Die Mohicaner von Paris. Александр Дюма
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Читать онлайн книгу Die Mohicaner von Paris - Александр Дюма страница 26
Er war auch vor dreißig Jahren aus seiner Provinz nach Paris gekommen; gleichsam in fremder Sphäre inmitten dieser Gesellschaft in verjüngtem Maßstabe, die man das Collége nennt, umgeben von Familiensöhnen, reichen jungen Leuten, hatte er, ein armer Knabe, wie sein junger Schüler, in dem er sich wiederaufleben sah, sich mehr als einmal nach dem grünen Fußpfade zurückgesehnt, der nach dem väterlichen Pachthofe führte; mehr als einmal hatte er bittere Thränen bei der Erinnerung an die Freiheit geweint die man in der Luft seiner Heimath athmete, wie sein Zögling endlich, hätte er die Augen geschlossen, um die Vergangenheit zu vergessen, und er hatte sich blindlings auf den rauhen, holprigen Weg der Wissenschaft geworfen, wo der Hellsehendste sich immer an irgend einem unauflösbaren Problem, an einer unbekannten Theorie stößt.
Diese sympathetische Aehnlichkeit der Armuth, des Verstandes und der Vereinzelung gab von Anfang an, wir glauben dies schon gesagt zu haben. dem alten Professor die tiefste Zuneigung für den kleinen Justin. So hieß der Knabe.
Indem er ihm die erstere Tropfen der Wissenschaft einflößte, bemühte er sich. für ihn ihre Bitterkeit zu mildern;; er reichte ihm die Hand in den dichten Gestrüppen, welche die ersten Zugänge des Studiums versperren; er hielt von ihm die scharfen Dornen, die brennenden Nesseln ab; seine Sorgsamkeit scheute keine Mühe. um ihm unter seinen Schritten einen leichten Pfad durch das Dickicht dieses unbekannten Landes zu bahnen.
Justin seinerseits faßte für seinen alten Lehrer eine Zärtlichkeit so reich wie die eines Sohnes. so dankbar und ehrfurchtsvoll wie die eines Schülers.
Sobald die Erholungsstunde geschlagen hatte, durchschritt er, nachdem er Bücher und Hefte in seine Baracke eingeschlossen, wie man im Collége sagt, mit ein paar Sprüngen den Hof, und mochte er nun kein Vergnügen an den Spielen finden, hatte er keinen Freund von seinem Alter, oder war sein einziger Kamerad, sein einziger Freund sein alter Professor, sobald die Erholungsstunde geschlagen hatte, sagen wir, suchte er ihn in seinem Zimmer auf, und nun begann die süßeste Plauderei unter ihnen.
Bald war es die Geschichte, bald waren es die Mythologien oder die Reisen, die den Gegenstand dieses Gespräches bildeten; bald waren es die Werke der alten Dichter oder der großen Künstler, die man die Revue passieren ließ.
Drang plötzlich ein heiterer Sonnenstrahl, etwas wie eine Erinnerung an die Fluren, wie einen Wohlgeruch der Wälder mit sich bringend, ins Zimmer ein, da trieben die Verse von Virgil und Homer, diesen großen Priestern der Natur,, auf ihren Lippen, wie die Blumen im Monat April aus der Erde hervorkommen; der Greis bewunderte die Dichter durch die Natur und ließ den Knaben die Natur durch die Dichter anschauen.
Der Sonntag war es besonders, der im Flügel seines weißen Kleides die süßesten Stunden der Woche brachte.
An der Ecke des Kamins im Winter, in den Wäldern von Versailles, von Meudon und von Montmorency im Sommer war man einen ganzen Tag mit einander zuzubringen berechtigt.
Oh! diesen sechs Tage lang so sehr ersehnten Tag, wie benützte man ihn, indem man eine lange Diskussion über irgend einen streitigen Punkt in Angriff nahm.
An einem Tag war es ein alter Kamerad des Professors, der ihm einen Besuch gemacht, an einem andern Tag war es der Brief von der Familie, den man zehnmal las; kurz es war immer eine lehrreiche oder interessante Plauderei.
Wenn zufällig, – ein Zufall, der sich nicht nur einmal im Jahre wiederholte, – der Lehrer zu einer Feierlichkeit, zu einem offiziellen Mallet zum Obervorsteher oder zu einem hohen Funktionär der Universität gerufen wurde, wohin er Justin nicht mitnehmen konnte. so brachte dieser die Recreationen des Sonntags damit zu, daß er spazieren ging mit einem Knaben seines Alters, der arm und vereinzelt wie er, aber von einer Intelligenz, welche so widerspenstig war, als die seine leicht erfassend.
