In der Dämmerstunde. Уилки Коллинз
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Читать онлайн книгу In der Dämmerstunde - Уилки Коллинз страница 12

»Starb,« ergänzte ich und stach wieder mit meinem Federmesser zu. »Lass uns noch einmal auf den Brief zurückkommen, den er damals im Gefühle der Dankbarkeit geschrieben hat. Weißt Du nicht, Frank, ob der Brief auch des Betruges erwähnte?«
»Ja,« antwortete Frank, »wir konnte er von seiner Dankbarkeit reden, ohne die Ursache zu erwähnen?«
»Sehr gut! wenn er Jurist gewesen wäre,« sagte ich. »Aber ich errate jetzt; Jener Brief wurde gestohlen und zwar von dem betrügerischen Buchhalter, Mister Davager!«
»Richtig, so ist es!« rief Frank verwundert aus, »das ist es nun, was ich Dir mitteilen wollte.«
»Wie setzte er Euch denn von seinem Diebstahl in Kenntnis?« fragte ich.
»Oh, in meiner Gegenwart wagte er es nicht,« fuhr Frank fort, »aber als meine Braut heute allein ausging, nahte er sich ihr und sagte, dass er ihr eine Mitteilung aus früheren Tagen zu machen habe und zeigte ihr dann den unglückseligen Brief von der Hand ihres Vaters und übergab ihr einen zweiten an mich gerichteten; dann verbeugte er sich, ging davon und ließ das arme Mädchen, halb tot vor Schreck, allein. O, wäre ich nur dabei gewesen,« rief Frank, seine Fäuste, ballend, »ich hätte ihn getötet!« «
»Es ist das größte Glück, dass Du nicht dabei gewesen bist,« erwiderte ich. »Hast Du den andern Brief?«
Er händigte ihn mir ein; derselbe war so humoristisch und kurz, dass ich ihn nicht vergessen habe.
Er lautete:
ich habe eine außerordentlich merkwürdige Handschrift zu verkaufen. Der Preis ist eine 500 Pfund Note. Die junge Dame, welche Sie am Mittwoch heiraten wollen, wird Ihnen Näheres über den Wert des Briefes mitteilen Sollten Sie den Brief nicht kaufen wollen, so werde ich eine Kopie desselben der hiesigen Zeitung zum Druck übergeben und werde diese Merkwürdigkeit, am Dienstag Nachmittag, Ihrem Herr Vater übersenden. Da ich in Familienangelegenheiten kam, so habe ich meine Wohnung im Hotel Gatliffe Arm.
Ihr gehorsamer Diener
»Das ist ein geschickter Kerl,« sagte ich und legte den Brief in eine besondere Schublade.
»Geschickt?« rief Frank aus. »Ein Betrüger ist er und zwar vom Kopf bis zur Zehe! Ich hätte die Angelegenheit selbst geordnet, aber mein Mädchen bat mich, dass ich sie zuvor mit Dir überlege.«
»Das war gut,« sagte ich, »aber glaubst Du, dass Dein Vater, wenn er diesen gestohlenen Brief erhält, Deine Heirat rückgängig machen wird?«
»Ach,« entgegnete Frank, »was mein Vater tun würde, daran habe ich noch gar nicht gedacht; aber das gute, ehrliche, großmütige Mädchen will mich durchaus meines Versprechens entbinden, wenn der Vater auch nichts einwendet, sie will lieber sterben als heiraten, wenn der Brief in der Zeitung erscheint.« Dabei fing Frank an zu weinen, und ich stach ihn so heftig mit meinem Messerchen, dass er aufhörte. Ich stellte dann die zwei Fragen an ihn: »Weiß das junge Mädchen vielleicht, ob dieser höllische Brief das einzige Schreiben aus jener trüben Zeit ist? Und zweitens, bist Du geneigt, Mister Davager die verlangte Summe zu bewilligen?«
»Ja,« sagte Frank, »ich will ihm das Geld geben.« Der junge Mann fragte eben nicht viel nach dem Wert des Geldes.
»Frank,« sagte ich, »Du kamst hier her um meine Hilfe zu beanspruchen, und bist doch schon entschieden zu tun, was Dir beliebt? Ich mache Dir also folgenden Vorschlag; ich gehe hin und suche von Mister Davager den Brief zu Erlisten, gelingt es mir nicht, so gib ihm morgen Nachmittag das verlangte Geld, mir aber bist Du dann nichts schuldig; erlange ich aber den Brief, so gibst Du mir das Geld.
