Der Pastor von Ashbourn. Александр Дюма
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III.
Erster Rath meines Wirthes, des Kupferschmieds
Ich habe Ihnen in meinem letzten Briefe gesagt, mein lieber Petrus, daß der Tod meiner Mutter für mich ein , unermeßlicher Schmerz, aber daß der meines Vaters zugleich ein unermeßlicher Schmerz und eine außerordentliche Verlegenheit gewesen war.
Ich habe Ihnen ferner gesagt, daß mein Vater nicht reich war; bei seinem Tode bemerkte ich, daß er nicht allein nicht reich war, sondern auch noch daß er arm, mehr als arm, – in dem Elende war!
Obgleich von einem strengen und frostigen Aeußern, hatte mein Vater doch ein nachsichtiges und gutes Herz. Die Armen, mit denen er bei der Ausübung seines Amtes zu thun hatte, wußten es wohl und liebten ihn nicht ohne Grund. Wenn er von der Höhe der evangelischen Kanzel gegen die selbstsüchtigen, geizigen, gefühllosen Herzen donnerte, so geschah es, weil sein Geldbeutel leer war; so geschah es, weil, da er überall um sich herum Unglück sah, das er nicht erleichtern konnte, sein Unwille gegen die überströmte, welche Gott reich gemacht hat, damit sie die zweite Vorsehung der Armen wären, und die, indem sie ihr Herz den Klagen der Unglücklichen verschließen, auf eine unwürdige Weise gegen die Sendung fehlen, die sie vom Himmel erhalten haben.
Mein Vater konnte in der That nicht zwei gefaltete Hände sehen, ohne sie durch ein Almosen zu öffnen, indem er nicht bedachte, daß er der erste Bedürftige seiner Gemeinde wäre. Seine Güte in dieser Beziehung war so sehr bekannt, daß ein armer Weber unseres Dorfes, der für sechszig Pfund Sterling Hanf, Flachs und Garn bei einem Handelsmanne in Nottingham gekauft hatte, und der durch das Abbrennen seines Hauses Alles verloren hatte und den Handelsmann nicht bezahlen konnte, der ihm die Waare geliefert, von diesem Handelsmanne verklagt und für diese Schuld verhaftet, sich, von den Gerichtsdienern begleitet, achtzehn Monate vor seinem Tode zu meinem Vater hatte führen lassen, – obgleich er wohl wußte, daß mein Vater diese Summe nicht zu seiner Verfügung hätte; – aber er rechnete auf das, was sich ereignete: nämlich daß mein Vater, von Mitleiden bewegt, mit ihm nach der Stadt aufbrach, damit anfing, zu versuchen, den Handelsmann zu erweichen, und als er sah, daß es ihm nicht gelang und der arme Weber in das Gefängniß geführt werden sollte, für ihn bürgte, indem er sich anheischig machte, jährlich vier Pfund Sterling zu bezahlen, ein Versprechen, das er so lange als er lebte, pünktlich hielt, so daß er bei seinem Tode bereits sechs Pfund von den sechszig bezahlt hatte.
Diese Armuth machte, daß der Geschäftsmann, an den ich mich wandte, nachdem er die Lage untersucht hatte, mir den Rath ertheilte, die Erbschaft nur unter der Begünstigung des Inventariums anzunehmen, was ich durchaus verweigerte, da es mir, wenn ich so handelte, geschienen hatte, dem Andenken meines Vaters einen Schimpf zuzufügen. Ich lud daher die Gläubiger, die mein Vater in dem Dorfe haben konnte, ein, ihre Rechtsansprüche vorzulegen, und da, als das Leichenbegängniß begangen und dem würdigen Manne die letzten Ehren erwiesen worden waren, nur noch elf Schilling in dem Pfarrhause übrigblieben, so ließ ich unser ganzes armseliges Mobiliar verkaufen, mit Ausnahme von dem Fernrohre meines Großvaters, des Bootsmannes, von dem mich niemals zu trennen meine Mutter mich hatte versprechen lassen, in welche Roth ich auch versinken möchte, indem sie dasselbe nicht allein als eine Familienreliquie, sondern auch noch als einen Talisman des Glückes betrachtete.
Als das ganze Mobiliar verkauft war, fand es sich, daß ich sechs Pfund Sterling vor mir hatte, aber daß ich dem Handelsmanne in Nottingham vierundfünfzig schuldig war.
Vielleicht hätte ich diese Schuld, die meinen Vater nicht persönlich anging, streitig machen können; aber, wie ich gesagt habe, ich wollte nicht, daß nur der Schatten eines Fleckens auf seinem Andenken bliebe. Ich übernahm seine Schuld unter denselben Bedingungen, und ich verpflichtete mich an seiner Stelle, – obgleich es von mir, der ich durchaus Nichts besaß, nicht sehr klug war, mich zu verpflichten, jährlich vier Pfund Sterling zu bezahlen, besonders wo die Urkunde über diese Schuld die Bedingung enthielt, daß bei dem Ausbleiben der Zahlung zwei Jahre hinter einander die ganze Summe acht Tage nach dem Ausbleiben der Zahlung dieses zweiten Jahres auf einen einfachen Befehl eingefordert werden könnte.
