Familie Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Ihr Herzschlag setzte momentan aus, denn es stimmte.
»Die Farben kann ich schon unterscheiden«, fuhr er fort, »sonst sehe ich noch alles etwas verschwommen, aber ich werde wieder richtig sehen können.«
Mary Ann schluchzte erleichtert auf.
»Du brauchst nicht zu weinen, du sollst dich freuen, mein Liebes«, sagte er zärtlich.
»Ich freue mich doch, und wie ich mich freue! Ich kann es nicht in Worten ausdrücken. Es kommt so plötzlich.«
»Nicht gar so plötzlich, ich wollte es nur noch nicht verraten, bevor ich nicht ganz sicher sein konnte, aber nun kann ich auch wieder aufstehen und gehen und weiß, daß du etwas Grünes anhast.«
Sie war froh, daß sie den grauen Blazer ausgezogen hatte und er deshalb die grüne Bluse deutlich sah. Sie sah ihn forschend an.
»Wie lange ist das denn schon so, daß du etwas erkennst?« fragte sie hintergründig.
»Ich konnte es doch selber nicht glauben, Mary Ann. Ich dachte, daß ich es mir nur einbilde, aber es wurde tatsächlich immer besser. Es ist unglaublich, was jetzt möglich ist.«
Er ging zwischen Mary Ann und Schwester Kathi zu seinem Krankenzimmer, und seine Schritte wurden sicherer.
»Das Gehen hast du anscheinend auch schon heimlich geübt«, stellte Mary Ann fest. »Aber mir wolltest du einreden, daß es besser für mich sei, ohne dich zurechtzukommen. Das finde ich gar nicht nett.«
»Du bist mir doch nicht ernsthaft böse?«
»Du hast es ja auch nicht ernst gemeint. Weiß der Himmel, was für Gedanken in deinem Kopf herumspukten. Ich bin sehr dankbar, daß du alles überstanden hast. Ich habe heute eine junge Frau kennengelernt, die solches Glück nicht hatte.«
Sie waren in seinem Krankenzimmer, er setzte sich in den bequemen Lehnstuhl und Mary Ann nahm neben ihm Platz, damit sie seine Hand halten konnte.
Schwester Kathi hatte sich entfernt.
»Was war mit der jungen Frau?« fragte Simon.
»Ihr Mann kommt nicht mehr zurück. Er war als Reporter in Palästina und wurde erschossen.«
»Ich habe das im Radio gehört, so was ist sehr schlimm, aber ich weiß jetzt, daß alles Schicksal ist.«
»Sie erwartet ein Baby. Ich habe sie in die Klinik gebracht, weil sie Schmerzen bekam. Ich möchte mal anrufen, wie es ihr geht, aber vorher will ich noch mal beim Konsulat anrufen, daß man sich endlich um Gassmanns Rückführung bemüht.«
Er wußte, wie energisch sie werden konnte. Das hörte er jetzt auch wieder.
»Das kann mir doch niemand erzählen, daß es so lange gedauert hat, bis Herr Gassmann identifiziert wurde. Seine Frau befindet sich in der Klinik. Sie erwartet ein Baby und wird wegen der Aufregungen eine Frühgeburt erleiden. Es ist traurig, daß ihr so wenig Unterstützung zuteil wird. – Ja, das will ich sehr hoffen. Meine Personalien habe ich schon angegeben. Ich hoffe auf baldige Nachricht.«
»Typisch Mary Ann, warum engagierst du dich so?«
»Weil sie mir leid tut. Das ist aber nicht alles, was mich beschäftigt. Ich habe einen Brief von Marit Söderholm bekommen, das ist meine Mutter, wie ich seit gestern weiß. Sie hieß früher mal Margret Wilkens, wie ich mich erinnere. Willst du ihn lesen?«
»Das kann ich leider noch nicht, mein Liebes. Lies ihn mir bitte vor.«
Sie tat es zögernd, aber sie wollte wissen, was er dazu sagen würde.
