Max Havelaar oder Die Kaffee-Versteigerungen der NiederländischenHandels-Gesellschaft. Multatuli

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Max Havelaar oder  Die Kaffee-Versteigerungen der NiederländischenHandels-Gesellschaft - Multatuli

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einen Faustschlag, und ich war gerettet. Später habe ich gehört, daß der Grieche ihn tüchtig verhauen hat;  aber weil ich den festen Grundsatz habe, mich nicht um Dinge zu kümmern, die mich nichts angehen, bin ich schleunigst davongelaufen und habe es also nicht gesehen.

      So kam es, daß seine Züge mich so an Räucherwerk erinnerten, und so kann man in Amsterdam mit einem Griechen Streit bekommen.

      Wenn bei späteren Jahrmärkten der Mann mit seiner Bude wieder auf dem Westermarkt stand, suchte ich mein Vergnügen immer wo anders.

      Da ich ein Freund von philosophischen Betrachtungen bin, so muß ich dir, Leser, doch eben noch sagen, wie wunderbar die Dinge auf dieser Welt doch miteinander verknüpft sind. Wären die Augen des Mädchens weniger schwarz und ihre Zöpfe kürzer gewesen, oder wenn mich keiner gegen den Ladentisch gestoßen hätte, würdest du dieses Buch nicht lesen. Sei also dankbar, daß das so gekommen ist. Glaube mir, alles in der Welt ist gut, wie es ist, und die unzufriedenen Menschen, die fortwährend klagen, sind meine Freunde nicht. Da ist z.B. Busselinck & Waterman …; aber ich muß fortfahren, denn mein Buch soll noch vor der Frühjahrsversteigerung fertig sein.

      Gerade heraus gesagt  denn ich halte auf Wahrheit  war mir das Wiedersehen mit diesem Menschen nicht angenehm. Ich merkte sofort, daß es keine solide Beziehung war. Er sah sehr blaß aus, und als ich ihn fragte, wie spät es wäre, wußte er es nicht. Das sind Dinge, auf die ein Mensch achtet, der so an zwanzig Jahre die Börse besucht hat, der so viel erlebt hat … ich habe schon etwas an Häusern sehen fallen.

      Ich dachte, er würde rechts gehen, und mußte daher nach links; aber sieh da, er ging auch links, und ich konnte es also nicht vermeiden, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Aber ich dachte stets daran, daß er nicht wußte, wie spät es war, und bemerkte obendrein, daß seine Jacke bis ans Kinn fest zugeknöpft war, was ein sehr schlechtes Zeichen ist, sodaß ich den Ton unserer Unterhaltung kühl bleiben ließ. Er erzählte mir, daß er in Indien gewesen war, daß er verheiratet war, daß er Kinder hatte. Ich hatte nichts dagegen, fand aber auch nichts Merkwürdiges dabei. Beim Kapelsteeg  ich gehe sonst nie durch den Steg, weil es sich für einen anständigen Mann nicht paßt, wie ich finde  aber diesmal wollte ich beim Kapelsteeg rechts abbiegen. Ich wartete, bis wir an dem Gäßchen beinahe vorbei waren, um ihm recht deutlich zu machen, daß sein Weg geradeaus führte, und dann sagte ich sehr höflich  denn höflich bin ich immer, man kann ja gar nicht wissen, wie man später jemand nötig haben kann :

      »Es war mir sehr angenehm, Sie wiederzusehen, Mijnheer … und  und, ich empfehle mich, ich muß hier hinein.«

      Da sah er mich ganz sonderbar an und seufzte, und faßte mit einem Male einen Knopf meiner Jacke …

      »Lieber Droogstoppel«, sagte er, »ich muß Sie um etwas bitten.«

      Mir ging ein Schauder durch die Glieder. Er wußte nicht, wie spät es war, und wollte mich um etwas bitten Natürlich antwortete ich, daß ich keine Zeit hätte und nach der Börse müßte, obwohl es Abend war:  aber wenn man so zwanzig Jahre die Börse besucht hat … und jemand will einen um etwas bitten, ohne zu wissen, wie spät es ist …

      Ich machte meinen Knopf los, grüßte sehr höflich  denn höflich bin ich immer  und ging in den Kapelsteeg hinein, was ich sonst nie thue, weil es nicht anständig ist; und Anstand geht mir über alles. Ich hoffe, daß es keiner gesehen hat …

      Drittes Kapitel

      Der verrückte Brief des Sjaalmans und der Theeabend bei Rosemeyers, die in Zucker machen.

