen ist, und die Ursache, welche sie zurückhält.
– Durchbrecht diesen Wald, sagt Napoleon, er ist nur ein Vorhang, in dem sich die Russen nicht halten werden.
Bald hört man die Musik von ankommenden Regimentern. Sicher, unterstützt zu werden, setzen sich Murat und Eugen von neuem an die Spitze ihrer Soldaten, und dringen entschlossen in den Wald ein, den sie einsam und düster, wie den bezauberten Wald Tassos finden.
Nach Verlauf einer Stunde kommt ein General-Adjutant, um Napoleon zu melden, daß die Avant-Garde den Wald passiert hat, und daß von der, von ihr eingenommenen Stellung aus, man Witebsk erblickt,
– Dort ist es, wo sie uns erwarten, sagt Napoleon, ich hatte mich nicht getäuscht.
Nun gibt er den Befehl, daß die ganze Armee ihm folge; dann, ein Pferd in Galop setzend, sprengt auch er nun durch den Wald, und holt Murat und Eugen wieder ein. Seine Lieutenants haben die Wahrheit gesagt, Witebsk erhebt sich amphitheatralisch auf seinem doppelten Hügel vor seinen Augen.
Aber der Tag ist schon zu weit vorgerückt, um etwas zu unternehmen; er bedarf Zeit, um zu recognosciren, das Land zu erforschen und einen Plan zu fassen; außerdem ist der übrige Theil der Armee noch in den Engpässen verwickelt, die Napoleon selbst erst kaum seit drei Stunden verlassen hat. Er befiehlt, daß man ein Zelt auf einer Höhe zur linken der großen Straße aufschlage, läßt seine Karten entfalten, und beugt sich über sie.
Die Nacht bricht herein, die Feuer entzünden sich; nach ihrer Ausdehnung und nach ihrer Zahl ist nicht mehr daran zu zweifeln, daß man die russische Armee erreicht hat, sie ist da, sie erwartet ihn.
Stunde vor Stunde erwacht Napoleon und fragt, ob die Russen noch immer auf ihren Posten sind; man antwortet ihm mit ja. Sieben Male läßt er in dieser Nacht Berthier kommen, das letzte Mal führt er ihn selbst bis an die Thüre seines Zeltes zurück und versichert sich mit seinen eigenen Augen, daß man ihn nicht getäuscht hat; dann endlich schläft er ein wenig ruhiger ein, indem er den Befehl gibt, daß man ihn mit Tagesanbruch wecke.
Aber dieser Befehl ist unmöthig, er selbst ist es, der um drei Uhr Morgens seine Generaladjutanten ruft und ein Pferd verlangt. Da immer eins bereit stand, so führt man es ihm herbei. Er springt hinauf, und nur von einigen Stabs-Officieren begleitet, durcheilt. er die ganze Linie. Russen und Franzosen sind an ihren Posten, und als der Tag anbricht, sieht Napoleon voller Freuden die ganze feindliche Armee auf den Terrassen, welche die Zugänge von Witebsk beherrschen. Drei Hundert Fuß unter ihnen fließt die Luczissa, ein reißender Strom, der von den Gebirgen herab sich in die Dwina ergießt. Vor der Armee stehen gleich Vorposten zehn Tausend Mann Cavalerie, die sich zu ihrer Rechten an die Dwina, und zu ihrer Linken an einen mit Infanterie besetzten und mit Kanonen bespickten Wald lehnen. Alles zeigt, wie man sieht, von einem festen Willen zu schlagen.
Napoleon hat mit einem einzigen Blicke die ganze feindliche Linie aufgefaßt, und seine Befürchtung ist verschwunden. Wenn die Russen nicht geneigt sind, uns anzugreifen, so scheinen sie zum mindesten entschlossen, sich zu vertheidigen. In diesem Augenblicke kommt der Vice-König zu Napoleon, der ihm seine Befehle ertheilt, und sogleich reitet er auf einen abgelegenen Berg zur Linken der Herrstraße, von wo aus er, zur Seite des Schlachtfeldes gestellt, die beiden Armeen übersehen kann.
In einem Augenblicke sind die gegebenen Befehle überbracht. Die Division Broussier, gefolgt von dem 18. Regimente leichter Infanterie und der Cavalerie-Brigade des General Piré wendet sich zur Rechten, überschreitet die Heerstraße und wird eine kleine Brücke wieder herstellen, die der Feind zerstört hat, und welche ihr den Uebergang über eine Schlucht gewähren wird, welche sich vor unserer Fronte, wie die Luczissa vor jener der Russen ausdehnt. Nach Verlauf von einer Stunde ist die Brücke wieder hergestellt, ohne daß der Feind den mindesten Widerstand gezeigt.
Die ersten, welche über die Schlucht gehen, sind zwei Hundert, Voltigeure von dem 9. Linien-Regimente, angeführt von den Kapitainen Gayard und Savary, sie werfen sich sogleich auf die Linke, wo sie, das äußerste Ende unseres Flügels bilden sollen, der sich, wie der russische, an die Dwina stützen wird. Ihnen folgt das von Murat geführte 16. Regiment Chasseur zu Pferde, hinter welchem einige Stücke leichter Artillerie marschieren. Die Division Delzons rückt ihrer Seits vor, als plötzlich, sey es nun, daß er sich durch seine gewöhnliche Hitze hat hinreißen lassen, oder sey es, daß er einen empfangenen Befehl übel ausgelegt, Murat sich an die Spitze des 16. Chasseur-Regiments stellt, und es auf die russischen Cavalerie-Massen stürzt, welche uns bis dahin ohne Bewegung und als ob es sich um eine Parade handele, haben defilieren sehen.
Man sieht nun, mit einem mit Schrecken gemischten Erstaunen sechs Hundert Mann zu einem Angriffe auf zehn Tausend vorrücken; aber bevor sie nur noch angelangt sind, hat schon die Beschaffenheit des durch den Winterregen eingesunkenen Bodens ihre Linien gebrochen, so daß, indem sie fühlen, daß jeder Widerstand ohnmöglich ist, sie bei der ersten Bewegung der russischen Uhlanen den Rücken wenden und die Flucht ergreifen; aber die Gräben, welche ihrem Angriffe geschadet, hemmen auf eine noch unglücklichere Weise ihren Rückzug. Auf das heftigste von den Piken verfolgt, sind die Chaffeurs überfallen, in den Gräben über den Haufen geworfen, und vereinigen sich nicht eher wieder, als unter dem Feuer des 53. Linien-Regiments. Murat allein, mit ohngefähr ein