Der Graf von Bragelonne. Александр Дюма
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Читать онлайн книгу Der Graf von Bragelonne - Александр Дюма страница 104
»Es ist aber nicht Eure Absicht, die Reichen dieses Jahrhunderts zu schmähen?« versetzte der König.
»Nein,« antwortete Anna von Oesterreich rasch, »nein, Sire; diejenigen, welche in diesem Jahrhundert unter Eurer Regierung reich sind, sind es, weil Ihr es so habt wollen, und ich hege weder Groll, noch Neid gegen sie; sie haben ohne Zweifel Eurer Majestät so gut gedient, daß sie ihnen sich selbst zu belohnen erlaubte. Dies meinte ich mit den Worten, die Ihr mir zum Vorwurf zu machen scheint.«
»Gott behüte mich, Madame, daß ich meiner Mutter je etwas zum Vorwurf mache.«
»Ueberdies,« fuhr Anna von Oesterreich fort, »überdies gibt der Herr die Güter der Erde nur immer für eine gewisse Zeit: der Herr hat als auflösende Mittel für Ehren und Reichthümer das Leiden, die Krankheit, den Tod geschaffen; und Niemand,« fügte die Königin Mutter mit einem schmerzlichen Lächeln bei, das bewies, daß sie auf sich selbst diesen traurigen Lehrsatz anwandte, »Niemand nimmt seine Habe oder seine Größe in das Grab mit. Dadurch erfolgt, daß die Jungen die Früchte der für die Alten bereiteten üppigen Ernte einheimsen.«
Ludwig horchte mit wachsender Aufmerksamkeit auf diese von Anna von Oesterreich, offenbar in einer tröstlichen Absicht, stark betonten Worte.
»Madame,« sagte Ludwig XIV., seine Mutter fest anschauend, »man sollte in der Thai glauben, Ihr hättet mir etwas mehr zu verkündigen.«
»Ich habe durchaus nichts, mein Sohn; Ihr mußtet nur diesen Abend bemerken, daß der Herr Cardinal sehr krank ist.«
Ludwig schaute seine Mutter an: er suchte eine Erschütterung ihrer Stimme, einen Schmerz in ihrer Physiognomie. Das Gesicht von Anna von Oesterreich schien leicht angegriffen; doch dieses Leiden hatte einen ganz persönlichen Charakter. Vielleicht wurde die Veränderung durch den Krebs veranlaßt, der schon an ihrer Brust zu nagen anfing.
»Ja, Madame,« sagte der König, »ja, Herr von Mazarin ist sehr krank.«
»Und es wäre ein großer Verlust für das Reich, wenn Seine Eminenz von Gott abberufen würde. Ist meine Meinung nicht auch die Eurige, mein Sohn?« fragte Anna von Oesterreich.
»Ja, Madame, ja, gewiß, es wäre ein großer Verlust für das Königreich,« antwortete Ludwig erröthend; »doch die Gefahr ist nicht so bedeutend, wie mir scheint . . . und überdies ist der Herr Cardinal noch jung.«
Kaum hatte der König diese Worte gesprochen, als ein Huissier den Vorhang aufhob und unter der Thüre stehen blieb, wo er, ein Papier in der Hand, wartete, bis ihn der König fragen würde.
»Was wollt Ihr?« fragte der König.
»Eine Sendung von Herrn von Mazarin,« antwortete der Huissier.
»Gebt,« sprach der König.
Und er nahm das Papier, Doch in dem Augenblick, wo er es öffnen wollte, entstand ein gewaltiger Lärmen in der Gallerie, in den Vorzimmern, im Hof.
»Ah! ah!« sprach Ludwig XIV., der ohne Zweifel dieses dreifache Geräusch erkannte, »was sagte ich doch, es gebe nur einen König in Frankreich! ich täuschte mich, es gibt zwei.«
In diesem Augenblick öffnete sich die Thüre und der Oberintendant der Finanzen, Fouquet, erschien vor Ludwig XIV. Er war es, der den Lärmen in der Gallerte machte; die Lackeien waren es, die den Lärmen in den Vorzimmern machten; die Pferde waren es, die den Lärmen Im Hof machten. Dabei hörte man ein anhaltendes Gemurmel auf seinem Wege, das erst, nachdem er längst vorübergegangen war, erlosch. Es war dies das Gemurmel, das Ludwig XIV. nicht unter feinen Tritten zu hören so sehr bedauerte.
