Grace Unplugged. Melody Carlson

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Grace Unplugged - Melody  Carlson

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»Oh, danke! Das Angebot nehme ich gerne an.«

      Auch ihr Vater sah überrascht aus, doch in seinen Blick mischte sich auch Skepsis. »Wie kommt es, dass du plötzlich so brav bist, meine liebe Tochter? Kommt als Nächstes, dass du mich um Geld bittest?«

      Grace sah ihn ernst an. »Ich versuche, mich wie eine Erwachsene zu benehmen, und du machst dich über mich lustig?«

      Er hob die Hände. »Nein, nein, ich mache mich nicht lustig.« Er lächelte. »Im Gegenteil: Mir gefällt das.«

      Und bevor sie ihm zeigen konnte, wie frustriert sie war, ging er. Sobald ihre Eltern außer Sichtweite waren, befüllte Grace planlos die Spülmaschine, ohne das Geschirr vorzuspülen, wie es bei ihnen üblich war. Sie knallte die Sachen einfach in die Maschine, schüttete großzügig Geschirrspülmittel hinein und wählte das Programm für Töpfe und Pfannen. Dann wischte sie schnell Tisch und Anrichte ab. Als sie gerade fertig war, riefen ihre Eltern ihr noch einen Abschiedsgruß zu. Sie schaute aus dem Fenster und sah die beiden ins Auto steigen und wegfahren. Das lief ja wie am Schnürchen!

      Grace warf das Spültuch in die Spüle und rannte in ihr Zimmer, wo ihr Laptop schon auf einem Stapel Bücher stand, damit er genau auf der richtigen Höhe war. Alles war fertig für die Aufnahme. Sie sammelte sich, fuhr sich noch einmal durchs Haar und legte neuen Lipgloss auf. Im Wissen, dass sie gut aussah, griff sie nach ihrer Gitarre.

      Sie bekam Herzklopfen vor Aufregung, als sie sich die Gitarre umhängte – fast so, als würde sie gleich vor einem vollen Stadion spielen. Doch erst wollte sie sich aufwärmen. Sie spielte ein paar Akkorde und sang dazu vor sich hin. Als sie zuversichtlich war, bereit zu sein, klickte sie auf »Aufnahme«. Dann brachte sie sich auf dem grellpinken Post-it-Sticker in Position, den sie vorher auf ihren Teppich geklebt hatte, holte tief Luft und schmetterte ein Gitarren-und-Gesangs-Solo, das mit Sicherheit den Beginn ihrer Musikkarriere bilden würde.

      Nach mehreren Takes war Grace sicher, eine richtig gute Aufnahme dabeizuhaben. Trotzdem sah sie sich das Ganze noch viermal an, bis sie sich davon überzeugt hatte, dass es perfekt war – oder zumindest so perfekt, wie es in ihrem kleinen, provisorischen Aufnahmestudio werden konnte. Dann öffnete sie die Mail, die sie schon vorab sorgsam formuliert hatte, hängte das Video an und klickte auf »Senden«.

      Erleichtert sah sie auf ihrem Wecker, dass es erst Viertel vor neun war. Sie hatte noch Zeit. Jetzt hieß es abwarten. Wie lange es wohl dauern würde?

      Am Dienstagmorgen war Frank Mostin alles andere als motiviert, in sein Büro zurückzukommen. Weil er am Montag unterwegs gewesen war, hatte er sein Treffen mit Sapphire auf Dienstagnachmittag gelegt. Natürlich hatte er damit gerechnet, als Held dort aufzukreuzen – genüsslich hätte er die Geschichte erzählt und da und dort ausgeschmückt, wie er Johnny Trey für die Musikszene zurückgewinnen konnte. Der Plan war ihm letzte Woche so bombensicher vorgekommen – eine todsichere Sache –, dass er darauf bestanden hatte, das Treffen so bald wie möglich abzuhalten.

      Und Larry Reynolds hatte bereitwillig seine Pläne geändert, um Mossy entgegenzukommen. Jetzt wünschte Mossy, er könnte das unausweichliche Treffen noch für ein oder zwei oder zehn Tage aufschieben. Es war untertrieben, zu sagen, dass er sich kein bisschen auf das Treffen mit seinem Freund und Chef von Sapphire freute. Auf dem Weg im Aufzug zu seinem Büro, das nur ein paar Etagen unter den Räumen von Sapphire lag, machte er sich aber bewusst, dass Larry Reynolds sein Freund war, und das schon seit Jahren. Doch als sich die chromglänzenden Türen öffneten, fiel ihm sein altes Motto ein: Freunde sind Freunde, aber Business ist Business. Und das hier war Business. Er war in Sachen Johnny Trey gescheitert. Punkt.

