Herz und Wissen. Уилки Коллинз
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»Nicht doch, Mr. Mool! Man kann dem Charakter dieses Hundes nicht trauen, das beweist er gegen Miß Minerva, meine Gouvernante – gerade so knurrt er stets, sobald er sie zu sehen bekommt. Wahrscheinlich wittert er Sie. Sehen Sie! da kläfft er schon! Sie machen ihn nur noch schlimmer. Kommen Sie zurück!«
Da er einmal an der Thür war, so benutzte der sanfte Rechtsanwalt wiederum die Farne als Friedensstifter, indem er einen Wedel nahm und sich in einen: Zustande milder Bewunderung zu seinem Platze zurückbegab. »Dies reizende Farnkraut!« sagte er weich. »Ein wirklich schönes Exemplar von Osmunda regalis, Mrs. Gallilee. Welche Welt von Schönheit in diesem doppeltgefiederten Wedel! Man weiß kaum, wo der Stiel aufhört und das Blatt beginnt!«
Der Hund, ein flinkes kleines Dachshündchen, trollte jetzt in die Bibliothek und begrüßte die Gesellschaft mit munterem Schwanzwedeln, Mr. Mool nicht ausgenommen. Auch nicht die Spur von Knurren entschlüpfte ihm; die Art und Weise, wie er zu Füßen der Hausherrin Platz nahm, widerlegte deren Verleumdung seines Charakters vollständig, und Ovid meinte, daß er möglichenfalls durch eine im Gewächshaus anwesende Katze gereizt worden wäre.
Mittlerweile schlug Mr. Mool eine Seite im Testamente um und kam zu den Clauseln, die sich auf Carmina und ihre Vormünderin bezogen.
»Ich darf mir erlauben«, begann er, »an erster Stelle zu erwähnen, daß das Miß Carmina hinterlassene Vermögen in runder Summe einhundertunddreißigtausend Pfund beträgt. Die Vollstrecker –«
»Ueberschlagen Sie die«, sagte Mrs. Gallilee.
Mr. Mool überschlug dieselben.
»Sie sind zu Miß Carmina’s Vormünderin bestellt, bis sie majorenn wird«, nahm er dann seinen Vortrag wieder auf. »Heirathet sie in der Zwischenzeit —«
Hier pausierte er, um eine Seite umzuwenden, während nicht nur Mrs. Gallilee, sondern auch Ovid mit dem tiefsten Interesse zuhörten. »Heirathet sie in der Zwischenzeit mit Einwilligung ihrer Vormünderin, so soll ihr und ihren Kindern ihr Vermögen wie folgt gesichert werden.«
»Und wenn ich ihre Wahl nicht billige?« warf Mrs. Gallilee fragend ein. Ovid sah sie an, um schnell wieder wegzusehen. Als sich sein Auge dabei auf den Hund richtete, sprang derselbe auf, um sich streicheln zu lassen; Ovid aber war zu sehr befangen, um es zu bemerken, und der Hund drückte über diese von seinem Freunde Ovid ihm zum ersten Male widerfahrene Rücksichtslosigkeit mit Augen und Ohren seine vorwurfsvolle Ueberraschung aus.
»Wenn die junge Dame eine Ehe eingehen will, die Sie mißbilligen«, antwortete Mr. Mool, »so bestimmt der Testator, daß Sie – nun, wenn ich so sagen soll, einem von Mr. Gallilee und Lord und Lady Northlake gebildeten Familienrathe ihre Einwände vorzutragen haben.«
»Wie albern von Robert«, äußerte Mrs. Gallilee. »Und was hat dieser gemischte Rath der Drei zu thun, Mr. Mool?«
»Die Majorität in diesem Rathe soll die endgültige Entscheidung treffen, Mrs. Gallilee. Schließt dieselbe sich Ihrer Ansicht an, und besteht Miß Carmina trotzdem auf ihrem Entschlusse —«
»Dann soll ich nachgeben?«
»Nicht eher, als bis Ihre Nichte mündig ist, gnädige Frau. Von da ab entscheidet sie selbst für sich.«
»Und tritt in den Besitz des Vermögens?«
»Nur in den Genuß von einem Theile desselben – falls ihre Verwandten ihre Heirath mißbilligen.«
»Und was wird aus dem Reste?«
»Das Ganze soll von den Testamentsvollstreckern angelegt und bei ihrem Tode gleichmäßig unter ihre Kinder vertheilt werden.«
»Und wenn sie keine Kinder hinterläßt?«
»Der Fall ist in der letzten Clausel vorgesehen, Madam. Ich will hier nur sagen, daß Sie bei der Sache interessiert sind.«
Mrs. Gallilee machte eine schnelle Wendung gegen ihren Sohn. »Wenn ich einst nicht mehr bin«, sagte sie ernst, »hoffe ich, daß Du mein Andenken verteidigen wirst.«
»Dein Andenken verteidigen?« wiederholte Ovid, verwundert, was sie wohl meinen könnte.
