Der Himmel. Randy Alcorn
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Der Versuch, jemandem eine körperlose Existenz in einem immateriellen Himmel schmackhaft zu machen, ist wie der Versuch, jemandem Appetit auf Kies zu machen. Es wird nicht klappen, egal wie aufrichtig wir es meinen und welch große Mühe wir uns geben. Und das ist gut so.
Der Wunsch, den Gott in uns hineingelegt hat, und deshalb auch das, was wir uns wünschen, wenn wir ehrlich sind, ist genau das, was er denen verspricht, die Jesus Christus nachfolgen: ein auferstandenes Leben in einem auferstandenen Körper mit dem auferstandenen Christus auf einer auferstandenen Erde. Unsere Wünsche entsprechen genau Gottes Plänen. Der Grund, weshalb wir es wollen, liegt darin, dass Gott es geplant hat. Wir werden noch sehen, dass es nicht unsere, sondern Gottes Idee ist, dass auferstandene Menschen in einem auferstandenen Universum leben.
Das Schweigen der Theologen über den Himmel
Johannes Calvin hat nie einen Kommentar über die Offenbarung geschrieben und sich nie eingehend mit dem ewigen Reich auseinander gesetzt. Obwohl er in seinem Werk Institutio Christianae Religionis dazu auffordert, über den Himmel nachzusinnen, scheint seine Theologie des Himmels auffallend schwach im Vergleich mit seiner Theologie von Gott, Christus, der Erlösung, der Heiligen Schrift und der Gemeinschaft der Christen. Im Licht der dringenden theologischen Fragen seiner Zeit ist das verständlich, doch in den Jahrhunderten nach Calvin haben erstaunlich wenige Theologen versucht, die Lücken zu füllen.
Louis Berkhofs Klassiker Systematic Theology widmet der Schöpfung achtunddreißig Seiten, der Taufe und dem Abendmahl vierzig Seiten und dem Zwischenzustand fünfzehn Seiten. Das Buch enthält jedoch nur zwei Seiten über die Hölle und nur eine einzige Seite über das ewige Reich. Wenn alles, was über den ewigen Himmel gesagt wird, sich auf Seite 737 eines 737 Seiten umfassenden Werkes über systematische Theologie beschränkt, erhebt sich die Frage: Hat die Bibel dazu wirklich so wenig zu sagen? Hat dieses Thema so wenig theologische Bedeutung? Meiner Meinung nach ist die biblische Antwort ein entschiedenes Nein!
In dem Buch The Eclipse of Heaven schreibt der Theologieprofessor A. J. Conyers: »Auch für einen nicht kirchlichen Menschen ohne theologische Überzeugungen müsste der Gedanke beunruhigend sein, dass diese Welt versucht, sich durch die wohl gefährlichsten Wasser der Geschichte hindurchzumanövrieren, und dabei beschlossen hat, das außer Acht zu lassen, was fast zwei Jahrtausende lang ihr fester Bezugspunkt – ihr Nordstern – war: die Gewissheit des Gerichts, die Sehnsucht nach dem Himmel, die Furcht vor der Hölle. Wenn heute Dinge von entscheidender Bedeutung erörtert werden, haben diese Themen keinen hohen Stellenwert. Früher war das einmal anders.«5
Conyers behauptet, dass bis vor kurzem die Lehre vom Himmel für die christliche Gemeinde von großer Bedeutung war.6 Der Glaube an den Himmel war nicht nur ein nettes, belangloses Gefühl, sondern eine grundlegende Überzeugung, aus der man Kraft zum Leben schöpfte.
Leider trifft das auch für zahllose Christen nicht mehr zu.
Von unseren Radarschirmen verschwunden
Stellen Sie sich vor, Sie sind Mitglied eines Teams der NASA, das sich auf eine fünf Jahre dauernde Reise zum Mars vorbereitet. Als die Rakete abhebt, stellt einer der mitreisenden Astronauten die Frage: »Was weißt du über den Mars?«
Stellen Sie sich vor, Sie zucken mit den Schultern und antworten: »Nichts. Ich denke, das werden wir schon herausfinden, wenn wir dort sind.« Das ist undenkbar, oder? Es ist unvorstellbar, dass zu Ihrer Ausbildung nicht auch eine gründliche Beschäftigung mit Ihrem Bestimmungsort und eine intensive Vorbereitung auf ihn gehört. Doch in den theologischen Fakultäten, Bibelschulen und Kirchen der Welt wird wenig über unseren letzten Bestimmungsort gelehrt.
