La San Felice Band 12. Александр Дюма
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»Ich sah Dich mit Michele von weitem kommen,« sagte sie. »Ich hörte eben diesem Weibe zu.«
»Ich that dasselbe,« sagte Salvato. »Ich hörte aber blos die letzte Strophe ihres Gesanges.«
»Diese war eine Wiederholung der anderen. Es waren deren drei. Alle verkünden eine Gefahr und fordern auf, derselben zu entfliehen.«
»Hast Du Dich jemals über diese Frau zu beklagen gehabt?«
»O nein, niemals; im Gegentheile. Allerdings hat sie mir gleich an dem ersten Tage, wo ich sie sah, etwas prophezeit was ich damals für unmöglich hielt.«
»Und hältst Du es setzt für wahrscheinlich?«
»Es sind, seitdem wir einander kennen, so viele Dinge, welche unmöglich vorauszusehen waren, geschehen, daß mir jetzt Alles möglich geworden zu sein scheint.«
»Willst Du, daß wir diese Wahrsagerin heraufkommen lassen? Wenn Du Dich niemals über sie zu beklagen gehabt hast, so bin ich ihr geradezu Dank schuldig, denn sie legte den ersten Verband auf meine Wunde, eine Wunde, welche leicht hätte tödtlich werden können.«
»Allein hätte ich es nicht gewagt, mit Dir aber fürchte ich nichts.«
»Und warum hättest Du es nicht gewagt?« fragte hinter den beiden Liebenden eine Stimme bei der sie zusammenzuckten, denn sie erkannten in derselben die der Wahrsagerin. »Habe ich nicht immer wie ein guter Genius versucht, die Unglücke von Dir abzuwenden? Wärest Du, wenn Du meinen Rath befolgt hättest, jetzt nicht in Palermo bei, deinem natürlichen Beschützer anstatt hier zu sein, gequält von Selbstvorwürfen darüber, daß Du zwei Männer denuncirt hast, welche man morgen erschießen wird? Würdest Du nicht auch heute, während es nach Zeit ist, dem Schicksal entrinnen, welches ich Dir vorhergesagt und Welchem Du in verhängnißvoller Weise entgegengehst? Ich sagte Dir schon einmal: Gott hat das Geschick der Sterblichen in ihre Hand geschrieben, damit sie, wenn sie festen Willen haben, gegen dieses Schicksal kämpfen können. Ich habe seit dem Tage wo ich Dir einen unheilvollen, gewaltsamen Tod prophezeite, deine Hand nicht wieder gesehen. Wohlan, betrachte sie heute und sage mir, ob jener Stern, den ich Dir bezeichnete, welcher die zu jener Zeit staunt sichtbare, Lebenslinie theilte, nicht deutlicher und noch einmal so groß geworden ist.«
Luisa betrachtete ihre Hand und stieß einen Schrei aus.
Schau selbst hin, junger Mann,« fuhr die Wahrsagerin zu Salvato gewendet fort, »und Du wirst sehen, ob sein glühender Eisenstab mit einem lebhafteren Roth zeichnen würde, als die Vorsehung thut, welche Dir durch meinen Mund einen letzten Rath ertheilt.«
Salvato faßte Luisa in seine Arme, zog sie näher an das Fenster, brach ihr die Hand auf, welche sie geschlossen zu halten versuchte, und stieß seinerseits einen leichten Schrei des Erstaunens aus.
Ein Stern, so wie eine kleine Linse mit fünf deutlich sichtbaren divergirenden Strahlen theilte die Lebenslinie in zwei Hälften.
»Nanno,«– sagte der junge Mann, »ich erkenne an, daß Du unsere Freundin bist. Als ich noch Freiheit des Handelns besaß, als ich mich von Neapel entfernen konnte, schlug ich Luisa vor, sie nach Capua, nach Gaëta oder selbst nach Rom zu bringen. Heute ist es zu spät, ich bin an die Geschicke Neapels gefesselt.«
»Deshalb bin ich eben gekommen,« sagte die alte Albaneserin, »denn das, was Du nicht mehr kannst, kann noch recht wohl von mir gethan werden.«
»Ich verstehe nicht,« sagte Salvato.
