Max Havelaar oder Die Kaffee-Versteigerungen der NiederländischenHandels-Gesellschaft. Multatuli

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Max Havelaar oder  Die Kaffee-Versteigerungen der NiederländischenHandels-Gesellschaft - Multatuli

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reichte und vorn mit einer schwarzen Nadel festgemacht war. Anstatt eines anständigen Rocks oder Kleides trug sie darunter ein Stück dunkler geblümter Leinwand, das einigemal um den Leib gewickelt schien und ihre Hüften und Knie ziemlich eng umschloß. Da war keine Spur von Falten, Weite oder Umfang, wie sich das bei einer Frau doch gehört. Ich war froh, daß ich Frits nicht geschickt hatte; denn ihre Kleidung kam mir sehr ungeziemend vor, und ihre Fremdartigkeit wurde noch erhöht durch die Ungezwungenheit, mit der sie sich bewegte, als fühlte sie sich so ganz in Ordnung. Sie schien durchaus nicht zu wissen, daß sie anders aussah als andere Frauen;  auch hatte ich das Gefühl, als wäre sie durch mein Kommen gar nicht in Verlegenheit gesetzt; sie versteckte nichts unter dem Tisch, schob nicht mit den Stühlen, kurz, sie that nichts, was doch die Sitte ist, wenn ein Fremder von einem würdigen Aussehen kommt.

      Sie hatte das Haar wie eine Chinesin nach hinten gekämmt und dort in einer Art von Schleife oder Knoten zusammengebunden. Später habe ich erfahren, daß ihre Kleidung eine Art von »indischer Tracht« war, die sie da zu Lande Sarong und Kabai nennen, aber ich fand es sehr häßlich.

      »Sind Sie Juffrouw Sjaalman?« fragte ich.

      »Wen habe ich die Ehre zu sprechen?« sagte sie, und zwar mit einem Ton, als ob ich wohl auch etwas von »Ehre« in meine Frage hätte bringen können.

      Nun, ich bin kein Freund von Komplimenten. Mit einem Prinzipal ist das etwas anderes, und ich bin schon zu lange beim Geschäft, um meine Welt nicht zu kennen, aber da viel Umstände zu machen im dritten Stockwerk, fand ich nicht nötig. Ich sagte also kurzweg, »daß ich Mijnheer Droogstoppel wäre, Makler in Kaffee, Lauriergracht Nr. 37, und daß ich ihren Mann sprechen wollte.«

      Sie wies auf einen Mattenstuhl und nahm ein kleines Mädchen, das auf dem Fußboden spielte, zu sich auf den Schoß. Der kleine Junge, den ich hatte singen hören, sah mich an und beguckte mich von Kopf zu Fuß. Der schien auch nicht verlegen. Es war ein Knäbchen von etwa sechs Jahren, auch ziemlich auffallend gekleidet; sein weites Höschen reichte mit knapper Not bis zur Hälfte des Schenkels, und von da waren die Beinchen nackt bis an die Knöchel. Sehr indecent, finde ich.

      »Kommst du, um Papa zu sprechen?« fragte er mich plötzlich, und ich merkte sofort, daß die Erziehung des Bürschchens zu wünschen übrig ließ, sonst hätte er »Kommen Sie« gesagt. Aber weil ich mit meiner Haltung etwas verlegen war, und gern etwas sagen wollte, antwortete ich:

      »Ja, Kerlchen, ich komme, um deinen Papa zu sprechen; was meinst du? wird er bald kommen?«

      »Das weiß ich nicht. Er ist ausgegangen, um Geld zu suchen und mir einen Tuschkasten zu kaufen.«

      »Still, mein Junge«, sagte die Frau, »spiel mit deinen Bildern oder mit der chinesischen Spieldose.«

      »Du weißt doch, daß der Herr gestern alles mitgenommen hat.«

      Auch seine Mutter nannte er »du«, und es war ein Herr dagewesen, der alles mitgenommen hatte, ein fröhlicher Besuch Die Frau schien auch nicht aufgeräumt, sie wischte sich verstohlen über die Augen, als sie das kleine Mädchen zu ihrem Brüderchen brachte.

      »Da«, sagte sie, »spiel ein bißchen mit Nonnie.«

      Ein komischer Name. Und das that er denn.

      »Nun, Juffrouw«, fragte ich, »erwarten Sie Ihren Mann bald?«

      »Ich kann nichts Bestimmtes sagen«, antwortete sie.

      Da ließ mit einem Male der kleine Junge, der mit seinem Schwesterchen »Kahnfahren« gespielt hatte, diese im Stich und fragte mich:

      »Mijnheer, warum sagst du zu Mama Juffrouw?«

      »Wie soll ich denn sagen, Kerlchen?« fragte ich.