Aber trotz meiner getauschten Hoffnungen in der epischen und in der dramatischen Poesie, hoffte ich immer noch zur Berühmtheit und zum Vermögen dadurch zu gelangen, daß ich einen der tausend Zweige der Literatur wählte, die ich noch nicht versucht hatte, und die immer zu meiner Verfügung bleiben würden, sobald mein Genie geruhte, sich bis zu ihnen herabzulassen.
Ich glaubte daher diese Verbindlichkeit übernehmen zu können und übernahm sie ohne Furcht; dann, da ich am Ende, – bis daß ich das große Werk schriebe, das meinen Namen berühmt machen und mein Vermögen begründen sollte, – irgend einen Stand annehmen mußte, so wählte ich den, den mein Vater auf eine so würdige Weise ausgefüllt hatte; ich nahm die Weihe, was nur eine einfache Förmlichkeit war, da alle meine klassischen und theologischen Studien unter der Leitung des tugendhaften Mannes gemacht worden waren, den ich beweinte, und der, nachdem er für alle meine Bedürfnisse während seines Lebens gesorgt, noch meine Zukunft nach seinem Tode sicherte.
Aber es war nicht Alles, die Weihe erhalten zu haben, ich mußte auch noch, damit diese Weihe mir zu etwas diente, zu irgend einer Pfarrstelle gelangen, so klein und so schlecht bezahlt sie auch sein möchte. Ich war dermaßen gewöhnt, mit Wenigem zu leben, daß, ich war überzeugt davon, diese Pfarrstelle für meine Bedürfnisse hinreichend sein und mir noch das Mittel gewähren würde, dem Handelsmanne in Nottingham die Schuld abzutragen, die mein Vater gegen ihn eingegangen, um den armen Weber von Beeston aus der Verlegenheit zu ziehen, auf den ich außerdem nicht rechnen durfte, um mir zu helfen, da der würdige Mann gerade einen Monat nach meinem Vater gestorben war.
Uebrigens zweifelte ich nicht, daß, sobald man wissen würde, daß ein Mann, der Hoffnungen wie die meinigen bot, einwilligte, Dorfpastor zu sein, der Rector von Nottingham, von dem alle Pfarrstellen der Umgegend abhingen, sich beeilen würde, mir die Wahl unter denen zu lassen, welche offen ständen.
Man muß gestehen, daß mein Ehrgeiz nicht übertrieben war: ich war durch das Lesen der griechischen und lateinischen Schriftsteller aus dem Jahrhunderte des Perikles und dem Jahrhunderte des Augustus gebildet, und ich las sie mit mehr Leichtigkeit, als die englischen Schriftsteller des dreizehnten und vierzehnten Jahrhunderts; ich sprach französisch und deutsch wie meine Muttersprache; ich hatte einen gewissen natürlichen Verstand, verbunden mit einer hochmüthigen Treuherzigkeit, die mich offen meine Hoffnungen aussprechen ließ, so lächerlich sie auch sein mochten; endlich hatte ich in Ermangelung praktischer Studien so viel gelesen, so viel behalten, so sehr die Jahrhunderte mit, den Jahrhunderten und die Menschen mit den Menschen verglichen, daß ich glaubte, zu einer gründlichen Kenntniß der Menschheit gelangt zu sein, einer Kenntniß, welche mir erlaubte, auf der Tiefe der Herzen den wirklichen und wahren Grund aller Handlungen dieser Welt zu erforschen, wären sie auch in die dichtesten Schleier der Selbstsucht, in die dunkelsten Falten der Heuchelei gehüllt.
In der Berechnung und in der Theorie, mein lieber Petrus, waren meine Schlüsse in der That vollkommen; aber sobald ich von der Theorie zu der Praxis übergehen mußte, verwirrte mich der Anblick der Leute, mit denen ich zu thun hatte, gänzlich. Die Einsamkeit meiner Jugend, in welcher ich alle die erhabenen Ideen geschöpft hatte, mit deren Hilfe ich in der Stille und der Sammlung der Arbeit meinen Namen zu verherrlichen und mein Glück zu machen gedachte, war unvermögend gewesen, mich zu dem Umgange mit den Menschen zu bilden; meine in der Ruhe der Ueberlegung gefaßten Entschlüsse verschwanden, die Logik meines Unheiles verlor sich unter dem Erbeben meiner Lippen und dem Stammeln meiner Stimme, und, der Gefahr gegenüber,