Familie Dr. Norden Staffel 2 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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»Ich will das nicht hören. Machen Sie das aus!« rief sie unwirsch.
»Aber, aber, Kindchen. Wenn das Kleine erst da ist, wirst du sehen, wie schön es ist, Mutter zu sein«, redete Schwester Renate behutsam auf das verstörte Mädchen ein.
»Niemals werde ich das. Es ist alles so schrecklich.« Yasmin stiegen die Tränen in die Augen, und Renate strich ihr beruhigend über das wirre blonde Haar.
»Du arme Kleine! Willst du mir nicht erzählen, was mit dir los ist? Vielleicht kann ich dir helfen.«
»Niemand kann mir helfen. Und wenn Sie wissen, wer ich bin, dann kommt Frau Weinzierl und holt mich zurück ins Heim.« Wütend wischte sie sich über die Augen.
»Niemand holt dich zurück. Du darfst die Klinik nicht verlassen, weil dein Blutdruck immer noch viel zu hoch ist.«
»Ist das wahr?« Mißtrauisch sah Yasi die Schwester an.
»Ich lüge nicht, großes Ehrenwort«, flüsterte Renate verschwörerisch und hob zur Bestätigung drei Finger der rechten Hand.
Yasmin mußte unwillkürlich lächeln. »Du kannst ja lachen, wie schön«, freute sich da Renate. »So, jetzt sind wir auch schon fertig. Dem Baby geht es ausgezeichnet. Weißt du schon, was es wird?«
»Nein, es interessiert mich nicht«, entgegnete Yasi, jetzt wieder ganz verschlossen.
»Schade. Aber wir werden es ja bald wissen. Und jetzt machen wir einen kleinen Spaziergang. Du brauchst ein bißchen Bewegung.«
»In diesem Aufzug?« Fragend blickte Yasmin an sich herunter.
»Nein, natürlich nicht. Ich habe dir einen Bademantel mitgebracht. Er hängt an der Tür.« Schwester Renate stand auf, um ihn zu holen und half Yasmin dann hinein. »Ein bißchen groß, aber es geht schon«, stellte Renate dann zufrieden fest. »Geh schon mal vor, ich muß das CTG noch mitnehmen.«
Folgsam ging Yasmin vor und blieb dann ratlos auf dem Gang stehen.
»Wo soll ich hingehen?«
»Am besten runter in den Garten. Ein bißchen frische Luft wird dir guttun. Fahr mit dem Aufzug, das geht am schnellsten. Ich komme so schnell ich kann nach.« Sie winkte noch einmal und verschwand dann, das Gerät vor sich herschiebend, um die Ecke. Unsicher stand Yasmin auf dem Flur, doch dann entschloß sie sich, den Rat der Schwester anzunehmen, machte sich auf die Suche nach dem Lift und ließ sich ins Erdgeschoß fahren. Yasi hatte gerade ein paar Schritte in der Halle gemacht, als sie vor Schreck blaß wurde. Ein paar Meter weiter standen zwei Frauen, die mit einem Arzt im Gespräch vertieft waren. Diese Frauen kannte sie nur allzu gut. Es waren Elisabeth Weinzierl und Fanny Schmiedel.
Sie wollen mich holen! schoß es Yasi durch den Kopf, und sie zögerte keine Sekunde. Abrupt wandte sie sich um und lief wie von Sinnen den erstbesten Gang hinunter. Sie hatte Glück gehabt, keiner der drei hatte Yasmin bemerkt.
Als sie sich kurz darauf umwandten und Schorsch in Richtung seines Büros folgten, war nichts mehr von Yasi zu sehen.
*
»Um Himmels willen, paß doch auf!« Marlene Gordon, die sich am Kiosk eine Zeitung gekauft hatte, schrie erschrocken auf. Schwer atmend blieb Yasmin stehen. Sie hatte Marlene nicht gesehen und war mit ihr zusammengestoßen.
»Es... tut... mir leid«, keuchte sie.