»Wenn nun der Fall eintritt, daß ich bei der Verfügung über Robert’s Vermögen interessiert sein sollte – was Gott ja verhüten möge! – siehst Du dann nicht, was geschehen wird?« fragte seine Mutter bitter. »Lady Northlake wird sagen, ich hätte das durch Intrigen zuwege gebracht.«
Mr. Mool sah zweifelhaft nach den Farnen hinüber. Nein! seine Verbündeten waren nicht stark genug, den weiteren Erguß eines solchen Familiengefühls aufzuhalten; er konnte sich in dieser Bedrängniß nur auf die höhere Autorität des Testamentes verlassen.
»Verzeihen Sie, Mrs. Gallilee«, sagte er; »es sind noch einige weitere Instructionen vorhanden, die meiner Ansicht nach Ihres seligen Herrn Bruders liberales Fühlen in einem sehr interessanten Lichte zeigen. Dieselben beziehen sich auf die Fürsorge für seine Tochter, solange sie unter Ihrem Dache lebt. Miß Carmina soll zur Vollendung ihrer Ausbildung die besten Lehrer haben.«
»Gewiß!« rief Mrs. Gallilee eifrig.
»Und es soll ihr jederzeit ein Wagen zur Verfügung stehen.«
»Nein, Mr. Mool! Zwei Wagen – in einem Klima wie dem unsrigen – ein offener und ein geschlossener.«
»Und um diese und andere Unkosten zu bestreiten, sollen Ihnen jährlich eintausend Pfund zur Verfügung gestellt werden.«
»Das ist zu viel! zu viel!«
Mr. Mool hätte ihr vielleicht beigestimmt, wenn er nicht gewußt, daß Robert Graywell bei dieser außerordentlichen Fürsorge für seine Tochter gleichzeitig das Interesse seiner Schwester im Auge gehabt habe.
»Vielleicht ist Garderobe und Taschengeld darin eingeschlossen?« fragte Mrs. Gallilee.
»Mr. Mool schüttelte lächelnd den Kopf. »Mr. Graywell’s Großmuth hat keine Grenzen, wo es sich um seine Tochter handelt. Für Taschengeld und Kleidung soll Carmina jährlich fünfhundert Pfund erhalten.«
»Ist das nicht rührend?« appellierte Mrs. Gallilee an die Sympathie ihres Sohnes. »Die liebe Carmina! Mein Pariser Schneider soll ihr alle ihre Kleider machen. Nun, Mr. Mool?«
»Gestatten Sie mir, den folgenden Passus dem Wortlaute nach vorzulesen«, antwortete der Rechtsanwalt. »Wenn die Bethätigung ihres Wohlthätigkeitssinnes sie diese Summe überschreiten läßt, so autorisiere ich meine Vollstrecker hierdurch, dieselbe nach eigenem Ermessen bis auf eintausend Pfund jährlich zu erhöhen! Es klingt meinerseits vielleicht vermessen«, wagte Mr. Mool in schüchterner Bekundung seines Enthusiasmus zu bemerken, »aber man muß dabei denken, welch’ guter Vater! welch’ gutes Kind!«
Mrs. Gallilee hatte schon eine weitere passende Bemerkung aus den Lippen, als der unglückliche Hund sie wieder unterbrach, indem er plötzlich in das Gewächshaus schoß und ein lautes Kläffen anstimmte, worauf sich ein klirrendes Geräusch, wie von dem Fallen eines Blumentopfes herrührend vernehmen ließ.
Ovid eilte in das Gewächshaus und folgte dem Hunde, der die in den Hintergarten führenden Stufen hinunterraste.
Ein Topf lag zerbrochen auf dem Ziegelboden, und von der Schönheit der darin enthaltenen Blume angezogen, bückte sich Ovid, um dieselbe wieder aufzurichten. Wäre