»Das ist nicht gerade ein König, wie Ihr glaubt,« sprach Anna von Oesterreich zu ihrem Sohn; »es ist nur ein zu reicher Mann.«
Und indem sie dies sagte, gab ein bitteres Gefühl den Worten der Königin ihren gehässigsten Ausdruck, während die Stirne von Ludwig, der ruhig und seiner Herr blieb, von der leisesten Falte frei war.
Er begrüßte also Fouquet ganz ungezwungen mit dem Kopf, indeß er das Papier, das ihm der Huissier übergeben, zu entfalten fortfuhr.
Fouquet sah diese Bewegung und näherte sich mit einer zugleich leichten und ehrfurchtsvollen Höflichkeit Anna von Oesterreich, um dem König volle Freiheit zu lassen.
Ludwig hatte das Papier geöffnet und las dennoch nicht.
Er horchte auf Fouquet, der seiner Mutter bewunderungswürdig gedrechselte Complimente über ihre Hände und ihre Arme machte.
Das Gesicht von Anna von Oesterreich entrunzelte sich und ging beinahe zum Lächeln über.
Fouquet bemerkte, daß der König, statt zu lesen, ihn anschaute und auf ihn horchte; er machte eine halbe Wendung und befand sich, während er zugleich, so zu sagen, Anna von Oesterreich anzugehören fortfuhr, dem König gegenüber.
»Ihr wißt, Herr Fouquet, daß Seine Eminenz sehr krank ist?« sprach der König.
»Ja, Sire, ich weiß es,« antwortete Fouquet, »der Cardinal ist in der That sehr krank. Ich war auf meinem Landgute Vaux, als die Nachricht so dringend bei mir eintraf, daß ich Alles verließ.«
»Ihr habt diesen Abend Vaux verlassen, mein Herr?«
»Vor anderthalb Stunden, ja, Eure Majestät,« antwortete Fouquet, indem er auf eine ganz mit Brillanten besetzte Uhr schaute.
»Anderthalb Stunden,« sagte der König, mächtig genug, um seinen Zorn zu bemeistern, doch nicht, um sein Erstaunen zu verbergen.
»Ich verstehe, Sire, Eure Majestät zweifelt an meinem Wort, und sie hat Recht! doch wenn ich so rasch gekommen bin, ist es wahrhaftig ein Wunder. Man schickte mir aus England drei Paar Pferde, welche, wie man mich versicherte, sehr rasch sein sollten; sie waren von vier zu vier Stunden aufgestellt, und ich probirte sie diesen Abend. Sie haben in der That den Weg von Vaux nach dem Louvre in anderthalb Stunden zurückgelegt, und Eure Majestät sieht, daß ich nicht betrogen worden bin.«
Die Königin Mutter lächelte mit einem geheimen Neid.
Fouquet kam diesem schlimmen Gedanken entgegen und fügte rasch bei:
»Solche Pferde, Madame, sind auch nicht für Unterthanen, sondern für Könige gemacht, denn die Könige dürfen nie irgend Jemand, in was es auch sein mag, nachstehen.«
Der König erhob das Haupt.
»Ihr seid aber nicht König, daß ich wüßte, Herr Fouquet,« sprach Anna von Oesterreich.
»Madame, die Pferde warten auch nur auf einen Wink Seiner Majestät, um in die Ställe des Louvre geführt zu werden; und wenn ich mir dieselben zu probiren erlaubt habe, so geschah es nur in der Furcht, ich dürfte dem König etwas anbieten, was nicht gerade ein Wunder wäre.«
Der König wurde sehr roth.
»Ihr wißt, Herr Fouquet,« erwiederte die Königin Mutter, »es ist nicht der Brauch am Hof von Frankreich, daß ein Unterthan seinem König etwas anbietet,«
Ludwig machte eine Bewegung.
»Madame,« entgegnete Fouquet sehr bewegt, »ich hoffte,