Gesammelte Werke von Stefan Zweig. Стефан Цвейг

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Gesammelte Werke von Stefan Zweig - Стефан Цвейг

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Wer ist es… warum haben sie ihn fortgestoßen vom Mahle… wer ist er… wie ein Felsen steht er schwarz… warum spricht er nicht… seine Blicke sind verschnürt… wie er die Hände hebt… wer ist er… nicht nahet ihm… wer mag es sein… ich will sehen…

      (EINIGE der Beherzten sind die Stufen emporgeklommen.)

      EINER (plötzlich aufschreiend):

       Zedekia!

      DIE MENGE (durcheinander):

       Der König… der Geblendete… Gottes Gericht… Zedekia…

      ZEDEKIA (unsicher):

       Wer ruft mich?…

      STIMMEN:

       Keiner ruft dich… Fluch ruft dich und Gottes Gericht… Wo sind die Ägypter… wo ist Zion…

      ANDERE STIMMEN:

       Schweiget!… Der Gesalbte ist er des Herrn… geblendet haben ihn unsere Feinde… Ehrfurcht dem Könige… ehret den Dulder…

      ANDERE STIMMEN:

       Nein, er soll nicht sitzen unter uns… wo sind meine Kinder… gib sie mir wieder… Fluch über den Mörder Israels… sein ist die Schuld… fort mit ihm… warum lebt er, da Bessere starben?

      ZEDEKIA (zu einem, der emporgestiegen ist und ihn leitet):

       Wer sind jene, die wider mich rufen? Ist es Israel, das mir feind ist?

      DER FÜHRENDE:

       Herr, Unglückliche sind es!

      STIMMEN:

       Nicht führe ihn her, gesondert sei unser Los von dem seinen!… abseits möge er sitzen… Gott hat ihn gestraft… Fluch liegt auf ihm…

      ZEDEKIA:

       Fort… führe mich fort… in den Tempel, daß er mich berge vor ihrem Hasse… ich will ihre Stimmen nicht hören… ihr Haß brennt auf meine Wunden… in den Tempel.

      DER FÜHRENDE:

       Herr, der Tempel ist nicht mehr.

      ZEDEKIA:

       Ist der Tempel gefallen… dann falle auch ich… wehe, wer tötet mich, den Blinden… geh… sage ihnen, rufe sie, die mich schmähen, daß sie ein Ende machen.

      DER ÄLTESTE:

       Weichet vom Könige! Ehrfurcht dem Gesalbten des Herrn! Was zerfleischet ihr einander, da der Feind uns würget?

      STIMMEN:

       Ein Fluchbringer ist er… er hat Gottes Haus stürzen lassen… er brach den Eid… nein, lasset ihn… man hat seine Söhne geschlagen… ein Blinder ist er… aber er soll nicht mehr König sein… nein… nein… was soll uns ein Blinder… eine Last ist er… nein, er soll nicht König sein… nein…

      ZEDEKIA (fast weinend in seiner Hilflosigkeit):

       Führ mich fort… meine Augen sind mir genommen… die Krone noch reißen sie mir ab… birg mich… verbirg mich vor ihnen.

      EINE FRAU: Hier ruhe aus… mein König, bette dich hin.

      (ZEDEKIA wird an der Treppe hingebettet, Neugierde drängt um ihn.)

      DER ÄLTESTE:

       Weichet vom Könige! Ehrfurcht dem Gesalbten des Herrn! Unser Führer ist er von Gott.

      STIMMEN:

       Nein… ein Blinder ist kein Führer… wie kann er König sein in Jerusalem, da Zion fiel… Knechte sind wir alle, wir brauchen keine Führer… oh, wir bedürfen eines Erretters… oh, daß Mose uns erstünde… ein Tröster wäre vonnöten, kein Bedrückter… ein Erleuchteter und kein Blinder… niemand kann uns helfen… rüstet zur Reise… sehet das Dämmern… wehe der Tag… oh, Auszug ins Fremde… wehe wir Vertriebenen… wehe uns Führerlosen…

      (EIN LAUTES KLINGENDES TÖNEN von ferne.)

      STIMMEN:

       Wehe, die Posaune… die Posaune… hört ihr sie tönen… nein, es ist die Posaune nicht… wie von Zimbeln klingt es und Pauken… Gesang, hört ihr Gesang… es jauchzen unsere Feinde… oh, Schmach… oh, Qual…

      (DAS LAUTE KLINGENDE TÖNEN kommt näher.)

      STIMMEN:

       Pauken und Zimbeln… sie rufen… sie jauchzen… sie kommen, uns fortzutreiben… Gesang schwillt her… wehe, wehe, wenn unsere Feinde jauchzen… ihren Sieg jubeln sie… verschließet die Ohren… weh, ihrer ist das Frohlocken und unser die Trauer… Schmach, es hören zu müssen… wohin flüchten vor ihrem Hohn… sie danken ihrem Gotte… wem sollen wir klagen?

      (DAS TÖNEN ist ganz nah, man hört einzelne Rufe und Zimbelschläge. Aus dem Dunkel sieht man eine Gruppe Menschen schreiten, die sich jubelnd um eine hohe Gestalt drängen.)

      EINER (aus der Menge):

       Sehet… sehet… der Unseren welche sind es, die nahen…

      STIMMEN:

       Es ist nicht wahr… wie könnten sie jauchzen… Fluch dem Sohn Israels, der frohlockte an diesem Tag… Trunkene müssen es sein… die Unsern sind es… ich erkenne sie… Wer ist es, den sie umschreiten… was geschieht hier… was jauchzen sie… was schlägt die Zimbel das rasende Weib…

      (DIE GRUPPE der Nahenden, mit Jeremias in der Mitte, ist aus der Tiefe ins fahle Morgenlicht getreten. Sie schreiten wie die Trunkenen einher im Taumel, einige ekstatisch, andere wieder ernst und feierlich.)

      STIMMEN DER NAHENDEN:

       Hosianna… Verkündigung… ewig währet Jerusalem… oh, selige Heimkehr, oh, ewige Wiederkehr!… Gesegnet der Tröster, gesegnet die Tröstung… Hosianna… ewig währet Jerusalem…

      STIMMEN DER MENGE (in wilder Erregung):

       Sie sind rasend… was ist geschehen… höret… höret! Hosianna rufen sie… was bringet er… was ist seine Botschaft… er rede auch zu uns… wer ist es… auch zu uns sprich, Verkünder… Oh, Tröstung, wer gibt uns Tröstung…

      EINER:

       Sehet, ist dies Jeremia nicht, den sie umschreiten?

      STIMMEN:

       Ja… nein… dunkel war jenes Gesicht… ein Leuchten ist aber um diesen… doch, sehet, er ist es… er ist es… wie ist er gewandelt… wehe der Flucher… wie kann Süßes kommen von dem Bittern… was folget er uns, der uns verfolgte…

      BARUCH:

       Höret die Tröstung, Brüder, lasset euch speisen mit dem Worte Gottes, mit dem Brote des Lebens!

      STIMMEN:

       Wie kann Tröstung kommen

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