Verbergen und Suchen. Уилки Коллинз
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Читать онлайн книгу Verbergen und Suchen - Уилки Коллинз страница 16
Die Frau des Clowns wandte ihr Gesicht ab, verzweifelnd mit beiden Händen das Schluchzen unterdrückend, welches sie wieder von neuem äußern wollte. Dann flüsterte sie: »Bitte! O bitte! Gehen Sie mein Herr! Einige von den Reitern werden gleich hier sein, Sie werden uns schrecklichen Verdruss bereiten!«
Valentin stand auf und, das Kind noch in seinen Armen haltend, sagte er: »Ich will gehen, wenn Sie mir versprechen —«
»O ich will Ihnen alles versprechen, was Sie wollen, mein Herr!«
»Sie kennen die Wohnung des Rektors, des Doktor Joyce – des Geistlichen – meines lieben Freundes!«
»Ja mein Herr, ich kenne sie. Sie sprachen schon vorher davon. Bitte, vollenden Sie so schnell als möglich der kleinen Marie halber!«
»Marie! ihr Name ist Marie? Valentin zog sich hinter eine Ecke zurück und fing das Kind wiederum zu küssen an.«
»Sie müssen wahnsinnig sein, wenn Sie nachdem, was ich Ihnen gesagt habe, so weiter fort fahren wollen«, rief die Frau des Clowns, verzweifelnd ihre Hände ringend, und versuchte es, ihn aus der Ecke hervorzuziehen. Jubber und die ganze Bande werden in der nächsten Minute hier sein. Sie wird wieder geschlagen werden, wenn mau Sie bei ihr trifft; o Himmel, können Sie denn dies gar nicht begreifen?«
Er verstand es nur zu wohl und ließ das Kind sogleich herunter, sein Gesicht wurde wieder blass, seine Aufregung so heftig, dass er die Hand, welche es ihm entgegenstreckte, und den flehenden Blick nicht bemerkte, welcher jene Bewegung begleitete und so verständlich und rührend sagte: »Ich möchte Dir Lebewohl sagen, aber ich kann es nicht, wie andere Kinder.« Er bemerkte dies nicht, denn er hatte Frau Peckover beim Arme genommen und hatte sie eiligst nach sich in den Durchgang gezogen.
Die Kleine machte keinen Versuch, ihnen zu folgen; sie wandte sich ab, setzte sich in die dunkelste Ecke des elenden Platzes nieder und stützte den Kopf gegen die rohe Wand, welche sie allein von den lachenden Zuhörern trennte. Ihre Lippen fingen wieder an zu beben; sie nahm das Taschentuch noch einmal heraus und verbarg ihr Gesicht darin.
»Nun vergessen Sie Ihr Versprechen nicht«, flüsterte Valentin der Frau des Clowns zu, welche ihn während der ganzen Zeit, wo er mit ihr sprach, langsam forttrieb. »Sie müssen die kleine Marie morgen früh pünktlich um zwölf Uhr nach der Wohnung des Rektors bringen. – Sie müssen, oder ich werde kommen und sie selbst holen. Sie brauchen mir nicht zu glauben, ich bin nur ein Künstler und Fremdling; ich erwarte nicht, dass Sie mir glauben sollen. Aber Sie müssen einem Geistlichen glauben – das müssen Sie! Doktor und Frau Joyce wünschen, Eure kleine Marie zu sehen. Es ist ihre Einladung, verstehen Sie mich! Sie können es dem Rektor nicht abschlagen. Er ist der beste und gütigste Mann, welcher jemals —«
»Ich will sie bringen«, unterbrach ihn die Frau, »wenn Sie mir jetzt gehen wollen. Ich will sie bringen! —«
Er stand still, denn er fühlte plötzlich, wie ihm die frische Luft ins Gesicht wehte. Die Frau des Clowns hatte ihn verlassen, und es war kein Gegenstand mehr vorhanden, gegen welchen er seine Drohungen schleudern konnte, als die zerrissenen Pferdedecken, welche über dem leeren Torweg hingen.
