Karin Bucha Staffel 6 – Liebesroman. Karin Bucha

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Karin Bucha Staffel 6 – Liebesroman - Karin Bucha Karin Bucha Staffel

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      Irgendwie erinnert er sie sehr an ihren Vater. Schon das allein, diese Ähnlichkeit, die gerade bei dieser gedankenverlorenen Haltung zum Ausdruck kommt, erwärmt sie sehr für ihn.

      »Ich führe ein sehr zurückgezogenes Leben«, erzählt sie ohne jede Spur von Bitterkeit. »Ich gehe meinen eigenen Interessen nach, die mir sehr viel Freude bereiten.« Während sie so spricht, kommt ihr ein Gedanke, den sie sofort in die Tat umsetzt. »Darf ich Sie etwas fragen?«

      Erfreut hebt er die Augen. »Sie dürfen.«

      »Ich möchte Geld verdienen. Sie haben einen großen Betrieb hinter sich. Gibt es dort ein Plätzchen für mich? Meine Ansprüche sind sehr bescheiden, denn – denn sehr viel kann ich noch nicht.«

      »Was können Sie?« Ruhig und sachlich stellt er ihr die Frage, als ob er bereits eine Angestellte vor sich hätte. Und das ist ihr nur lieb.

      »Nun, Maschinenschreiben, Stenogramme aufnehmen.«

      »Das können Sie wirklich?« staunt er, und sie nickt eifrig. Zaghaft setzt sie noch hinzu:

      »Ich verstehe auch etwas von Büchern. Allerdings habe ich noch nicht praktisch gearbeitet.«

      »Das ist schon allerhand«, lobt er. »Sie werden bald von mir hören«, sagt er nach einer Weile des Nachdenkens. »Bei uns werden immer Arbeitskräfte benötigt. Weiß Ihr Vater darum?«

      »Nein!« erwidert sie rasch. »Aber ich weiß, er wäre nicht böse.«

      Heimlich wirft Cornelia einen Blick auf die Uhr an ihrem Handgelenk. Sie haben bei ihrer Unterhaltung nicht bemerkt, daß die Dämmerung längst hereingebrochen ist, daß ein kühles Lüftchen durch das geöffnete Fenster weht und die Zeit schon vorgeschritten ist.

      Er erhebt sich. »Ich glaube, ich muß gehen. Ihr Vater hat sich verspätet.« Er streckt ihr die Hand entgegen. »Guten Abend und vielen Dank, daß Sie mir so geduldig zugehört haben. Wenn ich darf, komme ich morgen abend wieder. Ich muß die Sache mit Ihrem Vater schnell erledigt haben.«

      *

      Rudolf Hermann hat sich mit aller Sorgfalt in der Baracke angekleidet, wie er das täglich tut, um vor Cornelia die Spuren seiner täglichen Arbeit zu verbergen und nicht den Heimweg, sondern den Weg ins Krankenhaus angetreten.

      Er ist sich jetzt völlig klar darüber, was er zu tun hat. Er wird das Geld, das als Notgroschen gedacht war, vielleicht sogar als Anfang für neue geschäftliche Unternehmungen, für die Gesundung seines Sohnes Lothar geben.

      Er läßt sich bei Doktor Rauher melden.

      »Herr Hermann«, begrüßt er ihn freundlich und weist auf die Sesselgruppe. »Nett, daß Sie mich wieder aufsuchen. Heute kann ich Ihnen auch die genauen Unkosten sagen, die eine Weiterbehandlung Ihres Sohnes betragen würden. Es sind ungefähr dreitausend Mark. Es handelt sich um eine Spezialbehandlung, aber Professor Steinert garantiert für völligen Gebrauch aller Glieder.«

      »Eben deshalb bin ich hier, Herr Doktor. Sie können meinen Sohn anmelden. Für die Kosten komme ich auf.« Er stockt und fragt dann schnell, als könnte ihn die Frage reuen. »Weiß – weiß meine Frau davon?«

      »Bis jetzt noch nicht«, gibt Doktor Rauher zurück, der sehr viel mehr über die Familienverhältnisse Hermanns weiß, als dieser ahnt. »Wenn Sie es wünschen, werde ich bis zur Abreise Ihres Sohnes nicht darüber sprechen.«

      »Es wäre mir lieb, danke. Und darf ich meinen Sohn zu Professor Steinert begleiten?«

      »Selbstverständlich, Herr Hermann.« Er sucht zwischen seinen Papieren auf dem Schreibtisch. »Wenn ich heute noch anrufe, kann morgen gegen elf Uhr der Transport vor sich gehen.«

      »Einverstanden. Sie werden mich pünktlich hier vorfinden.« Hermann erhebt sich. »Darf ich jetzt zu meinem Sohn? Ich möchte ihm die Notwendigkeit dieser Kur auseinandersetzen.«

      »Selbstverständlich, Herr Hermann«, sagt er wieder und geleitet Hermann höflich bis zur Tür.

