Familie Dr. Norden Staffel 2 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Plötzlich wußte sie es: Marlene ähnelte ihrer Mutter, so wie sie sie in Erinnerung hatte. Die gleichen langen blonden Haare, die vollen Lippen, die sicherlich genauso fröhlich lachen konnten, wenn sie nicht, wie vorhin, schmerzlich zusammengekniffen waren. Und die blauen Augen! Besonders die Augen hatten Yasmin berührt, der besorgte Blick, mit dem sie sie gemustert hatte.
Auf einmal erfüllte eine nie gekannte Sehnsucht nach einer Mutter das junge Mädchen. Sie meinte, den Schmerz nicht ertragen zu können. Tränenblind suchte sie einen stillen Winkel, um ihrem Kummer ungestört freien Lauf lassen zu können.
*
Auch Marlene war seltsam berührt von der merkwürdigen Begegnung mit dem schwangeren Mädchen.
Sie besaß eine gute Menschenkenntnis, doch selbst ohne diese Gabe hatte man leicht erkennen können, daß die junge Frau zutiefst verzweifelt war. Marlene konnte auch nicht sagen, was sie bewogen hatte, Yasmin ihre Zimmernummer zu sagen, aber sie spürte instinktiv, daß sie die Probleme des Mädchens von ihrem eigenen Kummer ablenken würden. Doch würde dieses den Mut haben, das Angebot von ihr, einer wildfremden Frau, anzunehmen? Schließlich war sie, Marlene, mindestens fünfundzwanzig Jahre älter als das Mädchen.
Sie könnte meine Tochter sein, kam es ihr in den Sinn. Dieser Gedanke beschäftigte sie so sehr, daß sie noch lange Zeit später, als die Schwester Kaffee und Kuchen brachte, mit der Zeitung in der Hand auf dem Bett saß und in den Garten starrte.
*
Elisabeth Weinzierl trommelte mit den Fingern nervös auf Herrn Dr. Leitners Schreibtisch. Dieses Gespräch verlief ganz anders, als sie es sich gedacht und erhofft hatte.
»Sie wollen also sagen, daß Yasmin Angst davor hat, ins Heim zurückzukommen?« fragte sie noch einmal schneidend.
»Zumindest ist das mein Eindruck, den auch Frau Dr. Norden bestätigt hat.«
»Wer ist das?«
»Die Frau, die Yasmin gestern abend im Gebüsch gefunden hat...«
»Und in eine Privatklinik einliefern ließ«, beendete Frau Weinzierl den Satz.
»Der Mann von Frau Dr. Norden und ich sind Kollegen und seit vielen Jahren befreundet. Da lag es nahe, daß sie sich in so einem schwierigen Fall an mich wendet, finden Sie nicht?« fragte Schorsch scharf.
Betreten blickte Elisabeth zu Boden. Fanny, der das Verhalten ihrer Chefin sehr unangenehm war, versuchte, das Gespräch auf ein anderes Thema zu lenken.
»Wie geht es Yasi denn jetzt?« erkundigte sie sich besorgt.
»Wir sind uns immer noch nicht sicher, was den Bluthochdruck ausgelöst hat. Eine Blutuntersuchung konnte darüber keinen Aufschluß geben. Ich halte es für möglich, daß Fräulein Pecher unter einem hohen seelischen Druck steht, der ihre Beschwerden verursacht hat. Verlief die Schwangerschaft bisher problemlos? Wir haben nämlich keinen Mutterpaß bei ihr gefunden.«
»Yasmin selbst spricht nicht darüber. Aber wir stehen in Kontakt mit dem behandelnden Arzt, der uns immer wieder versichert hat, daß alles normal verläuft«, erklärte Elisabeth Weinzierl.
»Wie ist es überhaupt zu der Schwangerschaft gekommen?« fragte Schorsch weiter und wandte sich dabei an Fanny.