»Und dennoch ist die Sache sehr einfach. Ich nehme diese gute Frau mit mir und bringe Sie nach dem Norden, das heißt dahin, wo die Gefahr nicht ist.«
»Und wie willst Du sie fortbringen?«
Nanno schlug ihren langen Mantel auseinander, zeigte auf ein Paket, welches sie in der Hand hielt, und sagte:
»Dieses Paket enthält das vollständige Costüm einer Bäuerin von Moida. In der Albanesertracht wird Niemand die Chevalière San Felice erkennen. Sie wird meine Tochter sein. Alle Welt kennt die alte Nanno und weder Republikaner noch Sanfedisten werden der Tochter der albanesischen Wahrsagerin etwas in den Weg legen.«
Salvato sah Luisa an.
Michele, welcher bis jetzt unbemerkt im Schatten der Thür gestanden hatte, näherte sich Luisa, kniete vor ihr nieder und sagte:
»Ich bitte Dich, Luisa, höre auf die Stimme Nanno’s. Alles, was sie prophezeit hat, ist bis jetzt eingetroffen, Dir sowohl als mir. Mir, dem Lazzarone, prophezeite sie, ich würde Oberst werden, und ich bin aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz einer geworden. Es bleibt nun noch die schlimme Seite der Prophezeiung übrig, und es ist wahrscheinlich, daß auch diese in Erfüllung gehen wird. Dir prophezeite sie, es würde ein schöner junger Mann unter deinen Fenstern verwundet werden, und der schöne junge Mann ist wirklich verwundet worden. Sie prophezeien daß Du ihn lieben würdest, und Du liebst ihn. Sie prophezeite, daß dieser Geliebte Dich verlieren würde, und er verliert Dich, weil Du Dich aus Liebe zu ihm weigerst zu fliehen. Luisa, höre, was Nanno Dir sagt. Du bist kein Mann; für Dich ist es keine Schande, wenn Du fliehest. Wir freilich müssen bleiben und kämpfen. Wenn wir alle Beide den Kampf überleben so werden wir Dir nachfolgen; bleibt nur Einer am Leben, so kommt dieser. Ich weiß wohl, daß, wenn ich dieser bin, ich Salvato nicht ersetzen kann, aber dies ist nicht wahrscheinlich Salvato wird durch keine Vorhersagung im voraus zum Tode verdammt, während ich bereits verurtheilt bin. Als die Wahrsagerin Dich vorhin aufforderte, deine Hand zu betrachten, meine arme Luisa, betrachtete ich auch unwillkürlich die meinige. Der Stern ist immer noch darin und weit sichtbaren als er es vor acht Monaten, das heißt am Tage der Prophezeiung war. Lege daher diese Verkleidung an, Schwesterchen. Du weißt, wie hübsch Du Dich in Assunta’s Costüm ausnahmst.«
»Ach,« murmelte Luisa, »welch ein herrlicher Abend war es für mich, wo ich Assunta’s Kleider lieh! Wie weit liegt diese Zeit schon hinter uns, mein Gott!«
»Diese Zeit kann, wenn Du willst, für Dich wiederkommen, Schwesterchen,« sagte Michele.
»Du brauchst blos den Muth zu haben, Salvato jetzt zu verlassen.«
»O, nimmermehr, nimmermehr!« murmelte Luisa, indem sie ihre Arme um Salvato’s Hals schlang. »Ich will mit ihm leben oder mit ihm sterben.«
»Ich weiß es wohl,« fuhr Michele fort. »Ganz gewiß wäre es etwas Großes und Herrliches, mit ihm zu leben oder mit ihm zu sterben; wer sagt Dir aber, daß Du, wenn Du hier bleibst, mit ihm leben oder mit ihm sterben wirst? Du wünschest es, Du hoffst es. Gesetzt aber, Du bliebst, würdest Du dann hier in diesem Hause bleiben?«
»O nein!« rief Salvato; »ich werde sie in das Castello Nuovo bringen. Wohl weiß ich, daß das Castell San Elmo besser wäre; nach dem aber, was zwischen Mejean und mir vorgegangen ist, traue ich ihm nicht mehr.«
»Und was werden Sie, nachdem Sie Luisa in das Castello Nuovo gebracht haben, dann thun?«
»Dann stell ich mich an die Spitze meiner Calabresen und kämpfe.«
»Dann sehen Sie also, Signor Salvato, daß Sie nicht bei Luisa leben, sondern sehr fern von ihr sterben können.«
»Sie lieben Luisa,« sagte Salvato; »es kann allerdings ganz so kommen, wie Michele sagt.«
»Was kommt darauf an, ob Du fern von mir oder in meiner Nähe stirbst, Salvato? Bist Du todt, dann weißt