Bist Du damit einverstanden?«
»Höre doch mit dieser Frage auf, Herzensjunge,« schrie Frank laut aus.
»Ich sage tausend Mal ja dazu! Geh’ nur und verdiene Dir schnell das Geld! – und —
»Du wirst es mir geben,« setzte ich hinzu! »Jetzt aber mache, dass Du nach Hause kommst; tröste Deine Braut und freue Dich des Gedankens, dass am Mittwoch nach der Trauung alle Briefe der Welt Dir nicht mehr zu schaden vermögen an Deinem Liebesglück.« Mit diesen Worten schob ich ihn zur Tür hinaus und fing nun an zu überlegen, wie ich am leichtesten zu meinem Ziele gelangen könnte.
Zunächst schrieb ich Mister Davager, dass ich beauftragt sei, die Angelegenheit des Briefes zu ordnen und dass ich ihn um eine Unterredung bitten lasse. Die Antwort lautete, dass er zwischen 6—7 Uhr Abends bei mir sein würde. Er ließ mich also noch Zeit verlieren zu seinen Gunsten. Ich erwartete Herrn Davager, beauftragte aber meinen ehrlichen Tom vorher noch mit seinigen Verhaltungsmaßregeln.
Mein Tom war ein gescheiter Bursche von vierzehn Jahren. Ich versteckte den Burschen bevor Mister Davager erschien und sagte ihm, dass er nicht früher zum Vorschein kommen möge, bis ich klingeln würde, wenn ich einmal klingeln würde, so hätte er nur den Herrn hinaus zu begleiten, klingelte ich jedoch zwei Mal, so hätte er den Herrn zu verfolgen bis in sein Hotel. Dies war Alles, was ich vorläufig anordnen konnte. Ich wusste, dass Tom der schlaueste aller Burschen war.
Punkt ein Viertel nach Sechs Uhr kam mein Mister Davager.
In unsern Beschäftigungen müssen wir mit den verschiedensten Menschen verkehren, mit Reichen und Armen, mit Reinlichen und Schmutzigen, aber einen so unsauberen gemeinen Menschen, wie Davager, hatte ich denn doch noch nicht vor mir gesehen. Er hatte weißes Haar und ein Gesicht voll Pockennarben; eine niedrige Stirn, und einen fetten Unterleib; der Körper stand auf schwächlichen Füßen. Seine Augen waren mit Blut unterlaufen; er hatte Spirituosen genossen, das roch man von weitem, und kaute Tabak als er eintrat. – »Wie geht es?« fragte er, »ich habe eben gespeist,« setzte er hinzu und zündete sich eine Zigarre an, setzte sich nieder und kreuzte die Füße über einander. Ich wollte erst einen vertraulichen Ton mit ihm anschlagen, aber ich besann mich und fragte, wie er zu dem Briefe gekommen sei. – »Ich besaß das Vertrauen des Schreibers,« erwiderte er mir. —
»Außerdem,« setzte er hinzu. »wusste ich, seit meiner Kindheit überall meine Interessen im Auge zu behalten. « —
Ich machte ihm einige Komplimente, aber sie schienen keinen besonderen Eindruck auf ihn auszuüben. Dann suchte ich ihn für die Angelegenheit nachsichtiger zu machen, aber das war unnütze Mühe; endlich nahm ich zu dem letzten Mittel Zuflucht, ich fing an, ihm zu drohen.
»Bevor wir von dem Auszahlen des Geldes sprechen, muss ich mir doch erlauben, die ganze Angelegenheit vor Ihnen als Rechtsanwalt zu beleuchten. Sie wollen zunächst verhindern, dass die Hochzeit am Mittwoch stattfinde? Nun, ich setzte den Fall, ich hätte eine Magistrats-Vollmacht in meiner Tasche, Sie verhaften zu lassen? Ich setze den Fall, hier, im Nebenzimmer befände sich schon der Beamte, der Sie festnehmen sollte? Ich setzte den Feuer, ich ließe Sie nur einen Tag, nämlich den, an, welchem die Hochzeit stattfindet, des Verdachts der Gelderpressung schuldig, in Haft? Ich setze den Fall, ich bezeichnete Sie als einen verdächtigen Fremden? Wer würde für Sie hier Bürgschaft leisten? Ich setze —
»Halten Sie ein,« rief Davager. »Ich setze den Fall, ich wäre nicht der geriebene Davager der ich wirklich bin! Ich setze den Fall, ich hätte den Brief