Denkwürdigkeiten eines Fechtmeisters. Александр Дюма

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Denkwürdigkeiten eines Fechtmeisters - Александр Дюма

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Bobruisk erstrecken, dessen man sich bemächtigt! Blockhäuser werden auf der ganzen Linie erbaut.

      Auf diese Weise gelagert, wird der großen Armee nichts fehlen; außer den Magazinen von Danzig, von Wilna und von Minsk, wird man Kurland und Samogitien in Contribution setzen; sechs und dreißig ungeheure Backöfen werden erbaut werden, welche auf einmal dreißig Tausend Pfund Brod liefern können. – Das für die materielle Nothdurft.

      Elende Hütten verderben den Schloßplatz, sie sollen abgebrochen und die Trümmern fortgeschafft werden; die Stadt ist verlassen, man wird die reichsten Herren und die elegantesten Frauen von Wilna und Warschau einladen, um den Winter daselbst zuzubringen; man wird ein Schauspielhaus bauen, und zu seiner Einweihung werden Talma und Demoiselle Mars nach Witebsk kommen, wie sie nach Dresden gekommen sind. – Das für den Luxus.

      Nachdem dieser Plan, zu dessen Reifwerden eine halbe Stunde ausgereicht, einmal in seinem Geiste gefaßt war, schnallt Napoleon seinen Degen ab, wirft ihn auf einen Tisch, und sich dann an den eben eintretenden König von Neapel wendend, sagte er zu ihm:

      – Murat, der erste Feldzug von Rußland, ist beendigt: pflanzen wir hier unsere Adler auf, ich will hier zu mir selbst kommen und mich sammeln; zwei große Flüsse bezeichnen unsere Stellung; bilden wir das geschlossene Carrée; Kanonen an die Ecken und ins Innere, damit ihr Feuer sich überall kreuzt; 1813 wird uns zu Moskau sehen, 1814 zu St. Petersburg. Der Krieg von Rußland ist ein Krieg von drei Jahren.

      Das war der gute Genius Napoleons, der auf diese Weise in diesem Augenblicke sprach, aber der Dämon des Krieges sollte nicht zögern, seine Herrschaft wieder zu ergreifen; nach Verlauf von vierzehn Tagen waren alle diese großen Pläne wieder verschwunden; und gleich einem ermüdeten Riesen, der wieder Athem geschöpft, setzte er nach vierzehn Tagen seinen Lauf fort. Am 18. August fiel Smolensk in unsere Gewalt; am 16. September stand Moskau in Flammen, und am 13. December ging Napoleon nächtlicher Weise flüchtig wieder über den Niemen, allein und verfolgt durch das Gespenst der großen Armee.

      Ein andächtiger Pilger unseres Ruhmes wie unsrer Unglücksfälle, war ich seit Wilna demselben Wege gefolgt, den Napoleon zwölf Jahre zuvor gemacht hatte, indem ich alle die Sagen sammelte, welche die guten Litthauer über seinen Durchzug bewahrt hatten. Gern hätte ich auch noch Smolensk und Moskau, dieses neue Pultawa, sehen mögen; aber dieser Weg hätte mich gezwungen, zwei Hundert Stunden mehr zu machen, und das war mir ohnmöglich. Nachdem ich einen Tag in Witebsk geblieben und das Schloß besucht, auf welchem sich Napoleon vierzehn Tage aufgehalten hatte, ließ ich Pferde und einen jener kleinen Wägen kommen, deren sich die russischen Couriere bedienen, und die man Perekladnoi’s nennt, weil man sie auf jeder Post wechselt. Ich warf meinen Mantelsack hinein und hatte bald Witebsk hinter mir, fortgeführt durch meine drei Pferde, von denen das mittlere mit hochgehobenem Kopfe trabt, während die beiden anderen zur Rechten und zur Linken galoppieren, indem sie wiehern und den Kopf senken, als ob sie die Erde verzehren wollten.

      Uebrigens verließ ich nur eine Erinnerung für eine andere. Dieses Mal folgte ich dem Wege, welchen Katharina bei ihrer Reise nach Tauris eingeschlagen hatte.

      II

      Aus Witebsk herausfahrend fand ich die russische Zollstätte; da ich aber nur einen Mantelsack bei mir hatte, so dauerte trotz der sichtlich guten Absicht, welche der Beamte des Postens die Untersuchung in die Länge zu ziehen hatte, dieselbe doch nur zwei Stunden zwanzig Minuten, was in den Annalen des moscowitischen Zollwesens beinahe unerhört ist. Nachdem diese Untersuchung geschehen, so konnte ich in dieser Beziehung bis nach St. Petersburg unbesorgt sein.

      Am Abende gelangte ich nach Veliki-Louki, dessen Name großer Bogen bedeutet, es verdankt diese malerische Bezeichnung den Krümmungen des Flusses Lova, welcher unter seinen Mauern hinfließt. Im 11. Jahrhunderte erbauet, wurde diese Stadt im 12. Jahrhunderte von den Litthauern verwüstet, dann von dem Könige von Polen, Ballori, erobert, hierauf Iwan Wasiewith wiedergegeben, und dann endlich durch den falschen Demetrius verbrannt. Neun Jahre lang öde geblieben wurde sie wieder durch die Kosacken vom Don und vom Jaik bevölkert, von denen die gegenwärtige Bevölkerung fast ganz abstammt, Sie hat drei Kirchen, von welchen zwei an der Hauptstraße liegen, und vor welchen mein Postillon im Vorüberfahren nicht ermangelte, das Zeichen des Kreuzes zu machen.

