Der Arzt auf Java. Александр Дюма

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Der Arzt auf Java - Александр Дюма

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Esther in einem Zustande der Betäubung, welcher dem ihres Mannes wenig nachgab. Sie war allein und kam sich sehr verlassen vor. Bei der Gemüthsstimmung, in welche die Krankheit ihres Mannes sie versetzte, hatte sie keine Bekanntschaften gesucht. Ueberdies wirkte der schlechte Ruf des Doctor Basilius, und das Aergerniß, welches dessen sonderbares Testament erweckte, auch auf seine Erben zurück. Und die neuen Nachbarn in Weltevrede blickten auf Eusebius und Esther kaum mit besserem Auge, wie früher die des armen chinesischen Viertels, welches sie in ihrem Elend bewohnt hatten.

      Der Notar Maes war die einzige Person von Wichtigkeit, mit welcher Madame van der Beek in Verbindung blieb. Er hatte sich so viel es in seiner Natur lag, gut und theilnahmvoll gegen sie bewiesen, und ehe das Gericht sie in Besitz der Reichthümer des Doctors setzte, schoß er den jungen Gatten bereitwillig die Summen vor, deren sie in ihrer Lage bedurften. Es war daher natürlich, daß Esther sich entschloß, bei dem Notar Maes Rath zu suchen. Um 1 Uhr Nachmittags trat sie in sein Arbeitscabinet. Sie fand ihn daher ernst und steif, wie er sich während der ersten Viertelstunde ihres Zusammentreffens gezeigt hatte.

      Sie erklärte ihm die Ursache ihres Besuches. Der Notar hörte sie an, ohne mit den Wimpern zu zucken, und antwortete ihr dann mit dem Tone der Ueberzeugung: »Ich sehe keinen Grund, sich zu beunruhigen, Madame. Der Zustand des Herrn van der Beek ist ernst, aber zum Glück hat die göttliche Vorsehung das Heilmittel dem Uebel an die Seite gesetzt.«

      »Das Heilmittel? Ach wenn Sie eines kennen, so sprechen Sie, Herr Maes; ich beschwöre Sie, und müßte ich auch das ganze Vermögen meines Onkels opfern, so würde ich dieses Mittel anwenden.«

      »Sie haben gar nichts zu opfern, Madame, und weit entfernt, Sie irgend etwas zu kosten, wird dieses Mittel sogar Ihr Vermögen vermehren; es wird für Sie eine Quelle neuen Reichthums sein und Sie zu den reichsten Colonisten Batavia’s machen.«

      »Aber was ist das für ein Hilfsmittel?«

      »Die Arbeit!« sagte ernst Herr Maes.

      »Die Arbeit?« wiederholte Esther verwundert.

      »Ja, Madame. Van der Beek leidet, weil er unbeschäftigt ist, wie sein Magen leidet, weil man ihm nicht die passende Nahrung gibt. Ihn zu einer unbedingten geistigen Diät verurtheilen, heißt seinen Tod ebenso sicher herbeiführen, als wenn Sie ihn einer unbedingten physischen Diät unterwerfen wollten. Geben Sie ihm die Sorge, die Unruhe, die kleinen Leiden zurück, welche die wahren Triebfedern des Lebens sind, und Sie werden sehen, daß er seine Kraft und seine Jugend wieder gewinnt. Er rühre sich und er wird leben.«

      »Aber Sie bedenken nicht, mein Herr,« sagte Esther, »daß mein Mann kaum zwei zusammenhängende Gedanken fassen kann, und nicht vier Worte hinter einander zu sprechen vermag.«

      »Das Alles wird sich mit der Sorge um seine Interessen finden, meine theure Dame. Es ist mit der Arbeit, wie mit dein Spiele. Sobald ein Würfel eine seiner Seiten gezeigt hat, ergreift das Fieber Den, der ihn warf;der Dämon der Gewinnsucht schüttelt ihn, wie der Spieler selbst den Becher schüttelt, der sein Glück oder seinen Untergang in sich trägt. Die Arbeit, Madame van der Beek, ist das Universal-Heilmittel, das einzig wahre, das einzig sichere. Die Arbeit wird Ihrem Manne die Gesundheit zurückgeben. Sehen Sie, nehmen Sie mich zum Beispiel an,« fuhr der Notar fort. »Hätte ich keine Arbeit, so würde ich mir eine Kugel durch den Kopf jagen. Die Arbeit allein läßt mich den Jammer des Lebens, die Schmerzen des Herzens, vergessen.«

      »Die Schmerzen des Herzens?« sagte Esther, ihn unterbrechend. »Ich hätte geglaubt, an der Seite der Madame Maes müßte diese Art der Schmerzen Ihnen vollkommen unbekannt sein.«