Viele Christen, die regelmäßig zur Kirche gehen, können sich nicht erinnern, eine einzige Predigt über den Himmel gehört zu haben. Manche Pfarrer denken vielleicht, dass es nicht wichtig ist, den Himmel zur Sprache zu bringen, weil sie während ihres Studiums keine Pflichtveranstaltung zu diesem Thema hatten. In gleicher Weise nimmt die Gemeinde an, dass in der Bibel nicht viel über den Himmel steht, wenn ihr Pfarrer nie darüber predigt.
Der Himmel ist sozusagen von unseren Radarschirmen verschwunden. Wie können wir unser Herz auf den Himmel ausrichten, wenn wir nur eine ärmliche Theologie des Himmels haben? Warum sprechen wir so wenig über den Himmel? Und warum ist das Wenige, das wir zu sagen haben, so verschwommen, kraft- und saftlos?
Woher kommen unsere falschen Vorstellungen?
Ich glaube, es gibt eine Erklärung dafür, dass so viele Kinder Gottes eine solch verschwommene, negative und farblose Auffassung vom Himmel haben: Es ist das Werk Satans.
Jesus sagt vom Teufel: »Wenn er lügt, entspricht das seinem Wesen, denn er ist ein Lügner und der Vater der Lüge« (Johannes 8,44). In Offenbarung 13,6 lesen wir, das satanische Tier stieß »Lästerungen gegen Gott aus und verhöhnte seinen Namen und sein Zelt und alle, die im Himmel wohnen«. Unser Feind verhöhnt drei Dinge: Gott selbst, Gottes Volk und Gottes Wohnort – den Himmel.
Nach seiner Vertreibung aus dem Himmel (Jesaja 14,12-15) packte den Teufel ein Zorn, nicht nur auf Gott, sondern auch auf die Menschen und den Himmel selbst, den Ort, zu dem er nicht mehr gehörte. Der Satan muss uns nur davon überzeugen, dass der Himmel ein langweiliger, raum- und zeitloser Ort ist. Warum sollten wir anderen die »gute Botschaft« mitteilen, dass man die Ewigkeit an einem langweiligen, geisterhaften Ort verbringen kann, auf den nicht einmal wir uns freuen?
Der Satan hasst den neuen Himmel und die neue Erde. Er kann nicht verhindern, dass Christus ihn besiegt, aber er kann uns überreden, dass der Sieg von Christus nur ein Teilsieg war und dass Gott seinen ursprünglichen Plan für die Menschen und die Erde aufgegeben hat.
Da wir hier in einer dunklen Welt leben, müssen wir uns daran erinnern, was die Bibel über den Himmel sagt. Eines Tages wird die Blindheit, die uns von der wirklichen Welt trennt, von uns genommen werden. Dann werden wir die abstumpfende Verblendung erkennen, unter der wir gelebt haben und die dazu führte, dass uns der Himmel so fern und unwirklich schien. Mögen wir durch Gottes Gnade klarer denn je die befreiende Wahrheit über Christus, den König, und den Himmel, sein Reich, erkennen.
KAPITEL 2
Übersteigt der Himmel unsere Vorstellungskraft?
Wenn man sagt, dass man sich den Himmel »vorstellt«, so bedeutet das nicht, dass der Himmel etwas frei Erfundenes ist, etwas, das absichtlich unter Nichtbeachtung der harten Fakten des Alltagslebens ersonnen wurde. Sondern es handelt sich dabei um die Bestätigung der bedeutenden Rolle der gottgeschenkten Fähigkeit des Menschen, in seinem Inneren geistige Bilder von der göttlichen Realität zu erzeugen und sich in sie hineinzudenken – Bilder, die durch die Bibel und die spätere Tradition des Nachdenkens und Weiterentwickelns durch die Zeiten weitergegeben wurden. Wir sind fähig, uns in die geistigen Bilder, die wir schaffen, hineinzuversetzen und deshalb im Voraus die Freude darüber zu empfinden, dass wir einmal in die größere Wirklichkeit, der sie entsprechen, eintreten werden.
Alister McGrath
Als Marco Polo vom Hof des Kublai Khan nach Italien zurückkehrte, beschrieb er eine Welt, die seine Zuhörer nie gesehen hatten – eine Welt, die man ohne Vorstellungskraft nicht verstehen konnte. China war keineswegs ein Land, das nur in der Einbildung existierte, aber es unterschied sich erheblich von Italien. Die Bezugspunkte Italiens boten eine Grundlage für das Verständnis von China, und von diesem Ausgangspunkt aus konnte man sich die Unterschiede zusammenreimen.1