Der Arzt auf Java. Александр Дюма
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Читать онлайн книгу Der Arzt auf Java - Александр Дюма страница 6
»So, Sie sind von Harlem?« sagte der Doctor Basilius, scheinbar ohne die Ungeduld zu bemerken, welche Eusebius über diese Unterbrechung empfand. – »Ein hübsches kleines Städtchen, meiner Treu!«
»Eine reizende Stadt, Doctor; nur gestatten Sie —«
»Aber,« fuhr er fort, »wenn Sie wirklich aus Harlem sind, so vermuthe ich, daß Sie auch die berühmte nächtliche Runde von Rembrandt kennen, die sich gegenwärtig in der Gallerie des Herrn van Tomme befindet?«
»Ja, Doctor,« erwiederte Eusebius, »aber ich wollte Ihnen sagen —«
»Mein Lieber, ich will Ihnen etwas sagen, was viel interessanter ist, als Alles, was Sie mir mittheilen können. Ich spreche von dem Meisterwerk eines Menschen, welches leben wird so lange die Leinwand, auf welche dieses Meisterwerk aufgetragen ist, und die Farben, mit denen es gemalt wurde, halten, das heißt, Jahrhunderte, während der Mensch, dieses Meisterwerk Gottes, aus Fleisch und Bein bestehend, 30, 40, 50, 60 Jahre lebt, dann aber in Fäulniß untergeht! – Puh! wie Hamlet sagt!«
»Doctor,« sagte Eusebius, indem er unwillkürlich erbebte, »ich schwöre Ihnen, daß Sie mir Furcht einflößen.«
»Nun wohl,« fuhr Basilius fort, als hätte er Eusebius Worte nicht gehört, »dieses berühmte Bild ist nur eine Copie, mein lieber Herr van der Beek. Wenn Sie das Original kennen lernen wollen, so brauchen Sie nur zu mir zukommen, und Sie werden dort nicht nur die nächtliche Runde sehen, sondern auch meine ganze Gallerie; denn Sie müssen wissen, daß ich eine sehr schöne Gemäldegallerie in meinem elenden Häuschen am Quai von Batavia besitze. Wie ich Ihnen eben sagen wollte, habe ich dort, Dank meinem Reichthume, um mich alle positiven Genüsse der Orientalen und alle intellectuellen der Europäer vereinigt. Sie werden daher auch bei mir Alles finden, die Meisterwerke der Kunst und der Natur, Rembrandt, Tizian, Rubens; die besten Weine Ungarns, Frankreichs und Spaniens, und endlich die schönsten Proben der drei Stämme, welche die Welt bevölkern, des schwarzen Stammes, des weißen und des gelben.«
»Mein Gott, mein Gott,« murmelte der junge Mann halblaut, indem er in heftiger Aufregung in dem Gemach umher ging und dabei einen Blick auf die junge Frau warf, die noch immer regungslos und stumm dalag, »mein Gott, ist es denn möglich, daß dieser unbarmherzige Schwätzer eben der Doctor Basilius sei, von dem man so wunderbare Curen erzählt hat?«
Dann blieb er endlich vor dem Doctor stehen, wie ein Mensch, der einen Entschluß gefaßt hat, und sagte: »Herr Doctor, besichtigen Sie zunächst meine Frau, ich beschwöre Sie, und dann wollen wir von Allem sprechen, was Ihnen gefällig ist.«
»Es sei,« entgegnete der Doctor; »zuvor aber noch einige Worte – Sie heißen Eusebius van der Beek?«
»Ja, Herr Doctor.«
»Sie sind aus Harlem und der Sohn des Jacobus van der Beek?«
»Mein Vater hieß Jacobus van der Beek.«
»Der Mann der Esther Menuis, Tochter des Notars Wilhelm Menuis und seiner Frau der Johanna Katharina Mortico?«
»Das ist Alles genau so. Sie sprechen wie ein Kirchenbuch.«
»Schwester,« fuhr der Doctor fort, »eines gewissen Basilius Mortiec, der sich vor zwanzig Jahren in Harlem einschiffte und seitdem nicht wieder erschienen ist?«
»Nein, niemals. Sollten Sie etwa diesen Onkel gekannt haben, dessen meine Frau sich kaum erinnert?«
»Ich habe von ihm sprechen hören, ja, ich habe ihn sogar persönlich gekannt.– Er war ein Contrebandirer, Pirat, Corsar; ich weiß nicht, wo er sich hat hängen lassen.«
»O mein Gott!«
»Ach, beklagen Sie ihn nicht, Er war ein elender Schuft.«
»Doctor, er war der Onkel meiner armen Esther; Sie müssen mir daher verzeihen, wenn ich Sie bitte, in meiner Gegenwart nicht schlecht von einem so nahen Verwandten zu sprechen. Wir Holländer von altem Schrot und Korn sind in der Achtung unserer Familie erzogen worden.«