Es war dies fast der einzige Kamerad, den er im Collége hatte, nicht als wären ihm die an dem Zöglinge widerwärtig gewesen: im Gegentheil, er hätte Jedermann geliebt; doch ery war von Allen verlassen.
Die Ungleichheit des Vermögens trennt schon die Kinder in der Lehranstalt, wie sie die Männer später in der Gesellschaft trennen wird, und die zwei Schüler, deren Schatten man vereinigt sich auf die großen Wände der Pallisade im Recreactionshofe werfen sieht, sind immer zwei Arme oder zwei Reiche.
Eines Tage offenbarte sich der alte Lehrer von Justin diesem unter einer ganz neuen Form.
Längst hatte er ihm eine ebenso angenehme, als unerwartete Ueberraschung vorbehalten. Das Zimmer, das der gute Herr Müller, – dies war der Name des alten Professors, – bewohnte, lag über der Krankenstube; man war also zur äußersten Behutsamkeit genötigt, und der Boden war so dünn, daß man die leichtesten Tritte schallen hörte. Bei seiner Seelengüte hatte der alte Professor bange, die geringste Störung in der Ruhe der Kranken zu verursachen; aus diesem Grunde hatte er darauf Verzichtet, die einzige Leidenschaft, weiche je sein Herz schlagen gemacht, zu befriedigen: er betete die Musik an und spielte Violoncell mit der Wissenschaft und der Liebe eines deutschen Vinloncellisten.
Seit den drei Jahren, die er dieses unglückliche Zimmer bewohnte, – ein Datum, das ungefähr mit dem Eintritt von Justin ins Collége zusammenfiel, – hatte er weder seinen Bogen, noch sein Violoncell berührt, und dennoch wartete er, ohne sich zu beklagen, auf den Augenblick, wo er in dem neuen Zimmer. das man für ihn bestimmte und ihm seit achtzehn Monaten versprach, seine Lieblingsbeschäftigung wieder aufnehmen könnte.
Dieser sehnsüchtig erwartete Tag kam endlich.
Es war eine süße Ueberraschung für Justin, als er den in seine neue Wohnung eingesetzten, geliebten Meister die ersten Arcorde dem Violoncell, diesem Instrumente so ernst und schwermüthtig wie eine Klage der Wälder, entlocken hörte.
Justin gerieth in eine tiefe Extase, und so lange Herr Müller spielte, hörte er mit gefalteten Händen zu.
Von diesem Augenblick an ließ Justin nicht eine Minute seinem alten Professor Ruhe, bin er ihm von diesen so lange eingeschlafenen Harmonieschätzen mitgetheilt, welche erwachend alle Fibern seiner Seele in Bewegung gesetzt hatten.
Jeden Tag kam Justin, um seine Lection zu nehmen, das heißt, jeden Tag widmete der junge Mensch der Musik die Zeit, die er vorher der Recreation gewidmet, welche übrigens nie etwas Anderes, als eine unter dem Anscheine des Vergnügens verkleidete Arbeit gewesen war.
Dann entzifferte man die Werke der Meister, man verglich die Alten mit den Neuen, Porpora mit Weber, Bach mit Mozart, Haydn mit Cimarosa; man brandmarkte die Plagiatoren, man machte die Geschichte der Musik seit ihrem Anfange beim Gregorianischen Gesang bis auf Gui von Arezzo und von Gui von Arezzo bis auf unsere Tage; – sodann kam man von der Musik, – jedoch nur in der Art der Episode, – aus die Malerei und die Poesie, diese zwei Schwestern. zurück; kurz, wie der Lehrer einst seinen Zögling auf die grünen Ebenen der Wissenschaft geführt hatte, führte er ihn nun auf die azurblauen Ebenen der Kunst.
Aber diese durch eine sanfte und zugleich geschickte Hand in das Herz des Knaben geworfenen Samen keimten, blühten und trugen Früchte in der Vereinzelung Beider.
Die Vereinzelung hat das Gute, daß sie den Menschen zwingt, die unaussprechliche Zartheit zu begreifen, welche in ihm ist, eine Zartheit, von der er, verloren in dieser egoistischen Gesellschaft. die uns die Hälfte unseres Lebens, raubt, nie etwas müßte; die Vereinzelung gewöhnt den Menschen daran, eine beständige Rückkehr zu sich selbst zu machen: das ist die tägliche Sammlung.
Es ist eine ganze Religion in der Einsamkeit! die Vereinzelung macht die Schlechten gut, die Guten besser. Ja der Stille spricht Gott zum Herzen der Menschen; in der Einsamkeit spricht der Mensch zum Herzen Gottes.