      »Nun  so wie andere Menschen sagen  Juffrouw ist die Frau unten, die Schüsseln verkauft.«

      Nun bin ich Makler in Kaffee, Last & Co., Lauriergracht Nr. 37. Wir sind im ganzen dreizehn auf dem Kontor, und wenn ihr Stern, der kein Gehalt bezieht, mitrechnet, sind es gar vierzehn. Nun also, meine Frau ist »Juffrouw«, und sollte ich nun zu diesem Weibe »Mevrouw« sagen? Das ging doch nicht. Jeder muß in seinem Stand bleiben … und was noch mehr ist, gestern hatten ihr die Gerichtsvollzieher den ganzen Kram abgeholt … ich fand »Juffrouw« daher ganz am Platze, und ich blieb dabei.

      Ich fragte, warum Sjaalman sich bei mir nicht gemeldet hätte, um sein Paket zu holen? Sie schien davon zu wissen, und sagte, »sie wären auf der Reise gewesen, in Brüssel, und dort habe er für die ›Indépendance‹ gearbeitet, aber er habe nicht da bleiben gekonnt, weil seine Artikel die Ursache waren, daß das Blatt so oft an der französischen Grenze zurückgewiesen wurde; seit einigen Tagen wären sie wieder in Amsterdam, weil Sjaalman hier eine Beschäftigung bekommen sollte …«

      »Das war gewiß bei Gaafzuiger?« fragte ich.

      »Ja, das war es; aber das ist mißglückt«, sagte sie.

      Ich wußte davon mehr als sie. Er hatte die Aglaja fallen lassen, und er war außerdem träge, schwerfällig und kränklich … deshalb war er weggejagt.

      »Und«, fuhr sie fort, »er würde sicher dieser Tage zu mir kommen, vielleicht wäre er schon zu mir unterwegs, um sich die Antwort auf sein Anliegen zu holen.«

      Ich sagte, Sjaalman möge nur kommen; aber er solle nicht klingeln, weil das für das Mädchen lästig ist; wenn er wartete, sagte ich, würde sich die Thür wohl einmal öffnen, wenn jemand heraus müßte.

      Und dann ging ich hin und nahm mein Zuckerbrot wieder mit; denn kurz gesprochen, es gefiel mir da nicht. Ich fühlte mich nicht gemütlich. Ein Makler ist doch kein Arbeitsmann, und ich denke, daß ich anständig aussehe; ich hatte meine Jacke mit Pelzwerk an, und doch saß sie so gleichgültig da und schwatzte so ruhig mit ihren Kindern, als ob sie allein wäre. Auch schien sie geweint zu haben, und unzufriedene Menschen kann ich nicht vertragen. Dann war es kalt und unfreundlich, natürlich, weil die ganze Wirtschaft weggeholt war, und ich bin für freundliches Aussehen in der Wohnung.

      Unterwegs beschloß ich, es mit Bastiaans noch etwas anzusehen, denn ich mag nicht gern jemand auf die Straße setzen.

      Jetzt folgt die erste Woche von Stern. Es versteht sich von selber, daß viel drin vorkommt, was mir nicht gefällt; aber ich muß mich an Artikel zwei halten, und die Rosemeyers haben es gut gefunden,  aber ich glaube, daß sie nach Stern angeln, weil er in Hamburg einen Onkel hat, der in Zucker macht.

      Sjaalman war in der That dagewesen; er hatte Stern gesprochen und diesem einige Worte und Dinge ausgelegt, die er nicht verstand  die Stern nicht verstand, meine ich. Ich lade nun die Leser ein, sich durch die folgenden Kapitel durchzubeißen; dann verspreche ich später wieder etwas soliderer Natur von mir, Batavus Droogstoppel, Makler in Kaffee (Firma Last & Co., Lauriergracht Nr. 37).

      Fünftes Kapitel

      Stern beginnt seine Erzählung. Von Türmen, vom Adel, von Residenten, Adsistent-Residenten, Regenten und Regierten auf Java.

      Eines Morgens um zehn Uhr herrschte auf dem großen Weg, der den Bezirk Pandeglang mit Lebak verbindet, eine ungewöhnliche Bewegung.

      »Großer Weg« ist ein bißchen viel gesagt für den breiten Fußpfad, den man aus Höflichkeit und in Ermangelung eines besseren den »Weg« nannte; aber wenn man mit einem vierspännigen Wagen von Serang, dem Hauptorte von Bantam, wegfuhr, mit der Absicht, sich nach Rangkas-Betoeng, dem neuen Hauptort des Lebakschen, zu begeben, konnte man einigermaßen darauf

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