Er dachte natürlich ganz objektiv.
»Es wäre festzustellen, ob sie tatsächlich deine Mutter ist. Anscheinend hattest du doch keine Ahnung, daß sie Söderholm heißt und in Schweden lebt.«
»Warum sollte sie mir sonst einen solchen Brief schreiben?«
»Es könnte eine Angestellte oder Freundin deiner Mutter sein, die inzwischen vielleicht schon verstorben ist. Der Brief klingt eher geschäftsmäßig, nicht so, wie eine Mutter nach langer Trennung ihrer Tochter schreiben würde.«
»Sie hatte ja nie eine innere Beziehung zu mir.«
»Aber sie möchte eine Scheibe von dem saftigen Kuchen haben. Geh da mit Vorsicht heran, sonst hast du vielleicht eine Klette am Hals, die du nicht mehr los wirst.«
»Denkst du immer so negativ, Simon?«
»Nein, nicht immer, nur wenn mir etwas suspekt ist, aber du kannst mit deinem Geld machen, was du willst, denk aber bitte daran, daß ihr wirklich nur etwas am Geld liegt und nicht an ihrer Tochter, sonst hätte sie doch wenigstens gefragt, wie es dir in all den Jahren ergangen ist.«
Plötzlich kam Mary Ann der Gedanke, ob er denn etwas für sein Kind fühlen würde. Sie nahm das Foto, das von der Ultraschalluntersuchung gemacht worden war, aus ihrer Brieftasche und betrachtete es. Es war ihr Kind und Simon war der Vater.
»Was hast du, Liebes, habe ich dich gekränkt?« fragte er.
»Nein, irgendwie hast du schon recht. Ich möchte jetzt in der Klinik anrufen und mich erkundigen, wie es Frau Gassmann geht. Hoffentlich bekommt sie ein gesundes Baby, damit ihr wenigstens etwas von ihrem Mann bleibt.«
Sie wählte die Nummer der Klinik und nannte ihren Namen. »Dr. Leitner kennt mich, ich habe vorhin Frau Gassmann gebracht und möchte wissen, wie es ihr geht.«
Sie wartete, dann kam Dr. Leitner selbst an den Apparat. Sie lauschte atemlos, was er zu sagen hatte.
»Oh, danke, Herr Doktor, das ist eine gute Nachricht. Ich bin so froh. Sagen Sie Frau Gassmann, daß ich sie besuchen werde.«
Sie faltete unwillkürlich die Hände, als sie das Gespräch beendet hatte.
»Also eine gute Nachricht«, sagte Simon.
»Ja, es ist gutgegangen, sie hat einen Sohn, er ist ein paar Wochen zu früh, aber gesund. Sie hat die Geburt auch gut überstanden.«
»Aber er wird ohne Vater aufwachsen«, sagte Simon stockend. Mary Ann nahm all ihren Mut zusammen, aber eine innere Stimme sagte ihr, daß es der richtige Augenblick war.
»Das müßte unser Kind auch, wenn du mich jetzt fortschickst, weil du es nicht haben willst«, sagte sie.
»Was redest du für einen Unsinn?« entfuhr es ihm.
»Es ist kein Unsinn, wir werden in viereinhalb Monaten auch einen Sohn haben. Ich habe sogar ein Bild von ihm. Leider kannst du es noch nicht sehen. Ich war heute nämlich auch zur Ultraschalluntersuchung.«
»Sag das noch einmal! Ich kann es nicht glauben, daß du es mir verheimlicht hast«, sagte er heiser.
»Was hätte ich denn tun sollen? Du wolltest keine Kinder, aber ich wollte es behalten. Und als du vermißt warst, war es mein einziger Trost, daß es leben sollte. Ich wußte nicht, wie ich es dir sagen sollte. Es vergingen ja auch erst Wochen, bis ich überhaupt mit dir sprechen konnte, und ich wollte dich nicht