Der Graf von Bragelonne. Александр Дюма
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Читать онлайн книгу Der Graf von Bragelonne - Александр Дюма страница 149
»Ich weiß nicht, ob es dann von diesem Augenblick an genug Sonne und Lust für mich geben wird.
»Das ist in der That kein Traum; wer Teufels soll sich dem widersetzen, daß mich der König zum Herzog und Marschall macht, wie sein Vater, der König Ludwig XIII. Albert von Luynes zum Herzog und Connetable gemacht hat? Bin ich nicht ebenso tapfer und noch viel verständiger, als dieser Schwachkopf Vitry?
»Ah! das wird sich gerade meinem Avancement widersetzen, ich habe zu viel Geist.
»Zum Glück, wenn es eine Gerechtigkeit auf dieser Welt gibt, steht Fortuna auf meiner Seite. Sie ist mir sicherlich eine Belohnung für das, was ich für Anna von Oesterreich gethan habe, und eine Entschädigung für Alles, was diese nicht für mich gethan hat, schuldig.
»Zu dieser Stunde bin ich gut mit einem König, und zwar mit einem König, der ganz das Aussehen hat, als wollte er regieren.
»Gott erhalte ihn auf diesem erhabenen Weg! Denn wenn er regieren will, bedarf er meiner, und wenn er meiner bedarf, muß er mir wohl geben, was er mir versprochen hat . . . Wärme und Licht – ich gehe also vergleichungsweise, wie ich einst ging – von Nichts zu Allem.
»Nur ist das Nichts von heute das Alles von einst; es findet sich bloß diese einzige Veränderung in meinem Leben.
»Und nun wollen wir den Theil des Herzens machen, da ich so eben von diesem gesprochen habe.
»Doch in der That, ich sprach nur der Erinnerung wegen davon!«
Und der Gascogner legte die Hand auf seine Brust, als wollte er wirklich den Platz des Herzens suchen.
»Ah! Unglücklicher!« murmelte er, bitter lächelnd. »Ah! armes Geschöpf, Du hofftest einen Augenblick kein Herz zu haben, und nun hast Du eines, verfehlter Höfling, der Du bist, und zwar ein höchst meuterisches.
»Thörichtes Herz, daß du zu Gunsten von Herrn Fouquet sprichst.
»Wer ist dieser Herr Fouquet, wenn es sich um den König handelt? Ein Verschwörer, ein wahrer Verschwörer, der sich nicht einmal die Mühe gab, zu verbergen, daß er conspirirt; welche Waffe besäßest Du auch nicht gegen ihn, wenn nicht seine Freundlichkeit und sein Geist eine Scheide für diese Waffe gemacht hätten!
»Empörung mit gewaffneter Hand! . . . Denn Herr Fouquet hat im Ganzen Empörung mit gewaffneter Hand getrieben.
»Wenn der König Herrn Fouquet unbestimmt im Verdacht dumpfer Meuterei hat, so weiß ich, kann ich beweisen, daß Herr Fouquet das Blut der Unterthanen des Königs hat fließen lassen.
»Nun, während wir dies Alles wissen und es verschweige, sehen wir einmal, was will dieses Herz mehr, das so weich und empfänglich ist für ein gutes Benehmen von Herrn Fouquet, für einen Vorschuß von fünfzehntausend Livres, für einen Diamant von tausend Pistolen, für ein Lächeln, worin wenigstens ebenso viel Bitterkeit, als Wohlwollen lag? Ich rette ihm das Leben.
»Ich hoffe nun,« fuhr der Musketier fort, »dieses alberne Herz wird schweigen, und dann ist es völlig quitt mit Herrn Fouquet.
»Der König ist nun meine Sonne, und da also mein Herz mit Herrn Fouquet quitt ist, so nehme sich Jeder in Acht, dem es einfallen sollte, sich vor meine Sonne zu stellen. Vorwärts für Seine Majestät Ludwig XIV., vorwärts!«
Diese Betrachtungen waren die einzigen Hindernisse, welche den Gang von d’Artagnan verzögern konnten, denn sobald er damit zu Ende war, beschleunigte er den Marsch seines Rosses.
Aber so vollkommen auch das Pferd Zephyr sein mochte, so konnte es doch nicht immer gehen.
