Das Rätsel der Arche Noah. Timo Roller
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Nun haben sich in jüngster Zeit verblüffende Entwicklungen ergeben. Im Jahr 2008 wurde in der Stadt Sirnak, nur etwa 15 Kilometer vom Berg Cudi entfernt, eine neue Universität gegründet. 2013 hat diese Universität zu einem internationalen Symposium über Noah und den Berg Cudi eingeladen, das dann im September stattfand. Ein historischer Waffenstillstand wurde im März 2013 zwischen dem inhaftierten PKK-Führer Abdullah Öcalan und der türkischen Regierung erreicht. Fast sofort hörte die Gewalt in den kurdischen Regionen im Osten der Türkei auf und zum ersten Mal seit fast 35 Jahren konnten Hirten ihre Herden wieder an den Hängen des Berges Cudi weiden. Während des Symposiums erklärte der Direktor der Universität Sirnak, man wolle sorgfältige Untersuchungen der archäologischen Stätten in naher Zukunft anstreben.
Auf dem internationalen Symposium in Sirnak traf ich Timo. Sein Buch dokumentiert die spannende Suche nach den Überresten der Arche und enthält Zeugnisse von Menschen, die Teil dieser Forschung waren. Seine Untersuchung der Koordinaten und Blickwinkel vieler alter Fotografien mithilfe von Google Earth stellt einen wichtigen Beitrag in diesem Stadium der sich nun entfaltenden Geschichte dar. Ich glaube, Sie werden die Lektüre dieses Buches informativ und inspirierend finden.
Wird das Rätsel der Arche Noah bald gelöst werden können? Angesichts der jüngsten Entwicklungen scheint dies nun tatsächlich in den Bereich des Möglichen zu rücken.
John Baumgardner
San Diego, Kalifornien
Dezember 2013
Teil I: Eine einzigartige Expedition
1. Wendepunkt einer Forschungsreise
Der Landeplatz der Arche Noah lag 17 Kilometer von mir entfernt, als ich am frühen Morgen des 29. September 2013 aus dem Fenster meines Hotelzimmers blickte. Die Gebirgskette der Cudi-Gipfel war in das warme Licht der aufgehenden Sonne getaucht und dieser Anblick ließ mir unwillkürlich Tränen in die Augen steigen. Ich war ergriffen: Heute sollte der große Tag sein.
Die Cudi-Berge am frühen Morgen des 29. September 2013
Das »Noah- und Berg-Cudi-Symposium« war tags zuvor sehr hoffnungsvoll zu Ende gegangen: Von »großen Anstrengungen« war die Rede, die man unternehmen wolle, um archäologische Ausgrabungen dort oben zu ermöglichen.
Als einziger Deutscher war ich bei dieser wissenschaftlichen Konferenz der Universität Sirnak anwesend, zusammen mit einigen Amerikanern, mit denen ich teilweise schon längere Zeit in Verbindung stand. Das Symposium widmete sich unter anderem der Frage, ob der »Al Dschudi«, der traditionelle Arche-Berg der muslimischen Tradition, mehr sein konnte als nur die weithin unbekannte Alternative zum riesigen Vulkankegel »Ararat« ungefähr 300 Kilometer weiter nördlich.
Bill Crouse, einer der Amerikaner, und ich teilten schon seit Längerem unsere Forschungsergebnisse, da es auch aus biblischer Sicht gute Gründe dafür gibt, dass dieser Berg Cudi zu den »Bergen von Ararat« gehört, von denen im ersten Buch Mose in der Mehrzahl gesprochen wird.
Daher waren neben türkischen Wissenschaftlern, muslimischen Gelehrten und namhaften Altertumsforschern auch wir als Vertreter des Christentums dabei, um unsere Argumente und Forschungsergebnisse vorzutragen, und ernteten reichlich Anerkennung dafür. Bill Crouse, dessen Vortrag die Argumente gegen den als »Ararat« bekannten Agri Dagh und für den Cudi Dagh als Arche-Berg zum Thema hatte, durfte im Eröffnungsprogramm sprechen. Er wurde anschließend von Fernsehsendern interviewt und in den Medien zitiert. Wir genossen daher eine gewisse Aufmerksamkeit und waren guter Dinge, dass es uns wie geplant während unserer Reise gelingen würde, den Gipfel des Cudi-Berges zu erreichen und die dortigen Ruinen und Bau-Strukturen mit eigenen Augen unter die Lupe zu nehmen.