»Ist dir etwas passiert?« erkundigte sich Marlene fürsorglich und warf einen schmerzerfüllten Blick auf Yasmins gewölbten Leib.
»Ich weiß nicht, aber ich glaube nicht.« Endlich kam sie wieder zu Atem und beruhigte sich etwas. Ängstlich blickte sie sich um.
»Was ist mit dir? Vor wem läufst du weg?« fragte Marlene weiter.
Yasmin wurde rot. »Ich will nicht darüber sprechen«, entgegnete sie unwillig.
»Du hast recht. Es geht mich ja auch gar nichts an«, lenkte Marlene da ein. Dann wandte sie sich zum Gehen, und Yasmin blickte ihr fassungslos hinterher. Soviel Diskretion hatte sie von einem Erwachsenen noch nie erfahren. Da wandte sich Marlene, einer plötzlichen Eingebung folgend, noch einmal um. »Wenn du doch darüber sprechen möchtest, ich bin in Zimmer 327.« Dann ging sie endgültig davon.
In diesem Moment erblickte Yasi Schwester Renate, die kurz stehengeblieben war, um mit Marlene Gordon ein paar Worte zu wechseln. Es dauerte nicht lange, und Yasmin wartete auf sie.
»Wer war die Frau, mit der sie gerade gesprochen haben?« erkundigte sie sich und bemühte sich, ihre Stimme gleichgültig klingen zu lassen.
Renate lächelte. Sollte sich der Plan, den sie mit Schorsch Leitner besprochen hatte, so einfach in die Tat umsetzen lassen?
»Das ist eine Patientin von uns. Sie liegt auf der gleichen Station wie du.«
»Schwanger ist sie aber nicht«, stellte Yasmin ungerührt fest.
»Sie war es. Aber leider hat sie das Kind verloren.«
»Sie kann ja wieder eines bekommen.«
»Nein, Yasmin, das kann sie nicht. Marlene Gordon hat schon einige Fehlgeburten hinter sich und ist bereits über vierzig. Ich glaube nicht, daß sie noch einmal bereit ist, so ein Risiko zu tragen«, erklärte Renate ernst.
»Und warum adoptiert sie keines?«
»Das ist sehr kompliziert und mit vielen Vorschriften verbunden. Um einen Säugling zu adoptieren, darf man unter anderem ein bestimmtes Alter nicht überschritten haben. Also scheidet diese Möglichkeit auch aus.«
»Das tut mir leid. Sie ist eine nette Frau.«
»Du hast mit ihr gesprochen?« wunderte sich Schwester Renate.
»Ich bin mit ihr zusammengestoßen. Sie war sehr freundlich, aber irgendwie auch traurig. Jetzt weiß ich natürlich warum.«
Die beiden waren inzwischen weitergegangen, und die Schwester hielt der jungen Frau die Tür auf, die zum Garten führte. Yasmin trat hinaus und blickte nachdenklich in den grauen Himmel.
»Die Welt ist manchmal sehr ungerecht«, stellte sie schließlich fest. »Frauen wünschen sich Kinder und bekommen keine. Andere wollen keine und bekommen trotzdem welche...«
Sie errötete, als hätte sie ein Geheimnis preisgegeben, doch Renate lächelte.
»Du bist ein sehr kluges Mädchen, Yasmin, und diese Erkenntnis wird der erste Schritt auf dem Weg zu deinem Kind sein.«
»Ich bin mir da nicht so sicher«, sagte diese zweifelnd, doch Renate drückte ihr aufmunternd die Hand.
»Mit der nötigen Unterstützung wirst du es schon schaffen. Leider muß ich jetzt zurück auf meine Station. Meine Pause ist vorbei. Bleib ruhig noch eine Weile hier und denke über unser Gespräch nach. Und wenn du Hilfe brauchst, weißt du ja, wo du mich finden kannst.«
Verwirrt und von vielfältigen Gefühlen bewegt, blieb Yasmin allein zurück. Sie begann, durch den schönen, sommerlichen Garten zu wandern, in dem zahlreiche Blumen