Sechstes Kapitel – Die Erzählung – Erster Teil
Es hat in der Wohnung des Rektors dreiviertel auf zwölf geschlagen und der Herbstmorgen ist wunderschön. Vance, Doktor Joyces Bedienter, ein Mann im mittlern Jahren, oder »BischofVance«, wie die kleinen Witzlinge Von Rubbleford ihn nennen, als Anspielungen auf seine stattliche und feierliche Erscheinung, sein ehrwürdiges Benehmen, seine geistliche Krawatte und seine fleckenlosen schwarzen Kleider, stellt den Kuchen und die Schokolade mit so vieler zeremonieller Förmlichkeit und pedantischer Genauigkeit auf den Speisetisch, als wenn sein Herr einen Erzbischof statt die Frau eines Clowns und ein zehnjähriges kleines Mädchen zum Frühstück erwartete. Es ist ein ergötzlicher Anblick, Vance auf und abgehen zu sehen, um die allgemeine Wirkung zu betrachten, welche Messer und Gabel machen, wenn er sie auf den Tisch legt, oder wie er feierlich in dem Zimmer auf und ab spaziert, eine reine Serviette langsam in seiner Hand schwingend, oder wenn er mit der Miene eines Beschützers dem hübschen Hausmädchen an der Tür gegenüber steht und ihm Teller und Schüsseln mit dem Gebaren eines Küchensultans aus der Hand nimmt, der sich einmal herablässt, auch nur einen Augenblick lang, seine Würde in der Gegenwart der weiblichen Sklavinnen zu verlieren. Das Fenster des Speisezimmers gewährte eine Aussicht nach dem Garten, wo man unter den Bäumen auf einem schattigen Sitze Frau Joyce im Freien arbeiten sieht. Eine ihrer Töchter sitzt auf dem Rasen zu ihren Füßen und liest, während die andere die jüngern Kinder wechselnd auf einem großen schwarzen Neufundländerhund reiten lässt, der mit heraushängender Zunge langsam vorwärts schreitet und leise mit seinem großen haarigen Schweife wedelt. Ein hübscheres Bild des häuslichen Glückes als dasjenige, welches die Aussicht durch das Fenster der Rektorwohnung jetzt darbietet, könnte schwerlich in ganz England gefunden werden.
Die häusliche Ruhe ist jedoch nicht gänzlich ungestört. Bei dem Bilde, von dem Vance und der Frühstückstisch den Vordergrund und der Garten mit Frau Joyce das Zentrum und den Hintergrund bilden, gleitet von Zeit zu Zeit eine unruhige Gestalt vorüber, welche niemals müde wird, sich hier, dort und überall rastlos hinzubegeben.
Diese Gestalt ist Valentin, der in der Tat niemanden weder im Hause, noch im Garten vom frühen Morgen an in Ruhe gelassen hat. Der Rektor, der einige Briefe zu schreiben hat, hat sich verzweiflungsvoll in seinem Zimmer eingeschlossen und trotzt seinem aufgeregten Freunde in dieser Festung, bis die Ankunft der Frau Peckover und des taubstummen Kindes des Malers schreckliche Ungeduld nach dem zwölften Glockenschlage und nach dem Besuche aus dem Zirkus gestillt hat. Herr Blyth hat den unglücklichen Vance verdrießlich gemacht, gequält und außer Fassung gebracht, bis er von unterdrücktem Zorne ganz erschöpft aussieht. – Herr Blyth ist in sein Heiligtum gedrungen, um ihn zu fragen, ob die Uhr in der Vorhalle richtig gehe, und hat ihn überrascht, wie er sich im offenen Hemde wusch. Herr Blyth hat eins seiner Gläser zerbrochen und auf ungestüme Weise darauf bestanden, ihm zu zeigen, wie man den Pfropfen aus einer Weinflasche herauszöge. Wenn dies ein oder zwei Tage noch so fort gehen sollte, so würde sich Vance sicherlich gezwungen sehen, obgleich er schon zwanzig Jahr beim Rektor im Dienste stand, ihm denselben aufzukündigen.
Es fehlen noch fünf Minuten an Zwölf. Frau Joyce und ihre Töchter nehmen, von Leo begleitet, ihre Plätze ein und sahen frisch und nett in ihren glänzenden Morgentoiletten aus. Der Doktor tritt mit seinem beendigten Briefen ein und begrüßt Valentin mit einem harmlosen geistlichen Scherze. Vance stellt die frühere vollkommene Ordnung auf dem Frühstückstische wieder oberflächlich her. Die Uhr schlägt zwölf, ein schwaches leises Läuten wird an der Glocke der Rektorwohnung gehört.
Vance schreitet leise nach der Thür, als – o Himmel und Erde! Werden keine Hausgesetze von diesen Malern für heilig gehalten? – Herr Blyth mit einem Ausrufe »hier sind sie!« bei ihm vorbeistürzt und nach der Vorhalle eilt, um das Tor selbst zu öffnen. Vance dreht sich feierlich nach seinem Herrn um, zitternd und purpurrot im Gesichte, mit einem anklagenden Ausdrucke, welcher deutlich genug sagt:
»Wenn Sie eine solche Kränkung ertragen wollen, mein Herr, so erlaube ich mir, Sie ergebenst zu benachrichtigen, dass ich nicht gesonnen bin, ein Gleiches zu tun.« Der Rektor bricht in ein lautes Lachen aus; die jungen Damen folgen seinem Beispiel; der Neufundländerhund springt auf und bellt laut dazwischen. Frau Joyce sitzt still, betrachtet Vance und bedauert ihn.
Die Stimme des Herrn Blyth ist bald wiederum sehr vernehmlich hörbar, ohne dass seiner Rede irgendeine Antwort gegeben wird. Die Tür des Speisezimmers, welche zugefallen ist, wird plötzlich aufgestoßen, und Valentin erscheint mit der Miene des höchsten Triumphes und der höchsten Glückseligkeit, Frau Peckover und das taubstumme Kind hereinführend, so dass er für den Augenblick unbedingt schön aussieht. Der Rektor, welcher