      Er nickte der Dame am Empfang zu. Wie immer ließ er sich nichts anmerken. Niemand käme auf die Idee, dass seine Reise in den Süden nicht erfolgreich gewesen sein könnte. Zumindest nicht vor dem Treffen mit Sapphire um eins. Danach würde sich die Neuigkeit ziemlich schnell verbreiten. Bis er heute Abend nach Hause ginge, würde die gesamte Szene Bescheid wissen. Und wenn für Larry nicht Freundschaft mehr bedeutete als Geld – und Mossy bezweifelte das –, dann war der Name Frank Mostin bei Sapphire verbrannt. Und überall sonst auch.

      Er ging in sein Büro und schloss die Tür. Nächste Woche um diese Zeit würde er wahrscheinlich schon wieder von zu Hause aus arbeiten. Nicht, dass es ihm etwas ausmachte, von zu Hause aus zu arbeiten. Aber er wusste, dass seine Kunden ihn so weniger ernst nahmen, als wenn er ein Büro im Stadtzentrum hatte, wo alle Fäden zusammenliefen.

      Seufzend holte er seinen Laptop aus der Tasche. Vielleicht wurde er einfach zu alt für dieses Business? Musik war etwas für junge Leute, und er war fast sechzig. Vielleicht sollte er sich nach einer Alternative umsehen, Immobilien zum Beispiel. Er war der geborene Verkäufer. Doch der Immobilienmarkt steckte gerade in der Krise. So ähnlich wie sein Leben.

      Während sein Computer hochfuhr, hörte er seinen Anrufbeantworter ab, in der leisen Hoffnung, Johnny Trey könnte seine Meinung doch noch geändert und ihn angerufen haben. Was er natürlich nicht getan hatte. Und wenn doch, dann hätte er sicher die Handynummer auf der Visitenkarte benutzt, die Mossy ihm gegeben hatte. Sein Computer war jetzt so weit, und Mossy beschloss, schnell auch seine Mails zu checken, nur für den Fall. Eigentlich machte das seine Assistentin – so viel Mist, wie er jeden Tag geschickt bekam –, aber immer noch in der Hoffnung, Johnny könnte sich doch noch besonnen haben, ging er die Liste der neuen E-Mails durch.

      Der Name Trey fiel ihm sofort ins Auge, und mit zittriger Hand und voller Erwartung klickte er auf die Mail. Zu seiner Überraschung kam sie gar nicht von Johnny. Sondern von Johnnys hübscher blonder Tochter. Neugierig, warum das Mädchen ihm wohl geschrieben hatte, las er die Mail und war völlig perplex, als ihm klar wurde, dass sie die Chance bekommen wollte, den Hit ihres Vaters neu aufzunehmen.

      »Ist das denn die Möglichkeit?«, sagte er laut und griff nach seinen Kopfhörern. Aufgeregt öffnete er die Datei. »Ist es denn zu fassen?« Er fing an, breit zu grinsen, als er das Bild eines Mädchens sah, das allem Anschein nach großes Starpotenzial besaß. Aber als sie dann anfing, zu singen, und mit der Gitarre abrockte – und sie spielte sehr gut Gitarre –, begann er zu lachen. Es war ein freudiges Lachen. »Sie hat’s drauf«, sagte er zu sich selbst und nahm die Kopfhörer ab. »Das kleine Mädchen hat’s drauf!« Er las ihren Namen in der Mail. »Grace Trey.« Ungläubig schüttelte er den Kopf. »Grace, du bist meine Rettung.«

      Als Mossy später Larrys edles Büro betrat, war er absolut aufgekratzt. Nicht nur, dass Grace Trey wirkliches Starpotenzial hatte; sie war auch besser als ihr Vater. Er hatte vor, Larry gegenüber so zu tun, als sei das alles von Anfang an seine Idee gewesen. »Johnny Trey ist out«, verkündete er Larry und seinen Partnern. »In der nächsten Generation spielt die Musik. Darf ich euch Grace Trey vorstellen? Johnny Treys Tochter.« Und ohne weiteren Kommentar klickte Mossy auf »Play«. Obwohl das Mädchen den Song offenbar in ihrem Zimmer aufgenommen hatte, war der Sound nicht schlecht, und schon nach wenigen Augenblicken war auch den Sapphire-Leuten klar, dass sie gut war.

      »Und sie sieht auch noch gut aus«, bemerkte Larry.

      »Gute Arbeit, Mossy«, sagte einer der Partner.

      »Wann kannst du sie für eine Aufnahme-Session herholen?«, fragte Larry. »Je früher wir das Album herausbringen, desto besser für alle, wenn du verstehst, was ich meine.«

      »Lass uns erst kurz die Vertragsdetails durchgehen«, sagte Mossy. Er wusste, dass sie ihm aus der Hand fressen würden, also erklärte er klar und deutlich, was er für seine Klientin für wichtig hielt. Er war sogar ein bisschen unverschämt, aber er hatte keine Angst. Schließlich war das hier sein Job. Außerdem wollte er, dass sie sich wohlfühlte

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