Schon im Vorfeld hatten wir verschiedene Kontakte aktiviert, um zu den historischen Stätten am Fuße des Berges und auf den Gipfel selber zu gelangen. Zusätzlich war als Abschluss des Symposiums ein offizielles Ausflugsprogramm der Universität geplant, in dessen Rahmen uns ein Hubschrauberflug zum Gipfel in Aussicht gestellt wurde. Noch am Samstagabend – der 29. September war ein Sonntag – hatte es geheißen: Wenn der Armeeverantwortliche seine finale Zustimmung gibt, fliegen wir – falls nicht, würden wir mit Autos und zu Fuß dem Gipfel entgegenstreben.
Alles war vorbereitet, Kamera, GPS-Empfänger und sogar eine kleine Schaufel gepackt, Wanderstiefel geschnürt und nach besagtem Blick aus dem Fenster ging es um 6.30 Uhr zum Frühstück.
Dort kam der Organisator und Dolmetscher Mehmet zu uns mit »bad news«: Es würde nichts werden mit dem Hubschrauber, auch die Tour mit den Autos sei nicht möglich, man könne keine Verantwortung für uns Ausländer übernehmen. Es sei uns aber freigestellt, auf eigene Faust unser Glück zu versuchen.
Wir versuchten umgehend, unsere einheimischen Freunde zu erreichen und parallel dazu, an Mietwagen oder freiwillige Fahrer heranzukommen.
Manche der Freunde waren nicht erreichbar, einer von ihnen sprach dann von Polizei, die heute unterwegs sei. Auch ich hatte heute Morgen gepanzerte Fahrzeuge auf der Straße unterhalb des Hotels gesehen, jedoch nicht zum ersten Mal. Sicherheitsleute in Zivil waren ins Hotel gekommen und schrieben unsere Namen auf. Ein amerikanischer Archäologe, der in der Türkei arbeitet und zu unserem Team gehörte, telefonierte herum. Schließlich kam er zu uns, die wir in einer Sitzgruppe in der Lobby warteten. Erneut »bad news«: Es sei nichts möglich heute – und morgen auch nicht.
Vergeblich wartete ich mit Bill Crouse (links), Rex Geissler und den anderen in der Lobby des Hotels in Sirnak.
Wir hatten weitere Ausflüge geplant, unter anderem in das historische Dorf Sah, von dem wir erst gestern während eines Vortrags sehr beeindruckende Bilder gesehen hatten. War nun alles in Frage gestellt?
Irgendetwas war vorgefallen, soviel war klar. Eine kurze Internetrecherche ergab, dass ein kurdisches Festival am Cudi-Berg stattfand. Als wir einen der Sicherheitsleute darauf ansprachen, gab er zu: »Ihr habt recht.« Klare Worte und transparente Auskünfte entsprechen in diesem Teil der Welt nicht gerade der üblichen Mentalität.
So begannen unsere Überlegungen, was wir jetzt machen sollten. Immerhin waren wir noch für weitere drei Tage hier, der internationale Heimflug ließ sich nicht vorverlegen. Uns wurde vorgeschlagen, nach Istanbul zu reisen oder nach Diyarbakir, wo der Rückflug der Amerikaner am kommenden Mittwoch starten würde. Da die Gegend um Sirnak außer den Cudi-Bergen keine besonderen Sehenswürdigkeiten zu bieten hat und auch Istanbul und die Kurdenstadt Diyarbakir uns nicht besonders reizten, war mein Vorschlag, am nächsten Tag mit dem Bus nach Urfa zu fahren. Dort könnten wir die verbleibenden Tage auf den Spuren Abrahams und der frühen Menschheitsgeschichte verbringen und unter anderem die berühmte archäologische Fundstätte Göbekli Tepe besuchen. Den Sonntag wollten wir noch dazu nutzen, den eindrucksvollen Kasrik-Canyon zu untersuchen, der die Cudi-Kette von den Nachbarbergen trennt. Diese Idee unterbreiteten wir unserem Organisator Mehmet und er buchte