»Auch darüber hat Yasi nie mit mir gesprochen. Aber ich habe eine Vermutung...«
»Papperlapapp«, fiel ihr Frau Weinzierl ins Wort. »Ich kann mir genau vorstellen, was passiert ist. Die Kinder in unserem Heim besuchen öffentliche Schulen. Vor einigen Monaten, es paßt zeitlich genau, wurde Yasmin von einem Klassenkameraden auf eine Party eingeladen, an der sie ohne unsere Erlaubnis teilgenommen hat. Ein Mädchen aus dem Heim hat sie verraten, und Yasmin erhielt Hausarrest. Kurz darauf hatte sie Beschwerden, und unser Arzt stellte eine Schwangerschaft fest. Ich brauche wohl nichts weiter dazu zu sagen.«
»Wurde ihr die Möglichkeit geboten, die Schwangerschaft abzubrechen?« erkundigte sich Schorsch ernst. »Immerhin ist Yasmin noch sehr jung, erst fünfzehn Jahre alt.«
»Ich habe das Thema einmal angeschnitten, aber sie hat sich nicht dazu geäußert. Wie gesagt, sie spricht weder über die Schwangerschaft noch über das Kind«, sagte Fanny leise.
»Das ist kein gutes Zeichen.«
»Das finden wir auch. Offenbar halten Sie uns für Unmenschen, aber wir sind genauso in Sorge wie Sie«, sagte Elisabeth.
»Dann frage ich mich, warum Sie nichts unternommen haben, um Yasmin zu helfen«, konterte Schorsch.
»Wir arbeiten eng mit einer Therapeutin zusammen, aber selbst ein Gespräch mit dieser Dame hat Yasmin verweigert. Wir hatten keinen Zugang zu ihr.«
»Was wird denn jetzt mit ihr geschehen?« fragte Fanny leise.
»Es ist wirklich das Beste für sie, wenn sie bis zur Entbindung hierbleibt.«
»In einer Privatklinik?« Elisabeth starrte den Arzt ziemlich entgeistert an. »Und wer soll das bezahlen?«
»Die Differenz wird die gesetzliche Krankenkasse übernehmen, über den Rest brauchen Sie sich keine Gedanken machen, das regeln wir intern.« Hans-Georg Leitner sprach mit solchem Nachdruck, daß Elisabeth keine Widerworte wagte.
»Wenn diese Möglichkeit besteht, habe ich nichts dagegen. Aber es dürfen für uns keine zusätzlichen Kosten entstehen«, erklärte sie nach einer Weile nachdrücklich.
»Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Yasmin Pecher ist hier in besten Händen.« Schorsch betrachtete das Gespräch als beendet und erhob sich.
»Kann ich Yasmin sehen?« beeilte Fanny sich noch zu fragen, doch er schüttelte bedauernd den Kopf.
»Ich weiß nicht, was auf dieser Party und danach im Heim vorgefallen ist. Deshalb möchte ich ihr bis zur Entbindung jede Aufregung ersparen. Es tut mir leid.«
Er blickte den beiden Damen nach, die schweigend den Gang hinabgingen. Dann seufzte er und schloß die Tür hinter sich. Er hatte die dunkle Ahnung, daß ihm Yasmin Pecher noch einige schlaflose Nächte bereiten würde.
Sein Gefühl sollte ihn nicht täuschen.
*
Die Tage vergingen, ohne daß sich Fee Nordens Zustand wesentlich besserte.
Mehr als einmal schlug Daniel ihr vor, sie in die Behnisch-Klinik zu bringen, doch jedes Mal erlebte er heftigen Widerstand. Doch jetzt schien Fees Kraft zu Ende zu gehen.
Das hohe Fieber verursachte Schüttelfrost, und an ihren Lippen hatten sich schmerzhafte Herpesbläschen gebildet. Sie konnte nicht mehr leugnen, daß sie sich schwerkrank fühlte.
»Lange kann ich das nicht mehr mit ansehen«,