»Sie sind wahrlich ein eigenthümlicher junger Mann. Sprechen wir also nicht weiter von Ihrem Onkel.«
»Nein, Doctor, aber um des Himmels Willen, sprechen wir von seiner Nichte.«
»Es ist sonderbar,« sagte Basilius, als ober zu sich selbst spräche, aber dennoch laut genug, um von Eusebius verstanden zu werden – »es ist sonderbar, wie hartnäckig der Mensch darauf besteht, seinem Unglück entgegen zu gehen.«
»Ich sagte also,« nahm Eusebius wieder das Wort, ohne auf die Bemerkung des Doctors zu achten; dieser aber unterbrach ihn ungeduldig und rief: »Mein Gott, Sie sagten mir, daß Ihre Frau Sie schon vor der Abreise von Harlem durch einen hartnäckigen Husten beunruhigt hätte.« Eusebius wollte fortfahren, er aber unterbrach ihn und sagte: »Lassen Sie mich Ihnen das Uebrige erzählen, und Sie werden sehen, daß es nutzlos ist, sich wegen einer Sache zu quälen, die ich besser weiß, wie Sie selbst. – Unterbrechen Sie mich also nicht. – Während der ersten Tage strengte die Seefahrt Ihre Frau ungemein an. Sie mußte liegen bleiben, der Husten dauerte fort, der Auswurf wurde stärker.«
»Ja, Doctor, so war es.«
»Lassen Sie mich doch sprechen. – Am fünften Tage nach Ihrer Abfahrt bekam Ihre Frau ein heftiges Blutbrechen, dieses wurde mit Hilfe von Fovler-Syrup gehoben«, aber Ihre Frau fuhr fort, sich über heftige Schmerzen in der Brust zu beklagen. Der Husten hatte sich vermindert, aber die Verdauung war gestört. Das dauerte vier oder fünf Tage; dann fühlte Ihre Frau sich wohler und hielt sich für geheilt. Da das Wetter schön und das Meer ruhig war, so fand sie sich acht Tage darauf kräftig genug, um auf das Deck zu steigen und an Ihrem Arm umherzugehen. Die Schmerzen in der Brust und selbst in den Eingeweiden hatten aufgehört, der Appetit kehrte zurück und mit ihm fand Ihre Frau einen Theil Ihrer Kräfte und ihre ganze Jugend und Heiterkeit wieder, als Sie nach einer Fahrt von fünf Monaten in Batavia landeten. Weder Sie noch Ihre Frau dachten weiter an die Schwindsucht; man hätte glauben können es wäre von dieser Krankheit nie die Rede auf der Erde gewesen, und der gute Gott hätte sie in der hohlen Hand zurückbehalten, wie die Hoffnung in der Büchse der Pandora geblieben war.«
»Ja, so ist es, so ist es in der That, Doctor,« rief Eusebius, noch erschrockener über die Wissenschaft des Mannes, als über die Art von Gotteslästerung, die er sich hatte entschlüpfen lassen, indem er seine Worte mit jenem teuflischen Gelächter begleitete« welches wir bereits an ihm bezeichnet haben.
»Warten Sie doch auf das Ende, um mir Ihren Beifall zu zollen! Gleich den großen Künstlern bewahre ich mir den Haupteffect vor – Zwei Tage nach Ihrer Landung, als Sie eben von einem Besuche bei dem Kaufmann zurückkehrten, dem Sie empfohlen waren, und bei dem Sie am nächsten Montag eintreten sollten, klagte Ihre Frau über Schmerzen in der Seite und über Mattigkeit der Glieder; der Husten kehrte an demselben Abend zurück, und der Auswurf am nächsten Tage. Bei der Untersuchung zeigte es sich, daß die rechte Lunge beinahe ganz oder doch zum größten Theil verzehrt, und auch die linke angegangen sei. Ihre Frau hatte, was wir die galoppirende Schwindsucht nennen; der Athem wurde immer schwieriger und pfeifender, die Circulation des Blutes schneller und ungleicher der Puls hatte von 95 bis 115 Schläge in der Minute. Am Morgen waren Brust, Gesicht und Hände mit einem kalten, klebrigen Schweiße bedeckt; die Kräfte schwanden, das Gefühl der Liebe selbst nahm ab; binnen einigen Tagen hatte das Alter sich der Frau bemächtigt, die noch kurz zuvor so heiter, so liebevoll, so zärtlich gewesen war. Sie zeigte sich gleichgültig gegen Alles, selbst gegen die Beweise