      Behutsam wie stets öffnet Hermann die Tür zum Zimmer seines Sohnes. Er sitzt im Rollstuhl am Fenster, in Gedanken versunken, reglos.

      Er bemerkt erst seinen Vater, als dieser neben ihm steht und ihn leicht an der Schulter berührt.

      »Tag, mein Junge«, sagt er gemacht heiter und dieser antwortet leise und herzlich:

      »Tag, Vater, komm setz dich zu mir. Gerade habe ich an dich gedacht.«

      »An mich?« Hermann ist beunruhigt, und seine Blicke tasten das verhärmte Gesicht seines Sohnes ab. Was ist aus dem einst kraftstrotzenden, übermütigen jungen Mann geworden?

      »Ja, an dich, Vater«, wiederholt Lothar geduldig, so wie er die ganze Zeit als Patient war. Seine Duldsamkeit grenzt schon fast an Resignation. So klingt auch seine Stimme, hoffnungslos, von Trauer beschattet. »Nie werde ich arbeiten können wie du, Vater. Ich werde ein Krüppel bleiben.« Und dann bricht es förmlich aus ihm heraus, wie Hermann ihn noch nicht erlebt hat. Die Worte überstürzen sich förmlich. »Ja, ein Krüppel, Vater. Du ahnst ja nicht, wie ich mich mit diesen verdammten Krücken abgeplagt habe. Ich wollte es erzwingen, es geht nicht. Ich hatte mir in den langen Nachtstunden, die ich hier wachgelegen habe, geschworen, dir fortan eine Hilfe zu sein. Ich wollte dir auf deinen Bauten helfen und wenn ich als gewöhnlicher Arbeiter beginnen sollte. Das alles kann ich nicht, denn nie wieder werde ich gehen können. Ich werde mich durch das Leben schleppen – bis es zu Ende ist. Hoffentlich geht es einmal rasch zu Ende.«

      Vor Erschöpfung stehen Lothar die Schweißperlen auf der Stirn. Hermann holt sein Taschentuch hervor und tupft ihm die Stirn trocken. »Soso, Lothar, solche Gedanken hast du dir über dein weiteres Leben gemacht?«

      Das klingt heiter, und seine Bewegung ist sanft.

      »Ich freue mich sehr darüber, Lothar. Und du wirst auch alles das tun dürfen, was du dir vorgenommen hast.«

      Lothar reißt im ungläubigen Staunen die Augen auf. »Willst du mich verspotten, Vater? Du weißt doch selbst, was mit mir los ist.«

      Hermann legt seine Hand auf die zuckenden Finger seines Sohnes.

      »Ich weiß, daß du sehr viel Schmerzen durchlitten hast, daß du sie tapfer ertragen hast, daß du viel über dein vergangenes Leben nachdenkst. Ach, Junge, ich weiß soviel. Ich weiß aber auch, daß du wieder völlig gesund werden wirst, daß du wieder wie jeder andere Mensch laufen, sogar springen lernen wirst. Kein Daherhumpeln, sondern aufrecht und ohne Schmerzen –«

      »Vater!« Das klingt wie ein Aufschrei, und er scheint aus tiefstem Herzen zu kommen.

      »Ja, Lothar, ich belüge dich nicht, nicht aus Barmherzigkeit. Ich könnte dich jetzt gar nicht belügen, auch nicht aus Mitleid. Du wirst morgen gegen elf Uhr zu Professor Steinert gebracht, und ich selbst begleite dich. Dort wirst du eine Spezialbehandlung durchmachen, für deren vollen Erfolg man mir garantiert. Was sagst du nun?«

      In die blassen Wangen steigt die Röte der Erregung. »Vater, ist das wirklich und wahrhaftig so?«

      Prüfend ruht Lothars Blick auf den bekümmerten Zügen seines Vaters.

      Hermann kaut unschlüssig an der Unterlippe. Jetzt wäre der Zeitpunkt gekommen,

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