      Trotz der Härte des nicht hängenden Wagens, den ich gekommen, und dem schlechten Zustande der Straßen, war ich doch entschlossen, mich durchaus nicht aufzuhalten; denn man hatte mir gesagt, daß ich die hundert und zwei und siebzig Stunden, welche Witebsk von St. Petersburg trennen, in acht und vierzig Stunden machen könnte, ich hielt mich demnach vor den Posthäusern nicht länger auf, als Zeit nöthig die Pferde anzuspannen, und fuhr gleich wieder weiter. Es ist unnöthig zu sagen, daß ich die ganze Nacht keine Stunde lang schlief, ich tanzte in meinem Karren, wie eine Nuß in ihrer Schaale. Ich versuchte wohl, mich an der hölzernen Bank, über welche man eine Art von ledernem Kissen von der Dicke eines Buches Papier ausgebreitet hatte, festzuklammern, aber nach Verlauf von zehn Minuten waren meine Arme, verstaucht und ich gezwungen, mich von Neuem diesem entsetzlichen Gerüttel zu überlassen indem ich von Grund meines Herzens die ungleichen russischen Courier bedauerte, die zuweilen ein Tausend Meilen in einem solchen Wagen machen.

      Schon war der Unterschied der moscowitischen Nächte und der Nächte Frankreichs fühlbar. In jedem anderen Wagen würde ich haben lesen können, ich muß sogar gestehen, daß ich, ermüdet durch meine Schlaflosigkeit, es versuchte; aber bei der vierten Zeile sprang mir das Buch bei einem Stoße aus den Händen, und da ich mich bückte, um es wieder aufzuraffen, warf mich ein anderer Stoß von der Bank. Ich brachte eine gute halbe Stunde damit zu, mich in meinem Kasten abzukämpfen, bevor ich mich wieder auf meine Beine setzen konnte, und ich war von dem Belangen meine Lektüre fortzusetzen,geheilt.

      Mit Tages Anbruch befand ich mich in Bejanitzi, einem kleinen Dorfe ohne Bedeutung, und um vier Uhr Nachmittags zu Porkhoff, einer alten an der Chelonia gelegenen Stadt, welche ihren Leinsaamen und ihr Getreide nach dem Ilmer-See bringt, von wo diese Erzeugnisse durch den Fluß, der diese beiden Seen unter sich verbindet, den Ladoga erreichen: ich war auf der Hälfte meines Weges. Ich gestehe daß meine Versuchung groß war, eine Nacht anzuhalten aber die Unsauberkeit des Wirthshauses war so fürchterlich, daß ich mich wieder in meinen Karren warf. Ich muß auch gestehen, daß die mir vom Postillon gegebene Versicherung, daß der Weg, welchen ich noch zu machen hatte, besser sey, als der, welchen ich zurückgelegt, viel zu diesem heroischen Entschlusse beitrug. Dem zu. Folge fuhr mein Perekladnoi wieder im Galop davon, und ich fuhr fort, mich wieder im dem Inneren meines Kastens abzukämpfen, während dem daß mein Postillon auf einem Bocke ein schwermüthiges Lied sang, von dem ich zwar die Worte nicht verstand, dessen Melodie mir aber auf eine wundervolle Weise auf meine schmerzliche Lage anwendbar schien. Wenn ich sage, daß ich einschlief, so wird man mir nicht glauben, und ich würde es selbst nicht geglaubt haben, wenn ich nicht mit einer fürchterlichen Beule an der Stirn erwacht wäre. Es hatte eine solche heftige Erschütterung stattgefunden, daß der Postillon von seinem Bocke geschleudert worden war. Was mich anbetrifft, so war ich durch das Dach meines Karrens zurückgehalten worden, und die Beule, welche mich erweckt hatte, kam von der Berührung meiner Stirn mit dem Weidenholze. Ich hatte nun die Idee, den Postillon in den Wagen, und mich auf den Bock zu setzen; aber welche Anerbietungen ich ihm auch machte, er wollte nicht einwilligen, sey es nun, daß er nicht verstand, was ich von ihm verlangte, oder sey es, daß er seine Pflicht zu verletzen glaubte, wenn er meiner Aufforderung gehorche. Dem zu Folge begaben wir uns wieder auf den Weg; der Postillon begann seinen Gesang wieder, und ich meinen Tanz. Gegen fünf Uhr Morgens kamen wir nach Selogorodez, wo wir anhielten, um zu frühstücken. Dem Himmel sey Dank, es blieben uns nur noch ein fünfzig Stunden zu machen.

      Seufzend kehrte ich in meinen Käfig zurück, und setzte mich wieder auf meinen Stock. Nur fiel mir jetzt ein zu fragen, ob es nicht möglich wäre, das Dach meines Karrens abzunehmen, worauf man mir antwortete, daß nichts leichter von der Welt sey. Ich befahl demnach, daß man sogleich an’s Werk schritte, und es war jetzt nur noch der untere Theil meiner Person, der sich fortwährend in Gefahr befand.

      Zu

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