      Der Notar erröthete, indeß gerieth er nicht in Verwirrung. »Ja,« fuhr er fort, ohne auf diese Bemerkung zu achten, »ja, die Arbeit triumphirt über den bittersten Kummer, wie über die physischen Leiden, und ich z. B., der ich unter der Last der Arbeit erliege, die in diesem brennenden Klima doppelt peinlich ist, ich lebe nur noch durch sie, für sie. Ich fühle, daß, wenn die Arbeit mir mangelte, ich ersticken würde, aus Mangel der nothwendigen Elemente, die Lebensthätigkeit meines fieberhaften Geistes zu erhalten. Folgen Sie meinem Rath, und versuchen Sie dieses Heilmittel bei Herrn van der Beck. Stacheln Sie durch die Sorgfalt für seine Interessen, die Trägheit seines Geistes auf. Ist er sich selbst zurückgegeben, so treibe er Geschäfte, gleich viel welche. Er kaufe eine Pflanzung, er errichte ein Handelshaus in Batavia, er baue Caffee, ernte Reis, raffinire Zucker, destillire Arak, verkaufe Indigo, Thee, Gewürze, was er will, wenn er nur irgend etwas verkauft, wenn er gleich mir Tag und Nacht für seine Geschäfte zu sorgen hat, und in kurzer Zeit weiden Sie ihn gesund und wohlgenährt sehen, wie mich.«

      Madame van der Beet betrachtete staunend den riesigen Notar, und fragte sich, ob die Heilung nicht etwa schlimmer sein mochte, wie das Uebel. Daran wagte sie die Bemerkung: »Ich glaubte, mein Herr, wenn der Abend gekommen ist, mischten Sie einige Zerstreuung in Ihre Arbeiten?«

      »Irrthum, Madame, sehr ernster Irrthum!« sagte Herr Maes, »und ich sehe wohl, daß Sie mich ebenso beurtheilen, wie der gemeine Haufe. Weil Meister Maes in Folge der Stellung, die er einnimmt, und der angesehenen Personen, mit denen er in Berührung steht, und die er als Gäste bei sich sehen muß, eine reiche und gut servirte Tafel führt, sagte er: Meister Maes ist ein Leckermaul. Und das ist ein Irrthum,« fuhr der Notar mit melancholischem Tone fort, »denn dieser Haufe weiß nicht, wie sehr ich dabei meinem Geschmack Zwang anthun muß. Er sagt: Der Notar Maes fährt gleich einem Nabob in einem vierspännigen Wagen spazieren, sobald die Nacht eingebrochen ist. Nein, der Notar Maes fährt nicht spazieren, sondern er besucht ganz einfach irgend eine Pflanzung, deren Besitzer eine Hypothek aufnehmen will. – Dieser Haufe sagt ferner: Der Notar Maes besucht sehr häufig den Campong – das italienische Viertel – und man sieht ihn dort öfter in den Coulissen des Theaters, als in dem Tempel. – Ach, Madame, der gemeine Haufe weiß nicht, daß mein Unglückliches Amt mich dazu zwingt.«

      »Ihr Amt, mein Herr?«

      »Ohne Zweifel, Madame! Dort weiß ich die lockern Herren zu finden, mit denen ich Geschäfte habe, denn es wird Ihnen nicht unbekannt sein, daß Unsere Kaufleute mit den Bewohnern des himmlischen Reiches in sehr lebhaftem Verkehr stehen. Nun wohl, es ist also aus Eifer für die Geschäfte, aus Sorge für die Interessen meiner Clienten, daß ich ganze Nächte mit diesen Schelmen mit geschlitzten Augen zubringe, Tsion und Arat mit ihnen trinke, bis sie unter den Tisch fallen; aber dies geschieht nur, weil man den verschlagenen Schelmen nicht andere beikommen kann, als wenn sie etwas Branntwein in dem Bauche haben. – Das Alles aber, Madame, gehört zu den Frohndiensten meines Amtes, und diese erscheinen mir sehr bitter, bei dem köstlichen Leben, welches meine theure Arbeit mir bereitet.«

      »Sie fangen an, mich zu überzeugen, mein Herr,« sagte Esther mit einem unmerklichen Lächeln.

      »Ich wünsche es,« entgegnete der Notar, »ich wünsche es dringend.«

      , »Aber,« fuhr die junge Frau fort, »wie soll man etwas Aehnliches von einem armen Kranken erlangen?«

      »Ach, Madame, dazu gibt es tausend Mittel.«

      »Geben Sie mir eines an.« -

      »Indem Sie ihm den Ertrag der Arbeit zeigen – Gold. – Der arme Herr van der Beek hat davon in seinem Leben noch nicht viel gesehen. Geben Sie ihm daher Gold zu sehen, zu berühren. Sagen Sie ihm: Eusebius, dies gehört uns, aber man will es uns nehmen, man bedroht uns in unserem Besitze. Gehört er zudem Menschengeschlechte, so werden Sie sehen, wie bei dem ersten Worte sein Blick sich belebt. Bei dem zweiten wird dieser Blick Licht in sein Gehirn werfen, und von dem Augenblick an wird er seinen Verstand und seine Kraft wiedergewinnen.«

      »Aber wenn ich ihm sage, daß unser Vermögen bedroht ist, muß ich ihm die Testamentsklausel mittheilen.«

      »Früher oder später muß er sie dennoch kennen lernen.«

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