      Als ich tags darauf von der Börse nach Hause kam, sagte Frits, es wäre jemand dagewesen, der mich sprechen wollte. Nach der Beschreibung war es der Sjaalman. Wie er mich nur gefunden hatte? Ach ja, die Geschäftskarte Ich dachte schon daran, meine Kinder von der Schule zu nehmen; denn es ist unangenehm, wenn einem noch zwanzig, dreißig Jahre später ein Schulkamerad nachläuft, der einen Shawl trägt statt eines Überziehers, und der nicht weiß, wie spät es ist. Auch habe ich Frits verboten, nach dem Westermarkt zu gehen, wenn Jahrmarkt ist.

      Tags darauf kam ein Brief mit einem großen Paket. Ich will euch den Brief lesen lassen:

      »Lieber Droogstoppel«

      Ich finde, er hätte wohl »Hochgeehrter Herr Droogstoppel« sagen können, denn ich bin Makler.

      »Ich bin gestern bei Ihnen gewesen mit der Absicht, ein Anliegen vorzutragen. Ich glaube, daß Sie in guten Verhältnissen leben …«

      Das ist wahr, wir sind im ganzen dreizehn auf dem Kontor

      »und ich wünschte, mich Ihres Kredits zu bedienen, um eine Angelegenheit zustande zu bringen, die für mich von großer Wichtigkeit ist.«

      Hört sich das nicht an, als handelte es sich um einen Auftrag für die Frühjahrsversteigerung?

      »Infolge von allerlei Umständen bin ich augenblicklich einigermaßen in Geldverlegenheit …«

      Einigermaßen Er hatte kein Hemde auf dem Leibe. Das nennt er: einigermaßen

      »ich kann meiner lieben Frau nicht alles geben, was zur Annehmlichkeit des Lebens nötig ist, und auch die Erziehung meiner Kinder ist, aus pekuniären Gesichtspunkten, nicht so wie ich wünschte.«

      Annehmlichkeit des Lebens? Erziehung der Kinder? Meint er, daß er für seine Frau eine Loge in der Oper mieten will, und seine Kinder in eine Anstalt nach Genf schicken? Es war Herbst und ziemlich kalt,  er wohnte auf einem Bodengelaß ohne Feuer. Als ich diesen Brief empfing, wußte ich das nicht, aber später bin ich bei ihm gewesen, und noch jetzt bin ich ärgerlich über den tollen Ton seines Geschreibsels. Zum Kuckuck wer arm ist, kann sagen, daß er arm ist; Arme muß es geben, das ist notwendig in der menschlichen Gesellschaft; wenn er nur kein Almosen verlangt und niemand zur Last fällt, habe ich durchaus nichts dagegen, daß er arm ist; aber die Ziererei dabei paßt mir nicht. Hört weiter:

      »Da nun auf mir die Pflicht ruht, für die Bedürfnisse der Meinen zu sorgen, habe ich beschlossen, ein Talent auszunutzen, das, wie ich glaube, mir gegeben ist. Ich bin Dichter …«

      Puh Du weißt, Leser, wie ich und alle vernünftigen Menschen darüber denken.

      »und Schriftsteller. Seit meiner Kindheit drückte ich meine Gefühle in Versen aus, und auch später schrieb ich täglich nieder, was in meiner Seele vorging. Ich glaube, daß darunter einige Arbeiten sind, die Wert haben, und ich suche dafür einen Verleger. Aber das ist nun gerade die Schwierigkeit. Das Publikum kennt mich nicht, und die Verleger beurteilen die Werke mehr nach dem Namen und Ruf des Verfassers als nach dem Inhalt.«

      Gerade wie wir den Kaffee nach dem Renommee der Sorten und Marken.

      »Wenn ich nun auch annehme, daß mein Werk nicht ohne Wert sein würde, so würde das doch erst nach dem Erscheinen zu Tage treten, und die Buchhändler verlangen die Druckkosten u.s.w. im voraus …«

      Finde ich sehr vernünftig.

      »was mir augenblicklich nicht gelegen kommt. Da ich indes überzeugt bin, daß meine Arbeit die Kosten decken würde, und ruhig mein Wort darauf verpfänden kann, bin ich, ermutigt durch unsere Begegnung von vorgestern …«

      Das nennt der ermutigen

      »zu dem Beschluß gekommen, an Sie die Bitte zu richten, ob Sie sich bei einem Buchhändler für die Kosten einer ersten Ausgabe verbürgen würden, und wäre es auch bloß ein kleines Bändchen. Ich überlasse die Auswahl für diesen

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