Am andern Tage nach der Abreise von Paris wurde es in Chartres bei einem alten Freund zurückgelassen, den sich d’Artagnan aus einem Gastwirth der Stadt gemacht hatte.
Von diesem Augenblick ritt der Musketier Postpferde.
In Folge dieser Art von Fortbewegung durchzog er rasch den Raum, welcher Chartres von Chateaubriand trennt.
In letzterer Stadt, welche noch weit genug von der Küste entfernt liegt, daß Niemand errieth, d’Artagnan begebe sich nach der See, weit genug von Paris, daß Niemand ahnete, er komme von hierher, verließ der Bote von Seiner Majestät Ludwig XIV., den d’Artagnan seine Sonne genannt hatte, ohne zu vermuthen, daß derjenige, welcher noch ein ziemlich armseliger Stern am Himmel des Königthums war, eines Tags aus diesem Gestirne sein Emblem machen würde, verließ der Bote von König Ludwig XlV., sagen wir, die Post und kaufte einen Klepper vom kläglichsten Aussehen, eines von den Thieren, das ein Reiterofficier aus Furcht, entehrt zu sein, zu wählen nie sich erlauben würde.
Abgesehen von der Haarfarbe, erinnerte d’Artagnan diese neue Erwerbung ungemein an das berüchtigte orangenfarbige Roß, mit welchem er, oder auf welchem er vielmehr in die Welt eingetreten war.
Es ist übrigens nicht zu vergessen, daß es von dem Augenblick, wo er dieses neue Roß bestieg, nicht mehr d’Artagnan war, welcher reiste, sondern ein guter Bursche, der einen eisengrauen Rock und kastanienfarbige Beinkleider trug, und die Mitte zwischen dem Priester und dem Lackei hielt; was ihn besonders dem Geistlichen näherte, war der Umstand, daß er auf seinen Schädel eine Plattmüße von abgetragenem Sammet und auf die Plattmütze einen großen schwarzen Hut gesetzt hatte; kein Degen mehr, nur ein mittelst einer Schnur an seinem Vorderarm hängender Stock, dem er als unerwarteten Beistand bei Gelegenheit einen guten, zehn Zoll langen, unter seinem Mantel verborgenen Dolch beizufügen gedachte.
Der in Chateaubriand erkaufte Klepper vervollständigte den Unterschied. Er hieß, oder d’Artagnan nannte ihn vielmehr Furet.
»Wenn ich aus Zephyr Furet gemacht habe, so muß ich aus meinem Namen irgend ein Diminutivum machen.« sagte d’Artagnan.
»Statt d’Artagnan werde ich ganz kurz Agnan sein; das ist eine Einräumung, die ich natürlich meinem grauen Kleide, meinem runden Hut und meiner abgetragenen Plattmütze zu verdanken habe.
Herr Agnan reiste ohne übertriebene Erschütterung auf Furet, der einen Paßgang hatte und mit diesem Paßgang doch ganz munter seine zwölf Meilen täglich machte, unterstützt von vier spindeldürren Beinen, deren Festigkeit und Sicherheit d’Artagnan, wohl geübt in der Kunst, unter dem dicken Pelz, der sie verbarg, erkannt und zu würdigen gewußt hatte.
Unterwegs machte sich der Reisende Bemerkungen, studirte er das ernste, kalte Land, durch das er zog, während er zugleich den glaubwürdigsten Vorwand dafür suchte, daß er nach Belle-Isle-en-Mer ging, um Alles zu sehen, ohne Verdacht zu erregen.
Auf diese Art konnte er sich überzeugen, wie die Sache immer wichtiger wurde, je mehr er sich dem Ziele seiner Reise näherte.
In diesem abgelegenen Lande, in dem alten Herzogthum Bretagne, das damals nicht französisch war, und es noch heute kaum ist, kannten die Völker den König von Frankreich nicht.
Sie kannten ihn nicht nur nicht, sondern sie wollten ihn nicht kennen.
Eine Thatsache, eine einzige, schwamm sichtbar für sie auf dem Strome der Politik oben an. Ihre ehemaligen Herzoge regierten nicht mehr, aber das war eine Leere. Nichts mehr.