Dr. Norden Jubiläumsbox 7 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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»Es wird nicht mehr lange dauern, dann wird Ihr Leben wieder in normalen Bahnen verlaufen, der frühere Lebensabschnitt wird aber für immer abgeschlossen sein. Sie werden manches wiederfinden, was Sie verloren haben, werden heiraten und Kinder haben, wahrscheinlich drei.«
»Das klingt sehr gut, aber es wird nur eintreten, wenn Sie meine Frau werden, Anouk«, sagte er spontan.
Sie war sprachlos, und ihr Herz klopfte so laut, daß er es auch hören konnte. Seine schmalen Finger hatten ihre Hände umschlossen, so fest, daß sie ihm diese nicht entziehen konnte.
»Und was verraten Ihre Handlinien?« fragte er leise.
»Damit habe ich mich noch nicht befaßt.«
»Sie schwindeln, ich sehe es an Ihrer Nasenspitze«, sagte er lächelnd. Er erschien ihr plötzlich so gelöst, daß sie nur noch staunen konnte.
»Bitte, stoßen Sie mich nicht gleich zurück, Anouk. Sie machen mir viel Hoffnung, und ich habe gelernt, geduldig zu sein. Eines weiß ich nämlich ganz sicher, es hat nie eine Frau gegeben in meinem Leben, die mir soviel bedeutet hat wie Sie schon in dieser kurzen Zeit. Jetzt fühle ich auch, daß ich wiederfinde, was ich vermisse, aber manches will ich nicht mehr zurückholen in die Gegenwart.«
»Wir fahren aber fort mit der Therapie«, sagte Anouk betont. »Ich mag keine halben Sachen. Wir machen Fortschritte, aber Sie sind immer noch Lennart van Eicken.«
»Überrascht es Sie, wenn ich sage, daß ich das auch bleiben will? Es ist ein guter Name, und er wurde mir von einem guten Mann gegeben.«
»Aber man hat Ihnen viel genommen, was Sie sich zurückholen sollten, Lennart.«
Er sah sie bittend an. »Ich will nur Sie, Anouk, und eine Zukunft mit Ihnen.«
Sie hätte ihn am liebsten umarmt und geküßt, aber sie wußte, daß sie dann nicht mehr fähig sein würde, die Therapie durchzuführen. Eine innere Stimme sagte ihr aber, daß diese wichtig war, weil er letztlich die Vergangenheit nur bewältigen konnte, wenn er sie kannte.
»Was sagt Ihnen der Name Maleski?« fragte sie aus diesem Gefühl heraus.
»Maleski« – wiederholte er wie in Trance, »Marek Leski, Madagaskar – wie komme ich darauf?«
Anouk hielt den Atem an. Sollte, konnte das der Durchbruch sein?
»Madagaskar und ein Schiff nach Südafrika. Wie viele Leute waren an Bord? Dina, Fred, Lo?«
Er war jetzt ganz in sich versunken. »Das Boot«, murmelte er, »wieso war ich in dem Boot, wo waren die anderen?«
Anouk erschrak, als ihr bewußt wurde, welche hypnotische Wirkung sie auf ihn hatte, ohne sich darauf zu konzentrieren.
»Nadine Devaine, was sagt dir der Name, Lennart?« Bewußt sagte sie du, weil die Vertrautheit noch mehr Mauern niederreißen konnte.
»Nicht Nadine, Dina und Konrad.«
»Allwoerden«, sagte Anouk.
»Ich heiße Lennart van Eicken.« Es klang ganz wie ein Amen.
Anouk ließ ein paar Minuten verstreichen, dann fragte sie: »Hörst du mich, Lennart.«
»Ja, ich höre dich. Wo sind wir?«
»Wieder bei mir. Du warst in einem Boot. Was war das für ein Boot?«
»Ein Gummiboot.«
»Und du warst allein, niemand war bei dir.«
»Das Schiff war weit weg, und es war hell, die Sonne brannte, mir tat alles weh.« Er richtete sich plötzlich auf. »Was ist los mit mir? Ich kann mich plötzlich daran erinnern.«
»Das ist gut. Was war es für ein Schiff?« fragte Anouk.
»Eine Yacht, sie gehört Leski.«
»Nicht Maleski?«
»Ich kenne nur einen Leski, Marek Leski.«
»Was hast du auf Madagaskar gemacht?«
Lennart griff sich an die Stirn. »Es war etwas mit Cedric. Da ist wieder so eine Blockade, laß mir bitte Zeit.«
Anouk hatte das Gefühl, als ob ihm da etwas zu schaffen machte, was er nicht sagen wollte.
»Du hast soviel Zeit, wie du brauchst, Lennart.«
Er fing ihre Hand ein und zog sie an seine Lippen. »Danke für das Du, Anouk. Es bedeutet mir viel. Können wir heute etwas unternehmen?«
»Ich muß Malena besuchen. Ich mache mir Sorgen um sie, und das hat mit Maleski zu tun.«
»Du meinst, daß er Leski ist?«
»Das denke ich. Aber ich frage mich, welche Beziehung du zu ihm hast.«
»Ich habe ihn erst in Toamasina kennengelernt. Er hat Geschäfte mit Cedric gemacht, Onkel Cedric, es war wegen der Erbschaft«, sagte er stockend. »Ja, ich glaube, so war es. Leski war sein Partner. Wenn du Maleski kennst, müssen wir ihn fragen. Er kann dir bestimmt mehr sagen als ich.«
»Ich glaube nicht, daß er freiwillig etwas sagen wird, Lennart. Ich glaube eher, daß er dich umbringen wollte und auch denkt, daß du nicht mehr lebst.«
»Ich kenne ihn doch kaum. Es sollte keine große Schiffsreise werden. Ich wollte nicht unhöflich sein.«
»Ich glaube auch, daß du in deinem früheren Leben viel zu höflich und gutgläubig warst.«
»Hast du das in meinen Händen gelesen?« fragte er lächelnd.
»Und in deinen Augen«, erwiderte sie. »Du willst mich heiraten, obgleich du mich gar nicht kennst.«
»Ich kenne dich. Mein Herz hat gesprochen. Wenn mein Verstand nur auch so klar wäre.«
»Wir können nicht alles auf einmal erwarten, Lennart. Ich möchte dir jetzt etwas über Malena erzählen.«
»Ich kann dich ja zur Klinik fahren, und anschließend machen wir dann einen Ausflug.« Sie merkte, daß er sehr beharrlich sein konnte. Eigentlich hatte sie auch nichts dagegen, aber wenn Malena bei Bewußtsein war, wollte sie auch eine Zeit bei ihr bleiben. Das sagte sie ihm auch.
»Das ist in Ordnung«, meinte er, »ich habe dir schon gesagt, daß ich Geduld habe. Ich weiß auch noch nichts mit meiner Zeit anzufangen, und jede Minute, die ich mit dir verbringen kann, ist kostbar.«
Irgendwie war er rührend in seiner Konsequenz. Sie fragte sich, was Maleski mit ihm vorhatte, denn sie war überzeugt, daß dieser Marek Leski und Maleski eine Person waren. Was sie bisher über ihn wußte, verriet ihr, daß er ein skrupelloser Geschäftemacher war, ein Krimineller, den man nicht fassen konnte.